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VERKEHR/223: Besserer Versicherungsschutz im Straßenverkehr (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin, 9. November 2007

Besserer Versicherungsschutz im Straßenverkehr


Heute ist das Zweite Gesetz zur Änderung des Pflichtversicherungsgesetzes endgültig verabschiedet worden. Der Bundesrat hat zugestimmt, den Versicherungsschutz bei Unfällen im Straßenverkehr zu verbessern und mehr Transparenz bei der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung einzuführen.

"Menschen, die Opfer eines Unfalls im Straßenverkehr werden, erhalten einen besseren finanziellen Schutz vor den Folgen, denn der Mindestversicherungsschutz wird ausgeweitet und die Haftungsbeträge werden angehoben. Besonders freue ich mich, dass es uns gelungen ist, einen unbürokratischen Opferschutz bei Unfällen mit selbstfahrenden Arbeitsmaschinen und landwirtschaftlichen Anhängern zu gewährleisten, ohne die Unternehmen mit neuen Versicherungspflichten zu belasten. Personen, die durch solche Fahrzeuge geschädigt werden, können künftig ihre Schadensersatzansprüche gegenüber dem Verein Verkehrsopferhilfe e.V. geltend machen, wenn der Unfallgegner zahlungsunfähig ist oder keine Betriebshaftpflichtversicherung hat", erläuterte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Die Neuregelungen betreffen im Wesentlichen das Pflichtversicherungsgesetz und das Straßenverkehrsgesetz. Das Gesetz sieht insbesondere Folgendes vor:

Der Versicherungsschutz für einzelne Unfallopfer wird verbessert: Künftig wird die Mindestversicherungssumme bei Personenschäden nur noch für den gesamten Schadensfall gelten, die zusätzliche Deckelung für einzelne Unfallopfer entfällt. Die Mindestversicherungssumme ist der Betrag, über den eine Haftpflichtversicherung mindestens abgeschlossen werden muss. Die bisherige Summe von siebeneinhalb Millionen Euro pro Unfall wird beibehalten, kann aber künftig auch von einem einzelnen Unfallopfer ausgeschöpft werden. Bislang war sie für jedes einzelne Opfer auf 2,5 Millionen Euro begrenzt. Die Mindestversicherungssumme für Sachschäden wird von 500.000 Euro auf eine Million Euro je Schadensfall angehoben.

Bei der sog. Gefährdungshaftung (d. h. ein Unfallgegner haftet, ohne dass es auf sein Verschulden ankommt) werden die Haftungshöchstbeträge erhöht: Für Personenschäden sind künftig maximal fünf Millionen Euro je Schadensfall zu zahlen (bisher: drei Millionen Euro je Schadensfall und maximal 600.000 Euro pro Person). Für Sachschäden gilt künftig ein Haftungshöchstbetrag von einer Million Euro je Schadensfall (bisher: 300.000 Euro). Bei Gefahrguttransporten werden die Haftungshöchstbeträge für Personenschäden und für Schäden an unbeweglichen Sachen (zum Beispiel Beschädigung eines Hauses durch einen explodierenden Tanklastzug) auf je zehn Millionen Euro angehoben.

Ein Fahrzeuginsasse soll nicht mehr vom Versicherungsschutz ausgeschlossen werden können, weil er wusste oder hätte wissen müssen, dass der Fahrer des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Unfalls unter dem Einfluss von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln stand. Bisher konnten der Versicherungsnehmer, der Halter oder der Eigentümer des Fahrzeugs ihren Versicherungsschutz verlieren, wenn sie die Alkoholfahrt schuldhaft ermöglicht haben, zum Beispiel indem sie einem Betrunkenen das Steuer überlassen haben.

Selbstfahrende Arbeitsmaschinen (zum Beispiel Bagger oder Mähdrescher) und landwirtschaftliche Anhänger bleiben von der Versicherungspflicht befreit. Bei Unfallschäden, die durch solche Fahrzeuge verursacht werden, übernimmt der Entschädigungsfondskünftig eine Ausfallhaftung. Die Aufgaben des Entschädigungsfonds werden vom Verein Verkehrsopferhilfe e. V. wahrgenommen. Das heißt: Sind Halter und Fahrer zahlungsunfähig und ist das Fahrzeug auch nicht in einer Betriebshaftpflichtversicherung versichert, kann das Unfallopfer seinen Schadensersatzanspruch gegenüber der Verkehrsopferhilfe e.V. geltend machen. Die Verkehrsopferhilfe kann Rückzahlung der an das Unfallopfer gezahlten Beträge von Halter oder Fahrer verlangen, sobald diese wieder ausreichend Geld haben, um den Schaden zu ersetzen.

Der Entschädigungsfonds haftet künftig für Schäden an einem Fahrzeug, die durch ein nicht ermitteltes Fahrzeug verursacht werden (zum Beispiel bei Fahrerflucht), wenn bei demselben Unfall neben dem Sachschaden auch ein beträchtlicher Personenschaden angerichtet wurde. Bisher haftete der Fonds in diesen Fällen nur für die Personenschäden und sonstige Sachschäden (also solche, die nicht Fahrzeugschäden sind). Der Entschädigungsfonds tritt ein für Schäden, die einen Selbstbehalt von 500 Euro übersteigen.

Versicherungsnehmer können künftig jederzeit während des Vertragsverhältnisses eine Bescheinigung über ihre Schadensfreiheit oder Art und Umfang gegen sie geltend gemachter Schadensersatzansprüche verlangen. Damit können sie die Versicherungsangebote besser vergleichen, und ein Wechsel zu einer günstigeren Versicherung wird erleichtert.

Durch das Gesetz wird die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 (sog. 5. Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsrichtlinie) in deutsches Recht umgesetzt. Wesentliche Punkte der Richtlinie sind allerdings bereits Bestandteil des geltenden deutschen Rechts, so dass eine Umsetzung insoweit nicht erforderlich ist. Hierunter fällt etwa die Einführung eines Direktanspruchs des Geschädigten gegen den Kraftfahrzeug- Haftpflichtversicherer für alle Arten von Kraftfahrzeugunfällen, die Versicherungsdeckung für Personen- und Sachschäden von Fußgängern, Radfahrern und anderen nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern sowie die Versicherungsdeckung für vorübergehende Aufenthalte in anderen Mitgliedstaaten während der Laufzeit des Versicherungsvertrags.

Das Gesetz soll noch in diesem Jahr verkündet werden. Es wird am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 09.11.2007
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Ulf Gerder, Dr. Henning Plöger, Christiane Wirtz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2007