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ÖFFENTLICHES RECHT/116: Asylentscheidung - Roma aus Mazedonien soll Flüchtlingsschutz erhalten (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 8. Oktober 2015
Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht

Roma aus Mazedonien soll Schutz erhalten

Verwaltungsgericht Oldenburg spricht junger Frau Flüchtlingsschutz zu


Oldenburg/Berlin (DAV). Auch Personen aus sogenannten "sicheren Herkunftsstaaten" können Anspruch auf Asyl haben. Und zwar in solchen Fällen, in denen abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Die Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) berichtet über ein Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 18. September 2015 (AZ: 6 A 32/15) mit dem der Klägerin aus Mazedonien der Status als Flüchtling zuerkannt wurde.

Die in Deutschland aufgewachsene Klägerin und Mitgründerin eines Vereins für die Rechte der Roma hatte sich in Mazedonien für Minderheitenrechte eingesetzt, Gewalt staatlicher Stellen dokumentiert und als Wahlbeobachterin gearbeitet. Dies gefiel offenbar der örtlichen Polizei nicht. Nicht nur wurde nur der Ehemann mehrfach geschlagen, es kam über Jahre auch nach dem Ende der Arbeit für den Verein immer wieder zu Nachstellungen. Diese gipfelten in einem folgenschweren Übergriff, bei dem die seinerzeit Schwangere das ungeborene Kind verlor, weil sie nicht bei einem von Sicherheitskräften geplanten Wahlbetrug mithelfen wollte.

Ende 2012 kam sie nach Deutschland. Den Asylantrag lehnte das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aus rein formalen und allgemeinen Gründen ohne Betrachtung des Einzelfalles ab. Das Verwaltungsgericht gewährte der jungen Mutter von damals zwei Kindern im Jahr 2013 zunächst vorläufigen Abschiebungsschutz.

Die Klage gegen die Ablehnung des Asylantrages war erfolgreich: Das Gericht verpflichtete die Bundesrepublik Deutschland, der Klägerin den Status als Flüchtling zuzuerkennen. Es hatte keine Zweifel an den umfangreichen und detaillierten Berichten, die im gesamten Verfahren von der Gegenseite nicht bestritten wurden. Zur mündlichen Verhandlung erschien nicht einmal ein Vertreter der Behörde.

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV), Rechtsanwalt Thomas Oberhäuser, meint: "Das Verfahren beweist, dass die sorgfältige Prüfung des Einzelfalles jedes Asylantrages unbedingt erforderlich ist. Allein die Herkunft aus einem bestimmten Staat darf kein Grund sein, das Schutzniveau zu senken. Die Anerkennung als Flüchtling ist auch bei den sogenannten sicheren Herkunftsstaaten möglich."

"Wenn die Gerichte bei angeblich 'sicheren' Herkunftsstaaten wie Mazedonien Schutz zuerkennen, ist die Einschätzung des Gesetzgebers, dass es dort ungefährlich ist, sehr zweifelhaft", so der Anwalt der Klägerin, Henning J. Bahr. "Auch in diesen Staaten gibt es immer wieder asylrelevante Verfolgung."

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Behörde könnte die Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht beantragen. Rechtsanwalt Bahr ist trotzdem zuversichtlich: "Ein solcher Antrag dürfte wenig Aussicht auf Erfolg haben". Das BAMF habe er zum Einlenken aufgefordert, indem das Urteil anerkannt und dem Ehemann und den Kindern ebenfalls Schutz gewährt wird. Deren Verfahren hat das Verwaltungsgericht zunächst ausgesetzt.

Informationen:
www.dav-auslaender-und-asylrecht.de

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Quelle:
Pressemitteilung Ausl 01/15 vom 8. Oktober 2015
Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht
Deutscher Anwaltverein (DAV)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Oktober 2015

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