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ZIVILRECHT/296: Was ist eigentlich Sportrecht? (spektrum - Uni Bayreuth)


spektrum 2/07 - Universität Bayreuth

Was ist eigentlich Sportrecht?

Von Peter W. Heermann


Diese Frage ist dem Verfasser schon oft gestellt worden. Die Antwort hierauf variiert je nach dem Kontext, in dem das Sportrecht betrachtet wird. Nachfolgend erfolgt eine Problemannäherung aus der Perspektive des Rechts, der sportökonomischen Ausbildung, des involvierten Lehrstuhls und schließlich des Lehrstuhlinhabers.


Sportrecht im Allgemeinen

Das Sportrecht ruht auf zwei Säulen. Zunächst umfasst es das gesamte staatliche Recht einschließlich seiner europarechtlichen Bezüge, sofern hiervon der Sport betroffen ist. Heutzutage sind praktisch alle Teile des Rechts auch auf Erscheinungen des Sports anzuwenden. Exemplarisch seien aus dem öffentlichen Recht etwa das Sportförderungsrecht, das Baurecht, das Sozialrecht, das Nachbarrecht oder das (Vereins-)Steuerrecht und aus dem Europarecht die Grundfreiheiten genannt. Im Zivilrecht weisen das Vereins-, Vertrags- und Schadensrecht, aber auch weite Bereiche des Wirtschaftsrechts Berührungspunkte zum Sport auf. Von strafrechtlich relevanten Sachverhalten bleibt auch der Sport nicht verschont, wie zuletzt die Beispiele der Schiedsrichtermanipulation oder des Dopings gezeigt haben.

Daneben umfasst das Sportrecht das von den Sportverbänden auf der Basis der verfassungsrechtlich geschützten Verbandsautonomie gesetzte Recht. Dieses regelt in Satzungen, Regelwerken, Durchführungsbestimmungen etc. der Sportverbände und -vereine einerseits die Rechte und Pflichten der Mitglieder und der sonstigen der Verbandsgewalt Unterworfenen und andererseits die Durchsetzung der Pflichten durch Verbandsorgane und überhaupt die (verbandsmäßige) Sportausübung.


Sportrecht im Rahmen der sportökonomischen Ausbildung

Seit den 1980er Jahren bildet das (Sport-)Recht eine der drei Säulen des Studiengangs Sportökonomie an der Universität Bayreuth. Parallel zur zunehmenden Kommerzialisierung des Sports haben auch die damit einhergehenden rechtlichen Probleme an Bedeutung gewonnen. Im Rahmen der sportökonomischen Ausbildung besteht das Ziel darin, den Studenten Grundkenntnisse im Bürgerlichen Recht sowie im Handels- und Gesellschaftsrecht zu vermitteln. Darauf aufbauend werden in einer weiteren Vorlesung, anknüpfend an die späteren Praxisbedürfnisse, sportrechtliche Fragestellungen mit primär wirtschaftsrechtlichen Bezügen vertieft. Hierdurch sollen die Bayreuther Absolventen der Sportökonomie für (sport-)rechtliche Problemstellungen in ihrem späteren Tätigkeitsfeld sensibilisiert werden, um erforderlichenfalls möglichst frühzeitig geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Dies wird letztlich zumeist effektiver sein als die mitunter kostspielige Lösung bereits aufgetretener juristischer Probleme.


Forschung zum Sportrecht am Lehrstuhl Zivilrecht VI

Die rechtswissenschaftliche Ausbildung an der Universität Bayreuth ist stark wirtschaftsrechtlich orientiert, dies gilt auch für die Forschungsaktivitäten des Lehrstuhls Zivilrecht VI, soweit sie das Sportrecht betreffen. Exemplarisch seien rechtliche Problemstellungen der vergangenen zwei Jahre aufgelistet, die den Gegenstand wissenschaftlicher Analysen und Auseinandersetzungen gebildet haben:

o Besondere Bedeutung hat hierbei die Abgrenzung der Verbandsregelungen rein sportlichen Charakters von staatlichem Recht, die etwa in folgenden Fällen eine zentrale Rolle spielt(e): Untersagung der von der Fußballnationalmannschaft Kameruns verwendeten sog. Einteiler (am Bund zusammengenähte Fußballhosen und -trikots), die - entworfen von einem mittelfränkischen Sportartikelhersteller, den man an einer springenden Raubkatze erkennt - durch den Weltfußballverband FIFA untersagt worden waren; Untersagung der Verwendung der für einen anderen mittelfränkischen Sportartikelhersteller typischen "3 Streifen" auf der Sportkleidung von Olympioniken anlässlich der Winterspiele in Turin 2006 (und der Sommerspiele in Peking 2008) und von professionellen Tennisspielern (bis zum Herbst 2006).

