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MELDUNG/159: Seenotrettung im Mittelmeer muss weitergehen (EKD)


Evangelische Kirche in Deutschland - Pressemitteilung vom 01.10.2014

Seenotrettung im Mittelmeer muss weitergehen

Ein Jahr nach der Katastrophe von Lampedusa:
EKD fordert europäisches Gesamtkonzept für Flüchtlingsaufnahme



Ein Jahr nach der Katastrophe von Lampedusa hat der Vorsitzende der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirchenpräsident Dr. Volker Jung, an die 366 Kinder, Frauen und Männer erinnert, die am 3. Oktober starben, als ein Flüchtlingsboot vor der italienischen Insel Lampedusa sank. "Das Gedenken an die Toten verpflichtet uns, in der europäischen Flüchtlingspolitik grundlegend umzusteuern. Seenotrettung, gefahrenfreie Wege nach Europa und eine solidarische Aufnahme von Flüchtlingen müssen Priorität haben", betonte Jung und forderte ein europäisches Gesamtkonzept für die Flüchtlingsaufnahme.

Der Kammervorsitzende zeigte großen Respekt für die Operation "Mare nostrum" der italienischen Marine, mit der seit Oktober 2013 mehr als 90.000 Flüchtlinge aus Seenot gerettet wurden. "Das hat Italien für ganz Europa getan. Es ist höchste Zeit, dass die EU die Kosten für ?Mare nostrum? übernimmt und die Operation in vollem Umfang fortsetzt, bis eine zivile europäische Seenotrettung aufgebaut ist", sagte Jung. Er kritisierte aktuelle Pläne, "Mare nostrum" durch eine kleinere Operation namens "Triton" zu ersetzen, die Flüchtlinge wieder primär abwehren und zurückweisen soll. "Das ist die verkehrte Richtung und der falsche Geist", so Jung.

Jung erinnerte daran, dass trotz der Rettungsaktion "Mare nostrum" seit der Tragödie von Lampedusa mindestens 3.000 weitere Menschen im Mittelmeer umgekommen seien. Als zweite Säule einer europäischen Aufnahmepolitik sei die Schaffung gefahrenfreier und unbürokratischer Wege für Flüchtlinge nach Europa deshalb unerlässlich. Als notwendige Sofortmaßnahme nannte der Kirchenpräsident die Aussetzung der Visumspflicht für syrische und irakische Flüchtlinge und eine Evakuierung von Flüchtlingen aus Libyen. Er appellierte an die anderen EU-Mitgliedstaaten, dem Beispiel Deutschlands zu folgen und syrische Flüchtlinge im Wege eines humanitären Aufnahmeprogramms in Sicherheit zu bringen. Darüber hinaus müsse Europa ein großzügiges Resettlement-Programm zur Neuansiedlung von Flüchtlingen umsetzen. "Angesichts der aktuellen Flüchtlingskrisen müssen wir mit einer steigenden Zahl an Flüchtlingen in Europa rechnen und mehr Verantwortung für ihren Schutz und ihre Integration übernehmen", sagte der Kammervorsitzende.

Zum grundsätzlichen Umdenken in der Flüchtlingspolitik gehöre nicht zuletzt, die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas neu zu regeln und dabei die Interessen der Schutzsuchenden in den Mittelpunkt zu stellen. "Flüchtlinge suchen nach familiären, sprachlichen und kulturellen Anknüpfungspunkten. Das ist nur allzu verständlich und beschleunigt im Übrigen ihre Integration", betonte Jung. Schließlich machte der Kirchenpräsident auf die schwierige Situation der Flüchtlinge aufmerksam, die in einem Mitgliedstaat einen Schutz- und Aufenthaltsstatus erhalten haben und trotzdem innerhalb der EU nicht weiterreisen dürfen. Diese sollten sich so frei bewegen dürfen, wie andere EU-Bürger auch.

Jung begrüßte die anlässlich des Jahrestages veröffentlichte Erklärung "One year after the tragedy off Lampedusa" der Kommission der Kirchen für Migranten in Europa (CCME), in der ebenfalls ein grundsätzliches Umdenken in der europäischen Flüchtlingspolitik angemahnt wird.

"Nach Lampedusa und angesichts der höchsten Flüchtlingszahlen seit dem Zweiten Weltkrieg müssen wir den Geist der Abwehr hinter uns lassen und unsere gemeinsame europäische Verantwortung für den Flüchtlingsschutz endlich wahrnehmen", so der Kirchenpräsident weiter.

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Quelle:
Pressemitteilung 185/2014 vom 01.10.2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2014