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DILJA/180: Mit oder gegen Obama um das Leben Mumia Abu-Jamals kämpfen (SB)


Barack Obama verspricht nach seinem Wahlsieg einen "Wandel"

Am Beispiel des zum Tode verurteilten Mumia Abu-Jamal könnte der Demokrat sein Wahlversprechen einlösen


Nachdem Barack Obama, der Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei, die Wahl zum angeblich wichtigsten Regierungsamt der Welt gewonnen hat, verkündete er, daß der "Wandel" nun auch Amerika erreicht habe. Welcher Wandel? wäre zurückzufragen, um Mißdeutungen und Fehlspekulationen vorzubeugen, besagt doch dieser Begriff zunächst nicht mehr als eine, womöglich den vermeintlichen Gesetzen des Notwendigen geschuldete Veränderung. Vorstellbar wäre unter einem solchen Wandel, die US-Kriegs- und -Interventionspolitik oder auch den rigiden Kampf gegen die Armen im eigenen Land, die in den zurückliegenden Jahren der Bush-Administration noch ärmer wurden, der letzten Störmanöver zu entledigen, die beispielsweise die US-Verfassung oder internationale Verträge und Verpflichtungen noch mit sich bringen.

Um die Probe aufs Exempel zu machen und an einem konkreten Beispiel die Ernsthaftigkeit der eigenen guten Absichten zu untermauern, stünde es dem neuen US-Präsidenten, der der erste Amtsträger nicht-weißer Hautfarbe sein wird, gut zu Gesicht, sich um der Wahrung der amerikanischen Verfassungsgrundsätze willen für eine Neuverhandlung im Fall Mumia Abu-Jamal einzusetzen. Nun mag es zu den Gepflogenheiten des Weißen Hauses und seines jeweiligen Bewohners gehören, sich in die Belange der unabhängigen Justiz nicht einzumischen, doch wenn, wie Obama behauptet, eine Zeit des Wandels über die Nation hereingebrochen wäre, könnte er doch auch gleich in diesem Punkt eine Veränderung vollziehen. Als designierter US-Präsident könnte er selbstverständlich nicht der Entscheidung des höchsten Gerichtshofes, des US Supreme Courts, vorgreifen. Gleichwohl sollte es doch mit der hohen Würde seines Amtes vereinbar sein, in allgemein gehaltenen Sätzen den Verfassungsgrundsätzen klar den Vorzug zu geben.

Bekanntlich hatte sich in diesem Fall sogar ein Bundesrichter in einem von ihm eigens veröffentlichten Minderheitenvotum für die Gewährung eines neuen Verfahrens ausgesprochen, weil durch die rassistische Geschworenenauswahl in dem gegen Mumia Abu-Jamal 1982 geführten Prozeß dessen in der Verfassung verankerte Rechte mißachtet wurden. Für Abu-Jamal geht es inzwischen um Leben und Tod und keineswegs um die rechtlich interessante Frage, wie denn nun die Prozeßführung von 1982 unter verfassungsrechtlichen Aspekten zu bewerten sei. Die Bezirkstaatsanwaltschaft von Philadelphia wird am 19. November vor dem Supreme Court Berufung gegen eine Entscheidung des Bundesberufungsgerichts einlegen, durch die die gegen Abu-Jamal verhängte Todesstrafe ausgesetzt wurde. Die Verteidigung wird spätestens am 19. Dezember abermals ein neues Verfahren beantragen. Wird dem ersten Antrag stattgegeben, der zweite jedoch abgelehnt, könnte, wie Abu-Jamals Hauptanwalt Robert R. Bryan in einem heute in der jungen Welt veröffentlichten Interview erklärte, Mumia Abu-Jamal innerhalb eines Jahres hingerichtet werden.

Barack Obama könnte den Vertrauensvorschuß, der ihm insbesondere auch unter afroamerikanischen Wählern gewährt wurde, wohl kaum überzeugender rechtfertigen als durch ein offenes Eintreten nicht etwa für die Freilassung Mumia Abu-Jamals, sondern lediglich dafür, ihm und seinen Verteidigern in einem neuen Verfahren die Chance einzuräumen, alle Beweise und Gegenbeweise, von denen sie glauben, die Unschuld des 1982 zum Tode verurteilten Journalisten beweisen zu können, vorzubringen. Sollte Barack Obama aus welchen Gründen auch immer darauf verzichten, sich in dieser oder ähnlicher Weise zu äußern, würde dies selbstverständlich den Verdacht nähren, daß es sich bei dem von ihm propagierten "Wandel" um nichts anderes als einen Etikettenschwindel handelt.

5. November 2008



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