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MELDUNG/142: Zum Lutherjahr 2017 wird die Bibel sprachlich aktualisiert (idw)


Universität Rostock - 16.10.2013

Zum Lutherjahr 2017 wird die Bibel sprachlich aktualisiert - ohne Luthers Wortgewalt anzutasten

von Wolfgang Thiel



Luthers Bibelübersetzung steht auf dem Prüfstand. Sie wird sprachlich aktualisiert. Der Rostocker Theologie-Professor Martin Rösel und Literatur-Professor Albrecht Buschmann (beide Universität Rostock) sind maßgeblich an diesem großen Projekt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beteiligt. Ein Übersetzer-Workshop in Rostock vom 17. bis 19. Oktober soll gezielt helfen, die Kompetenzen der Übersetzer (selbst-)kritisch zu verbessern. Prominentester Teilnehmer der Tagung wird der Vorsitzende des Rates der EKD, Dr. Nikolaus Schneider, sein. Als Dozenten konnten mit Rosemarie Tietze, Thomas Brovot und Andreas Tretner drei mehrfach preisgekrönte Profi-Übersetzer gewonnen werden, die seit Jahren als literarische Übersetzer wie als Dozenten für literarisches Übersetzen tätig sind.

Der Workshop knüpft an die praxisorientierten Forschungen der Arbeitsgruppe Übersetzen der Profillinie Wissen - Kultur - Transformation an, bei denen sich Wissenschaftler der Universität Rostock interdisziplinär mit Fragestellungen an der Schnittstelle zwischen Theologie und Philologie beschäftigen. Gemeinsam mit hauptberuflichen Übersetzern analysieren und diskutieren sie u. a. Luthers Stil. Dabei geht es einerseits um die Frage, wie Luther es erreichte, "klar und gewaltiglich" zu übersetzen, andererseits darum, wie man seine Übersetzungsverfahren reproduzieren und an heutiges Sprachempfinden anpassen kann.

"Wer die Luther-Bibel übersetzt, revidiert oder durchsieht, steht nicht nur vor einer theologischen Herausforderung, sondern auch als Sprachpfleger unter besonderer Beobachtung", weiß Prof. Buschmann. Immerhin beschäftigen er und Prof. Rösel sich mit einem, "wenn nicht mit dem Schlüsseltext der deutschen Sprache". Über 50 Experten sind insgesamt daran beteiligt, das letztmalig 1984 sprachlich überarbeitete "Buch der Bücher" auf neuesten Stand zu bringen.

Einzelne Teile der Bibel sind an Arbeitsgruppen verteilt worden, die alles heute verfügbare Wissen über den Text zusammentragen. "Und da hat sich seit 1984 eben auch Neues ergeben", unterstreicht Rösel. Zunächst werde geprüft, "ob aus philologischer oder theologischer Sicht neue Formulierungen nötig sind". Da es sich um eine Durchsicht und nicht um eine Neuübersetzung handelt, geht es aber immer darum, Luther nicht zu verfälschen: also sein "klar und gewaltiglich" im Ohr zu behalten, betonen der Theologe Rösel wie der Literaturwissenschaftler Buschmann. Gerade bei bekannten Textstellen (etwa die Weihnachtsgeschichte) oder liturgisch eingeführten Wortfolgen (z.B. in Gottesdiensten häufig benutzte Textstellen) wird aber auch gesagt: Luthers Übersetzung ist zwar nicht ganz korrekt (z.B. weil er einen aus heutiger Sicht weniger vertrauenswürdigen griechischen oder hebräischen Text vorliegen hatte) - aber eine Änderung wäre für die Gemeinde nur schwer zu akzeptieren. In solchen Fällen wird es Fußnoten geben, die die Sachlage erklären.

Aus übersetzerischer Perspektive gesehen würde man heute sicher mehr ändern. Aber: "Viele Bibelstellen sind den Menschen ja vertraut und persönlich wichtig. Da muss jede Änderung, auch wenn sie eigentlich philologisch sinnvoll oder theologisch zwingend scheint, sorgfältig bedacht werden", gibt Rösel zu bedenken. Übersetzen ist hier ein Jonglieren mit vielen Bällen. Hinzu kommt, dass Luthers Sprache das Deutsche entscheidend mit geprägt hat und viele seiner Bibel-Formulierungen nun einmal den Maßstab dafür bilden, wie kraftvolles Deutsch klingt. Auch deshalb verbietet es sich immer wieder, seine Formulierungen zu verändern. Eines aber steht fest: bis zum Lutherjahr 2017 muss die neue Luther-Bibel fertig gedruckt vorliegen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution210

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Rostock, Ingrid Rieck, 16.10.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Oktober 2013