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MELDUNG/685: Erneut stehen vier Musiker:innen wegen wegen "Hausfriedensbruch" vor Gericht (Lebenslaute)


Lebenslaute. klassische Musik - politische Aktion
Pressemitteilung vom 3. April 2023

Erneut stehen in Mönchengladbach-Rheydt vier Musiker:innen der Gruppe Lebenslaute wegen "Hausfriedensbruch" im Braunkohletagebau Garzweiler II vor Gericht


Am kommenden Donnerstag, 6.4.2023 stehen erneut vier Musikerinnen und Musiker in Mönchengladbach-Rheydt vor Gericht. Sie hatten am 21.8.2021 gemeinsam mit etwa 100 anderen Aktivist:innen für Klimagerechtigkeit ohne Genehmigung den Braunkohletagebau Garzweiler II betreten und dort an drei Stellen musiziert. Auf diese Weise demonstrierten sie ihre Forderung, die Verstromung von Braunkohle sofort zu beenden und alle vom Abriss bedrohten Dörfer, einschließlich von Lützerath, stehen zu lassen. Der Energiekonzern RWE hatte daraufhin gegen eine große Zahl von Teilnehmenden dieser Aktion zivilen Ungehorsams Klage wegen Hausfriedensbruchs erhoben.

In erster Instanz waren drei von ihnen freigesprochen worden: RWE habe mit seinem Vorgehen im Braunkohletagebau derart tiefgreifend in das Leben Hunderter eingegriffen, daß es die Konzernleitung ertragen können müsse, wenn hundert Musiker:innen gewaltfrei aber ungehorsam für einige Stunden ein ungebetenes Protestkonzert auf dem Konzerngelände veranstalteten. Das zuständige Revisionsgericht jedoch kassierte diese Freisprüche und verwies die Verfahren zurück an das Amtsgericht Mönchengladbach Rheydt.

Vor Gericht stehen Sabine S., Susanne P. und Wolfgang R. im Wiederaufnahmeverfahren sowie Alphons B. wegen seines Widerspruchs gegen seine Verurteilung zu einer Geldstrafe. Am Donnerstag werden sie erneut ihre Motive darlegen.

Sabine S. sagt dazu: "Der Braunkohleabbau trägt maßgeblich zum Klimanotstand bei. Ich will, dass diese katastrophalen CO2-Emissionen und Naturverwüstungen durch RWE gestoppt werden, um die Zukunft für meine vier Enkelkinder nicht noch mehr zu gefährden. Dass Gerichte immer noch nicht im Sinne der Generationengerechtigkeit urteilen, ist ein Skandal. Ebenso, dass gewaltfreie Klimaschützeri:nnen juristisch verfolgt werden, nicht jedoch die RWE-Wachleute, die uns angegriffen und verletzt haben. Trotz mehrerer Strafanzeigen ist die in diesen Fällen Staatsanwaltschaft bisher nicht aktiv geworden."

Susanne P. zeigt sich entsetzt darüber, daß Konzerne, Staat und Justiz offenbar bei einem "Weiter so" in der Zerstörung der natürlichen Grundlagen menschlicher Zivilisation bleiben wollen - trotz des aktuellen Sachstandberichts des IPCC, trotz der jüngsten, alarmierten Äußerungen von UN-Generalsekretär Guterres, ja sogar trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom April 2021 zur Nachhaltigkeit staatlichen Handelns für die Grundrechte späterer Generationen: "Angesichts dieser katastrophalen Bedrohung sind Aktionen zivilen Ungehorsams ein äußerst maßvolles Mittel der Intervention, zu dem ich mich absolut verpflichtet sehe."

Alphons B. verweist auf die enorme Wassermenge von 528 Millionen Kubikmeter Wasser, die RWE für den klimakillenden Braunkohlentagebau pro Jahr folgenlos verschwenden darf, um die Konzernprofite zu steigern: "Allein darum ist alle weitere Fortführung des Braunkohle-Tagebaus ein Umweltverbrechen kapitalen Ranges. Die Staatsanwälte befassen sich jedoch nicht damit, sondern mit dem durch unser Lebenslaute-Konzert angeblich gestörten Hausfrieden der RWE."

Wolfgang R. sagt: "Wir haben in Garzweiler II Teile des barocken Oratoriums "Il dulivio unviersale" ("Die Sintflut") von Michelangelo Falvetti aufgeführt, an einem Ort also, der mit RWE einem gewichtigen Mitverantwortlichen z.B. der Ahrteil-Überschwemmung gehört und dessen Machenschaften die völkerrechtlich verbindliche Höchstgrenze von 1,5 Grad massiv gefährden. Die heutige Rechtsprechung muss der Lage der Menschheit entsprechen. Auch um einen Beitrag zu dieser politischen Forderung zu leisten, sehe ich mich als Aktionskünstler gegen die Klimakatastrophe!"

Die Prozesse finden am Donnerstag, 6. April 2023, ab 9:30 Uhr im Amtsgericht Möchengladbach-Rheydt, Brucknerallee 115, 41236 Mönchengladbach statt.

Vor dem Amtsgericht wird es ab 8:30 Uhr eine Mahnwache mit Aktivistinnen und Aktivisten der Gruppe Lebenslaute geben.

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Quelle:
Lebenslaute
AG Öffentlichkeitsarbeit
E-Mail: presse@lebenslaute.net
Internet: www.lebenslaute.net

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 4. April 2023

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