o Die Forschungsaktivitäten erstreckten sich auch auf Haftungsfragen im Zusammenhang mit der Hoyzer-Affäre, auf das Verbot von Mehrheitsbeteiligungen an deutschen Fußballkapitalgesellschaften sowie auf die zentrale Vermarktung der TV-, Hörfunk- und Internetrechte an Sportveranstaltungen durch Sportverbände.

o Einen Schwerpunkt bildet(e) - nicht nur im Vorfeld der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006 - die Problematik des sog. Ambush Marketing. Hierbei handelt es sich um eine in irreführender (weil eine rechtliche Vorverurteilung vornehmender) Weise als "Trittbrettfahrerei" bezeichnete Werbemethode. Typischerweise lehnen sich Unternehmen, die nicht zum Kreis der offiziellen Sponsoren und Förderer zählen, in ihrer Werbung an den guten Ruf etwa eines renommierten Sportereignisses an (z.B. durch den Verkauf von "WM-Brötchen" oder die Verwendung der Bezeichnungen "Fußball WM 2006" oder "WM 2006"). Die ebenso komplizierte wie spannende Rechtsfrage lautet, inwieweit dieser Werbemethode rechtliche Grenzen gezogen sind.

o Sponsoringverträge spielen im Sport und damit auch im Rahmen der Forschungsaktivitäten des Lehrstuhls eine wichtige Rolle. Wie wirkt sich etwa das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum staatlichen Sportwettenmonopol vom 28.3.2006 (Az. 1 BvR 1054/01) auf Sponsoringverträge mit privaten (z.B. bwin) und staatlichen Wettanbietern (z.B. ODDSET) aus? Hat der DFB im August 2006 vorzeitig den Ausrüstungsvertrag mit seinem langjährigen mittelfränkischen Partner verlängert, nachdem den Nationalspielern erstmalig die Möglichkeit eingeräumt worden war, bei Länderspielen - anstelle der jahrzehntelang verwendeten Fußballschuhe mit den typischen "3 Streifen" - Schuhwerk anderer Sportartikelhersteller zu tragen? Oder konnte der DFB in der Folge das Ende Oktober 2006 an ihn herangetragene und wirtschaftlich angeblich deutlich attraktivere Angebot eines amerikanischen Sportartikelherstellers noch annehmen?

o Zugleich wirft auch die Verwertung der Persönlichkeitsrechte der Sportler durch deren Arbeitgeber im Ligasport oder durch Sportverbände bei Nationalspielern und Individualsportlern noch zahlreiche rechtliche Zweifelsfragen auf, die einer wissenschaftlichen Aufbereitung harren.

o Schließlich verwischen zunehmend die Grenzen zwischen sportrechtlichen Fragestellungen und sportpolitischen Forderungen. Derzeit wird der "Independent European Sport Review 2006" (sog. Arnaut-Report) diskutiert, um mittel- oder langfristig auf europäischer Ebene einen rechtlichen Sonderstatus des Sports herbeizuführen. Im Dezember 2006 ist ein u.a. von deutschen Sportverbänden (DFB, DFL, DOSB) in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten "Leistungsschutzrechte für Sportveranstalter?" veröffentlicht worden, um den nationalen Gesetzgeber von der Notwendigkeit einer gesetzlichen Sonderbehandlung zugunsten der Sportveranstalter zu überzeugen. Auch diese Prozesse wird der Lehrstuhl Zivilrecht VI im Rahmen seiner Forschungsaktivitäten begleiten.

Zu den genannten Rechtsproblemen und zu weiteren sportrechtlichen Fragenstellungen, die in den letzten Jahren am Lehrstuhl in Fachpublikationen, Promotionen, Diplom- und Seminararbeiten vertieft worden sind, finden sich weiterführende Informationen auf der Homepage des Lehrstuhls (www.uni-bayreuth.de/departments/rw/lehrstuehle/zr6/) oder auf dem von diesem betriebenen Internet-Sportrechtsportal (www.sportrecht.org).


Und was ist nun Sportrecht?

Selbst wenn man sich - wie der Verfasser - im Rahmen der Forschung auf die wirtschaftsrechtlichen Aspekte des Sports beschränkt, so stellt sich das Sportrecht als eine ebenso facettenreiche wie auch aktuelle und lebendige Rechtsmaterie dar. Regelmäßig stellen sich neue rechtliche Herausforderungen. Dies belegt bereits ein Blick in den Sportteil der Tageszeitung, dessen Lektüre für Sportrechtler nicht länger nur der persönlichen Sportbegeisterung geschuldet ist.


Prof. Dr. Peter W. Heermann, LL.M (Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Rechtsvergleichung und Sportrecht an der Universität Bayreuth)


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Quelle:
spektrum 2/07, Seite 22
Herausgeber: Der Präsident der Universität Bayreuth
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"spektrum" erscheint dreimal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2007