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LATEINAMERIKA/069: Ecuador - Bischof aus Protest gegen Vatikan im Hungerstreik (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Juni 2011

Ecuador: Bischof aus Protest gegen Vatikan im Hungerstreik

Von Gonzalo Ortiz


Quito, 10. Juni. (IPS) - In Ecuador verweigert der katholische Bischof Gonzalo López Marañón seit dem 24. Mai jegliche Nahrung. Mit seiner Protestaktion in einem Park der ecuadorianischen Hauptstadt Quito will der hohe Geistliche das Ende eines Konflikts zwischen zwei Glaubensgemeinschaften in der Amazonasprovinz Sucumbíos herbeiführen. Der Vatikan hatte die Diözese einem ultrakonservativen Orden unterstellt.

Der 77-Jährige, der in zwei Wochen acht Kilo Gewicht verloren hat, ist in einen Poncho und einen Wollschal gehüllt und trägt trotz des sonnigen Wetters Handschuhe. Zahlreiche Vertreter von Pfarreien in Quito und anderen Teilen des südamerikanischen Landes suchten López in seinem Zelt auf, um mit ihm über seine Aktion zu diskutieren. Auch Ecuadors Staatspräsident Rafael Corea ließ sich dort bereits zwei Mal blicken.

In Sucumbíos im Nordosten des südamerikanischen Landes sind zwei gegensätzliche katholische Ordensgemeinschaften miteinander in Konflikt geraten. Die Unbeschuhten Karmeliten, zu denen auch López gehört, setzen sich für die Armen, eine bessere Gesundheitsversorgung und mehr Bildung ein. Auf der anderen Seite stehen die erzkonservativen 'Herolde des Evangeliums'.

Als López im vergangenen Oktober sein Amt nach 40 Jahren aufgab, entzog der Vatikan den Karmeliten nach 80 Jahren die Urwald-Diözese und übergab sie den Herolden des Evangeliums. Als Mitglieder der Vereinigung in Sucumbíos ankamen, begegneten sie deutlichem Widerstand.


Zusammenstöße provoziert

Der vom Vatikan nach López' Ausscheiden als Vikar eingesetzte Geistliche Rafael Ibarguren erhielt die Order, den sozialen Fokus der Gemeindearbeit aufzugeben. Die Einwohner wurden auch durch die mittelalterlich anmutende Kleidung der 'Herolde' abgeschreckt, die ein rotes Kreuz auf ihren Gewändern tragen. Sie provozierten bald Zusammenstöße zwischen wohlhabenden Sympathisanten und der armen Bevölkerung.

Auf Anordnung des Vatikans mussten die verbliebenden Karmeliten schließlich Anfang Mai Sucumbíos verlassen. Ihnen wurde vorgeworfen, die Einwohner zum Aufruhr gegen die Herolde anzustacheln. Die erzkonservative Gruppe wurde wenige Wochen später allerdings von der Regierung ausgewiesen.

Die sozialen und politischen Verhältnisse in der Provinz, die im äußersten Nordosten Ecuadors an der Grenze zum Bürgerkriegsland Kolumbien liegt, gelten als äußerst schwierig. Als März 2008 ein Kommandant der kolumbianischen FARC-Guerilla in einem grenzüberschreitenden Gefecht im Dschungel getötet wurde, gerieten beide Länder in eine diplomatische Krise. In der Provinz hatte zudem der US-Erdölmulti Chevron eine der weltweit folgenreichsten Umweltkatastrophen verursacht.

López war während seiner langen Tätigkeit als Bischof direkter Zeuge der Veränderungen. "Die Provinz hat sich von einem Dschungelgebiet mit isoliert lebenden indigenen Gemeinden zu einem Magnet für Ölsucher entwickelt", erklärte er. 1972, zwei Jahre nach seiner Einsetzung als Bischof in Sucumbíos, begannen die Exporte des 'schwarzen Goldes'.

Inzwischen gibt es in der entlegenen Gegend Flughäfen und befestigte Straßen. Die Neuerungen haben allerdings nicht allen Einwohnern die gleichen Vorteile gebracht. Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte immer weiter geöffnet. Darüber hinaus dringt aus einer alten Erdölförderstätte bis heute Öl ins Erdreich und verseucht die umliegenden Gebiete.

Aufgrund der grenznahen Lage von Sucumbíos sind die Behörden dort ständig Ölschmugglern, Waffenhändlern und Drogenkurieren auf der Spur. In der Provinz, in der Tausende Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Nachbarland Unterschlupf suchen, herrscht eine hohe Militärpräsenz.


Hungerstreikender will nicht aufgeben

López will seinen Hungerstreik so lange fortsetzen, bis es Anzeichen für eine Versöhnung zwischen den beiden Religionsgruppen gibt. Wie seine Sprecherin María de los Angeles Vaca gegenüber IPS erklärte, ist sein Zustand gut. Die ecuadorianische Bischofskonferenz, deren Vorsitzender das Opus-Dei-Mitglied Antonio Arregui ist, hat sich bislang noch nicht zu der Protestaktion geäußert. (Ende/IPS/ck/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2011