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MIETRECHT/166: Mieter kann sich gegen Kamera im Hauseingang wehren (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 10. Juni 2010

Ressort: Miete und Immobilien/Service/Recht

Mieter kann sich gegen Kamera im Hauseingang wehren


München/Berlin (DAV). Vermieter können nicht ohne weiteres eine Videokamera im Hauseingang installieren. Eine solche Überwachung stellt einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Mieters dar. Gerechtfertigt wäre dies nur zur Abwehr schwerwiegender Beeinträchtigungen. Ist dies nicht der Fall, kann die Entfernung der Videokamera verlangt werden, entschied das Amtsgericht München am 16. Oktober 2009 (AZ: 423 C 34037/08) wie die Miet- und Immobilienrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilen.

Der Vermieter installierte im Treppenhaus seines Mietshauses im Eingangsbereich eine Videokamera. Von innen erfasste sie jede Person, die das Haus betrat und sich im Eingangsbereich aufhielt. Eine Mieterin sah darin einen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht und forderte den Vermieter auf, die Kamera zu entfernen. Der Vermieter begründete die Überwachung mit dem Diebstahl mehrer Fahrräder vor dem Anwesen. Zudem sei die Hauseingangstür sowie der Hauseingangsbereich mit Farbe besprüht worden.

Der Klage der Mieterin gab der Richter Recht. Die Überwachung des Hauseingangs durch eine Kamera - und zwar unabhängig davon, ob eine Speicherung der Bilder erfolge - stelle einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Mieters dar. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasse auch die Freiheit von unerwünschter Kontrolle und Überwachung durch Dritte. Dies beinhalte nicht nur die Freiheit, die eigene Wohnung zu verlassen und zu betreten, ohne dass dies überwacht werde. Es umfasse auch das Recht, ungestört und unüberwacht Besuch zu empfangen.

Der Eingriff wäre allenfalls gerechtfertigt gewesen, wenn die Überwachung zur Abwehr von schwerwiegenden Beeinträchtigungen des Vermieters erforderlich und eine drohende Rechtsverletzung anderweitig nicht zu verhindern gewesen wäre. Für eine derartige Rechtfertigung lägen keine Gründe vor. Konkret habe nur ein Vorfall berichtet werden können, bei dem der Eingangsbereich besprüht worden war. Es sei schon fraglich, ob ein einmaliger Vorfall überhaupt ausreichen würde. Eine Überwachung wäre jedenfalls nur gerechtfertigt, wenn diese derartige Vorfälle auch verhindern könnte. Dies sei jedoch nicht der Fall. Der im Außenbereich besprühte Bereich könne allenfalls bei geöffneter Hauseingangstür von der Kamera erfasst werden. Bei geschlossener Tür nütze die Kamera nichts. Diese sei daher zur Verhinderung von Straftaten nicht geeignet. Das gelte auch für gestohlene Fahrräder, da die Kamera die Abstellplätze nicht erfasse.

Die DAV-Miet- und Immobilienrechtsanwälte informieren darüber, dass nach einer jüngsten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (AZ VI ZR 176/09) Grundstückseigentümer Videokameras hinnehmen müssen, wenn diese ausschließlich auf das Nachbargründstück gerichtet sind. Vermieter und Mieter sollten sich in Zweifelsfällen rechtzeitig anwaltlich beraten lassen. DAV-Miet- und Immobilienrechtsanwälte und weitere Informationen findet man unter www.mietrecht.net.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 21/10 vom 10. Juni 2010
Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien des DAV
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
PR-Referat
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2010