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VERBRAUCHERSCHUTZ/035: Mehr Verbraucherschutz bei Krediten in Europa (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin, 2. Juli 2009

Mehr Verbraucherschutz bei Krediten und schnellerer Zahlungsverkehr in Europa


Verbraucher erhalten künftig bessere Informationen bei Kreditverträgen und werden vor unseriösen Lockvogelangeboten geschützt. Zugleich wird der bargeldlose Zahlungsverkehr in der europäischen Union vereinfacht. Denn der Deutsche Bundestag hat heute in zweiter und dritter Lesung das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht verabschiedet.

"Wir haben heute die Verbraucherrechte beim Abschluss von Kreditverträgen gestärkt. Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland werden künftig besser über Konditionen von Verträgen informiert. Damit können Kreditangebote besser verglichen und das für den Einzelnen beste Angebot leichter gefunden werden. Zugleich schieben wir unseriösen Lockvogelangeboten einen Riegel vor", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. "Auch der bargeldlose Zahlungsverkehr innerhalb Europas wird einfacher. Jeder Kunde kann künftig auch Bestellungen im europäischen Ausland statt mit Kreditkarte per Lastschrift oder Überweisung abwickeln. Die Widerrufs- und Rückgaberechte bei Verbraucherverträgen - gerade auch im Internet - werden vereinheitlicht. Damit besteht bei Online-Käufen künftig mehr Rechtssicherheit", ergänzte Zypries.


Zu den Regelungen im Einzelnen:

1. Verbraucherdarlehen

Information und Vertragserläuterung: Künftig soll ein Verbraucher schon vor Abschluss eines Darlehensvertrages über die wesentlichen Bestandteile des Kredits informiert werden. Damit wird es dem Verbraucher ermöglicht, verschiedene Angebote zu vergleichen und eine fundierte Entscheidung zu treffen. Dies stärkt das Leitbild eines verantwortungsbewussten und selbständig handelnden Verbrauchers. Sobald sich die Wahl eines bestimmten Kredits abzeichnet, müssen dem Verbraucher zusätzlich die Hauptmerkmale des Vertrags erläutert werden.

Werbung: Die Werbung für Darlehensverträge wird stärker reglementiert. Wer für den Abschluss von Darlehensverträgen wirbt, darf nicht nur eine einzige Zahl herausstellen (etwa einen besonders niedrigen Zinssatz). Vielmehr muss er auch die weiteren Kosten des Vertrags angeben und diese Angaben mit einem realistischen Beispiel erläutern. Dadurch werden Lockvogelangebote unterbunden und die Verbraucher in die Lage versetzt, anhand aussagekräftiger Informationen selbst die Vor- und Nachteile eines Vertragsschlusses abzuwägen.

Muster für Verbraucherdarlehen: Künftig gelten für unterschiedliche Kreditverträge jeweils einheitliche Muster zur Unterrichtung der Verbraucher. Anhand dieser Muster werden sämtliche Kosten des Darlehens erkennbar. Unterschiedliche Angebote können besser als bisher miteinander verglichen werden. Die Muster gelten europaweit, so dass Kunden auch Angebote aus dem europäischen Ausland einholen und vergleichen können.

Kündigung: Die Kündigung von Darlehensverträgen wird neu geregelt. Kündigungen durch den Darlehensgeber sind bei unbefristeten Verträgen nur noch zulässig, wenn eine Kündigungsfrist von mindestens zwei Monaten vereinbart ist. Verbraucher können dagegen einen unbefristeten Vertrag jederzeit kündigen. Dabei darf die Kündigungsfrist für den Verbraucher einen Monat nicht überschreiten. Bei befristeten Verträgen, die nicht durch ein Grundpfandrecht wie eine Grundschuld oder Hypothek gesichert sind, dürfen Verbraucher das Darlehen künftig jederzeit ganz oder teilweise zurückzahlen. Verlangt der Darlehensgeber in einem solchen Fall eine Vorfälligkeitsentschädigung, ist diese auf höchstens ein Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrages beschränkt. Von den Neuregelungen werden nicht nur reine Darlehensverträge, sondern auch andere Finanzierungsgeschäfte erfasst. Damit werden Verbraucher bei Teilzahlungsgeschäften und bei Finanzierungsleasingverträgen grundsätzlich ebenso geschützt wie bei Verbraucherdarlehensverträgen.

