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MELDUNG/560: Oberlandesgericht bestätigt Freispruch von Tierschutzfilmer/innen (ARIWA)


Animal Rights Watch - Pressemitteilung vom 22. Februar 2018

Revision bestätigt Freispruch von Tierschutzfilmer/innen - Tierleid ist gewichtiger Notstand


Naumburg (Saale), 22.02.2018: In seinem mit Spannung erwarteten Urteil hat das Oberlandesgericht Naumburg heute die Revision der Staatsanwaltschaft Magdeburg gegen den zweifachen Freispruch von drei Rechercheaktivist/innen verworfen, die 2013 heimlich in der Schweinezucht und -mast Sandbeiendorf Videoaufnahmen vom Leid der Tiere angefertigt hatten. Damit ist der Freispruch nun rechtskräftig. In seiner Begründung unterstrich der Vorsitzende Richter, der von den Vorinstanzen erkannte rechtfertigende Notstand habe angesichts untätiger staatlicher Kontrollorgane eindeutig vorgelegen. Das Handeln der Angeklagten, um dem Rechtsgut Tierschutz zur Durchsetzung zu verhelfen, sei vollauf gerechtfertigt gewesen. Die drei Aktivisten hatten die Anlage im Juni und Juli 2013 nachts mit dem Ziel betreten, die Zustände zu veröffentlichen und so den nötigen Druck für eine staatliche Verfolgung aufzubauen.

"Wir begrüßen es sehr, dass in allen drei Verhandlungen zu dieser Sache das Leid von Schweinen als gewichtiger Notstand gewertet wurde", sagte Erasmus Müller, einer der Angeklagten. "Trotzdem macht es mich traurig, dass sich für die Tiere in der Anlage kaum etwas geändert hat. Einige Sauen, die wir 2013 dort gesehen haben, sind wahrscheinlich immer noch am Leben. Aber während ich in den letzten vier, fünf Jahren sehr viel erleben konnte, haben diese Sauen nur den immer wieder gleichen Zyklus aus Kastenstand, Gruppenhaltung, Geburt und erneut Kastenstand durchgemacht - ohne jede Aussicht auf Veränderung. All diese Tiere werden ihres Lebens beraubt."

Das Urteil des Oberlandesgerichts bestätigt zugleich das Versagen der tierschutzrechtlichen Kontrollen durch die Veterinärbehörden. Die Kritik an dem ausdrücklichen Lob, das die Angeklagten vor dem Landgericht Magdeburg deshalb für ihr couragiertes Handeln erfahren hatten, wies der Richter abermals zurück. Niemand könne sich auf die Position zurückziehen, die Kontrolle des Tierschutzes in landwirtschaftlichen Betrieben sei Sache der Behörden, wenn diese Behörden ihre Aufgabe in der Praxis nicht erfüllten.

"Dieser Fall verdeutlicht einmal mehr, dass ein bundesweites Tierschutzverbandsklagerecht dringend nötig ist. Denn nur so kann die Arbeit von Veterinärbehörden kontrolliert werden", so Sandra Franz, Pressesprecherin von ARIWA. "Darüber hinaus ist solches Filmmaterial unabdingbar für einen ehrlichen gesellschaftlichen Diskurs über die Tierhaltung."

Hinweis:

In der Berichterstattung über Undercover-Recherchen in Stallanlagen werden häufig die Begriffe "einbrechen" und "Einbruch" verwendet. Beide Begriffe kennt das Strafrecht jedoch nur in Verbindung mit Diebstahldelikten (§ 243 StGB), nicht als Synonym für einen Hausfriedensbruch (§ 123 StGB), wie er den Angeklagten vorgeworfen wurde. Im Alltagsgebrauch bezeichnet "Einbruch" zudem stets ein gewaltsames Eindringen, was den Angeklagten zu keinem Zeitpunkt vorgeworfen worden ist. Die Verwendung dieser Begriffe stellt somit eine falsche Assoziation zu kriminellen Handlungen her, gegen welche sich die Angeklagten verwehren. Wir bitten Sie daher, sachlich korrekt den Begriff "Hausfriedensbruch" zu verwenden.

Animal Rights Watch e.V. (ARIWA) ist eine gemeinnützige, bundesweit tätige Tierrechtsorganisation. ARIWA deckt die Zustände in der Tierindustrie auf und fördert eine tierfreundliche, vegane Lebensweise. Die bundesweit verteilten Ortsgruppen führen Kampagnen und Aktionen gegen Tierausbeutung und für die Anerkennung von Tierrechten durch. Zahlreiche politische TV-Magazine sowie viele Print- und Onlinemedien nutzen regelmäßig von ARIWA zur Verfügung gestelltes Bildmaterial.

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Quelle:
Animal Rights Watch e.V. - ARIWA
Hirschbachstraße 57, 73431 Aalen
Telefon: 07361 9754625
E-Mail: info@ariwa.org
Internet: http://www.ariwa.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2018

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