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VERBRAUCHERSCHUTZ/026: EU darf deutschen Verbraucherschutz nicht aushöhlen (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin, 8. Oktober 2008

Zypries: EU darf deutschen Verbraucherschutz nicht aushöhlen!


Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat heute den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher beschlossen. Durch eine stärkere Vereinheitlichung des Verbraucherrechts soll das Vertrauen der Verbraucher in den Binnenmarkt gestärkt und die Bereitschaft der Unternehmen gefördert werden, im grenzüberschreitenden Handel tätig zu werden.

"Ich begrüße das Ziel, das europäische Verbraucherrecht besser und einheitlicher zu gestalten. Mit dem von der Kommission vorgelegten Richtlinienvorschlag lässt sich das allerdings nicht erreichen. Der Vorschlag führt nicht zu einer stärkeren Vereinheitlichung und Kohärenz des Verbraucherrechts und damit nicht zu mehr Rechtssicherheit für Verbraucher und Unternehmen. Ich werde mich deswegen bei den Verhandlungen in Brüssel intensiv und nachhaltig dafür einsetzen, dass der Vorschlag der Kommission im Sinne hoher und einheitlicher europäischer Standards verbessert wird und dass die Staaten ergänzende Vorschriften vorsehen können", erklärte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Im neuen Richtlinienvorschlag der Kommission werden vier bereits geltende Richtlinien im Bereich der Verbraucherschutzes überarbeitet und in einem Dossier zusammengeführt (sog. "Haustürwiderrufsrichtlinie" 85/577/EWG, sog. "Klauselrichtlinie" 93/13/EWG, sog. "Fernabsatzrichtlinie" 97/77/EG und sog. "Verbrauchsgüterkaufrichtlinie" 1999/44/EG). Die vier Richtlinien erfassen aber nur einen kleinen Teil des bestehenden europäischen Verbraucherrechts. Einen echten Nutzen hätten Verbraucher und Unternehmen jedoch erst, wenn das gesamte Verbraucherschutzrecht so weit wie möglich vereinheitlicht würde. Dafür sollten in allen bestehenden Verbraucherrichtlinien z. B. Widerrufsrechte für Verbraucher und Informationspflichten der Unternehmer soweit wie möglich gleich ausgestaltet werden.

Nach dem Willen der Kommission soll ein einheitliches Verbraucherrecht insbesondere durch eine Vollharmonisierung erreicht werden. Das bedeutet nicht nur einen gleichen Mindeststandard in allen Mitgliedstaaten. Vollharmonisierte Regelungen nehmen den Mitgliedstaaten darüber hinaus die Möglichkeit, weitergehende Regelungen zum Schutz der Verbraucher aufrechtzuerhalten oder neu einzuführen.

"Für Deutschland hätte die von der Kommission geplante Vollharmonisierung konkret zur Folge, dass bewährte, die Verbraucher schützende Regelungen des deutschen Rechts geändert oder sogar aufgehoben werden müssten. So würde etwa unser Widerrufsrecht bei Haustür- und Fernabsatzgeschäften (z. B. Internet) zum Nachteil der Verbraucher eingeschränkt. Auch die Geltendmachung von Mängelrechten bei einem Kaufvertrag würde für Verbraucher erschwert", betonte Zypries.

In Deutschland hat der Verbraucher bei Haustür- und Fernabsatzgeschäften ein unbefristetes Widerrufsrecht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Nach dem Richtlinienvorschlag soll das Widerrufsrecht zwingend nach drei Monaten erlöschen, sobald der Unternehmer seine vertraglichen Verpflichtungen vollständig erfüllt hat, z. B. die bestellte Ware ordnungsgemäß geliefert wurde. Für die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten aus einem Kaufvertrag - etwa bei mangelhafter Ware - soll nach dem Richtlinienvorschlag eine im deutschen Recht bisher nicht bestehende Rügepflicht für den Verbraucher eingeführt werden. Er soll die Mängelrechte nur noch wirksam geltend machen können, wenn er dem Verkäufer binnen zwei Monaten, nachdem er einen Mangel festgestellt hat, diesen mitteilt. Rügt er nicht rechtzeitig, soll er seine Gewährleistungsrechte verlieren.

"Im Fall einer Vollharmonisierung wird den Mitgliedstaaten die Möglichkeit genommen, nationalstaatlich gewünschte zusätzliche Verbraucher schützende Regelungen einzuführen. Wir könnten nicht mehr schnell und flexibel auf neue nationale Entwicklungen reagieren und die Verbraucher ausreichend zu schützen. So wäre die in dem Gesetzentwurf zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung vorgesehene Erweiterung des Widerrufsrechtes bei telefonisch geschlossenen Verträgen nicht mehr zulässig. Das wäre sehr schlecht.

Ich werde mich deshalb in Brüssel für ein besseres und kohärenteres europäisches Verbraucherrecht einsetzen, das den Mitgliedstaaten weiterhin notwendige Gestaltungsspielräume in diesem Bereich belässt. Ich bin zuversichtlich, dass dies gemeinsam mit unseren europäischen Partnern gelingen wird", erklärte Zypries.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 8.10.2008
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Dr. Henning Plöger, Dr. Isabel Jahn,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2008