2. Zahlungsdienste

Im Bereich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs gelten bei Zahlungsdienstleistungen künftig europaweit weitestgehend einheitliche Rechte und Pflichten. Erstmals gibt es sowohl für rein inländische als auch für grenzüberschreitende Zahlungsverfahren (zum Beispiel Überweisung, Kartenzahlung, Lastschrift) einheitliche Regelungen. Dies erleichtert bargeldlose Zahlungen und erhöht die Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Ein einheitlicher Euro-Zahlungsraum (single euro payments area - SEPA) erlaubt es den Anbietern von Zahlungsdiensten, europaweite Verfahren für Zahlungen in Euro zu entwickeln (sogenannte SEPA-Produkte).

Beispiele: Ein europäisches Lastschriftverfahren wird es ermöglichen, dass Strom- und Telefonkosten für eine Ferienwohnung auf Teneriffa oder die Miete für das Zimmer im Studentenwohnheim bei einem Auslandsaufenthalt monatlich von einem deutschen Konto bequem abgebucht werden können. Auch bei Bestellungen aus dem europäischen Ausland muss eine Bezahlung nicht mehr notwendigerweise per Kreditkarte erfolgen, sondern kann per Lastschrift oder Überweisung durchgeführt werden.

Deshalb ist - was die Frage der Bezahlung angeht - der Standort eines Anbieters künftig kein Hindernis mehr, sich als Kunde für das günstigste Angebot zu entscheiden. Zugleich fördern gleiche Rahmenbedingungen den grenzüberschreitenden Wettbewerb. Denn durch einheitliche Vorgaben über die Information der Kunden wird es leichter, auch das Angebot ausländischer Zahlungsdienstleister zu bewerten.

Schließlich führen die neuen Regelungen zu einer Vereinheitlichung und Verkürzung der Ausführungs- und Wertstellungsfristen: Bisher sind grenzüberschreitende Überweisungen in der EU binnen fünf Werktagen zu erbringen. Ab 1. Januar 2012 müssen alle Zahlungsaufträge in Euro innerhalb eines Geschäftstages ausgeführt werden. Bis dahin kann eine 3-tägige Ausführungsfrist vereinbart werden. Damit können Zahlungsdienstnutzer zielgenauer ihre Zahlungspflichten erfüllen und so lange wie möglich mit ihrem Geld arbeiten.

3. Widerrufs- und Rückgaberecht

Die bereits bestehenden Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht werden neu geordnet. Dies führt zu mehr Rechtssicherheit, und zwar nicht nur bei Verbraucherverträgen, sondern auch bei Versicherungsverträgen. Unternehmer, die für ihre Belehrungen über das Widerrufs- und Rückgaberecht die neuen Muster verwenden, müssen künftig keine wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen oder unbefristete Widerrufs- bzw. Rückgaberechte mehr fürchten. Zudem gelten bei Fernabsatzgeschäften über eine Internetauktionsplattform und solchen in einem herkömmlichen Internetshop weitgehend gleiche Widerrufsfristen und Widerrufsfolgen.

Das heute vom Bundestag beschlossene Gesetz muss noch den Bundesrat passieren. Es ist nicht zustimmungspflichtig. Die Vorschriften zur Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie treten am 31. Oktober 2009 in Kraft, im Übrigen tritt das Gesetz zum 11. Juni 2010 in Kraft.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 02.07.2009
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Dr. Henning Plöger, Dr. Isabel Jahn,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juli 2009