Schattenblick → INFOPOOL → RECHT → FAKTEN


STRAFRECHT/439: Parlament stimmt für mehr Rechte beschuldigter Kinder im Strafverfahren (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 5. Februar 2015

Parlament stimmt für mehr Rechte beschuldigter Kinder im Strafverfahren

DAV begrüßt audiovisuelle Aufzeichnung und Recht auf Anwalt


Berlin/Brüssel (DAV). Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt die Ergebnisse der heutigen Abstimmung des Ausschusses für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des EU-Parlaments zum Richtlinienentwurf zu Verfahrensgarantien für im Strafverfahren verdächtige und beschuldigte Kinder. Demnach sollen Kinder, d. h. Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, ein unabdingbares Recht auf Unterstützung durch einen Anwalt haben. Auf dieses Recht soll nicht verzichtet werden können.

"Das Ergebnis der heutigen Abstimmung würde EU-weit zu Verfahrensgarantien für beschuldigte Kinder auf hohem Niveau führen", betont Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, Präsident des DAV. Dabei lasse das Parlament erkennen, dass es entwicklungspsychologischen und jugendpädagogischen Erwägungen Rechnung tragen wolle. Der Ausschuss gehe in den für die Anwaltschaft besonders wichtigen Punkten erfreulicherweise über die Forderungen der EU-Mitgliedstaaten vom Mai 2014 hinaus.

Befragungen von Kindern durch Ermittlungspersonen oder das Gericht sollen künftig audiovisuell aufgezeichnet werden, es sei denn, dies wäre dem Kindeswohl abträglich. Der DAV hatte audiovisuelle Aufzeichnungen im Strafverfahren immer wieder gefordert und begrüßt, dass das Parlament der Sicherstellung der Einhaltung der Verfahrensrechte für Kinder gegenüber den finanziellen Bedenken der Mitgliedstaaten den Vorrang einräumt.

Entsprechend der Forderung des DAV soll die Richtlinie unabhängig vom Moment der Verdachtsentstehung auch auf bis zu 21-Jährige anwendbar sein, die bei Tatbegehung noch nicht volljährig waren.

Der DAV bedauert, dass das Parlament Ausnahmen von der Nichtöffentlichkeit der Verhandlung gegen Kinder und von der getrennten Unterbringung von Kindern vorsieht. "Dies sind wichtige Grundsätze des Jugendstrafrechts, die EU-weit gelten sollten. Es bleibt zu hoffen, dass diese Punkte im weiteren Gesetzgebungsverfahren aufgegriffen werden", so DAV-Präsident Ewer. Auch die weiterhin bestehende Möglichkeit von Abwesenheitsurteilen gegen Kinder wird vom DAV scharf kritisiert.

Innerhalb von ein bis zwei Monaten wird das Plenum des EU-Parlaments über die heute gefasste Position abstimmen. Sodann wird das Parlament seine Trilogverhandlungen mit Rat und EU-Kommission beginnen.

*

Quelle:
Pressemitteilung Nr. 4/15 vom 5. Februar 2015
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
PR-Referat
Littenstraße 11, 10179 Berlin
Tel.: 0 30/72 61 52 - 129
Sekretariat:
Manja Jungnickel, Tel.: 0 30/72 61 52 - 139
Katrin Schläfke, Tel.: 0 30/72 61 52 - 149
Fax: 0 30/72 61 52 - 193
E-mail: walentowski@anwaltverein.de
Internet: www.anwaltverein.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Februar 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang