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VERKEHR/437: Keine Kollektivstrafe für gesamten Fuhrpark bei Verkehrsverstoß nur eines Fahrzeugs (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Pressedienst der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht - Berlin, 8. Oktober 2012

Ressort: Justiz/Verkehr

Keine Kollektivstrafe für gesamten Fuhrpark bei Verkehrsverstoß nur eines Fahrzeugs



Mainz/Berlin (DAV). Stellt die Behörde bei dem Fahrzeug eines Fuhrunternehmens einen erheblichen Geschwindigkeitsverstoß fest, kann den Fahrer aber nicht ermitteln, darf sie nicht ohne Weiteres verlangen, dass das Unternehmen für alle Fahrzeuge Fahrtenbücher führt. Daran ändert sich auch nichts, wenn in den vier davor liegenden Jahren vier Verkehrsverstöße festgestellt worden waren. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 14. Mai 2012 (AZ: 3 L 298/12.MZ).

Das Unternehmen ist Halter von 93 Fahrzeugen, die auf Standorte im gesamten Bundesgebiet verteilt sind. Der Fahrer eines Fahrzeugs beging eine erhebliche Geschwindigkeitsübertretung. Er konnte jedoch nicht ermittelt werden. Daraufhin ordnete die zuständige Kreisverwaltung das Führen eines Fahrtenbuches für jedes Fahrzeug ab sofort für die Dauer von 30 Monaten an. Sie begründete dies unter anderem damit, dass von 1998 bis 2011 vier Verkehrsverstöße nicht aufgeklärt werden konnten, die mit Fahrzeugen des Fuhrparks begangen wurden.

Die Richter stoppten den Sofortvollzug der Fahrtenbuchauflage. Grundsätzlich sei zwar eine Fahrtenbuchauflage für den gesamten Fuhrpark eines Unternehmens möglich, wenn mehrere ungeklärte Verkehrsverstöße mit verschiedenen Fahrzeugen des Unternehmens vorlägen. Im vorliegenden Fall sei die entsprechende Entscheidung der Kreisverwaltung jedoch unverhältnismäßig. Die Kreisverwaltung habe sich nicht informiert, wie viele Fahrzeuge der Fuhrpark umfasse. Außerdem habe sie nicht ermittelt, in welchem Umfang in der Vergangenheit Verkehrsverstöße mit diesen Fahrzeugen begangen worden seien und wie viele davon nicht hätten aufgeklärt werden können. Die vier angeführten Fälle reichten nicht als Beurteilungsgrundlage aus. Sie lägen teilweise schon Jahre zurück oder seien bereits früher Anlass für Fahrtenbuchauflagen gewesen. Nach der Verwaltungspraxis der Kreisverwaltung setze eine Fahrtenbuchauflage für 30 Monate voraus, dass unaufgeklärte Verkehrsverstöße vorlägen, die in der Addition zu fünf Punkten in Flensburg geführt hätten. Es kämen hier aber insgesamt allenfalls vier Punkte zusammen, da die mehr als zehn Jahre zurückliegenden Verstöße nicht mehr berücksichtigt werden könnten.

Informationen: www.verkehrsrecht.de

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 35/12 vom 8. Oktober 2012
Pressedienst der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Oktober 2012