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MELDUNG/339: Maulkorbgesetz - Gefangene in den USA sollen schweigen (Netzwerk gegen die Todesstrafe)


Bundesweites Netzwerk gegen die Todesstrafe
Pressemitteilung vom 13. Oktober 2014

Gefangene in den USA sollen schweigen

Eil-Gesetzesvorlage in Pennsylvania, USA, beschneidet das Recht von Gefangenen, sich an die Öffentlichkeit zu wenden - Republikaner drängen auf Abstimmung am 15. Oktober - langjähriger Todeskandidat Mumia Abu-Jamal erneut Vorwand für kontroverse Bürgerrechts-Einschränkung



Vor wenigen Tagen erhitzte eine Rede des US-amerikanischen Gefangenen Mumia Abu-Jamal die Gemüter der politischen Rechten im US-Bundesstaat Pennsylvania. Die Absolventen und Absolventinnen des Goddard College in Vermont hatten Abu-Jamal - selbst einst Student dort- gebeten, die Rede ihrer Abschiedsveranstaltung zu halten.

Die extrem rechtslastige Polizeibruderschaft FOP, deren Mitglied der 1981 erschossene Polizist Daniel Faulkner war, für dessen Erschießung Abu-Jamal 1982 (in einem von Amnesty International vernichtend kritisierten Prozess voller Rechtsverstöße) zum Tod verurteilt worden war, lief Sturm gegen die Einwilligung der College-Leitung zu dieser Ansprache - ohne Erfolg. Der Gefangene konnte seine Rede auf Band aufnehmen lassen, am 5. Oktober war sie im College zu hören.

Nur Tage danach hat nun der Republikaner Mike Vereb im Eilverfahren eine Gesetzesvorlage zur Abstimmung im Parlament von Pennsylvania vorgelegt - die Revictimization Relief Act HB2533 - die das Recht aller Gefangenen im Bundesstaat beschneiden und sie am öffentlichen Reden hindern würde. Sie sieht - vorgeblich zum Schutz von Opferangehörigen gegen Retraumatisierung - vor, dass Gefängnisleitung und Polizei beantragen können, welcher Gefangene sich wann, falls überhaupt noch, öffentlich äußern darf.

Eine erste schwere Einschränkung ihrer Bürgerrechte mussten Gefangene bereits 1996 hinnehmen, als - anlässlich eines landesweit ausgestrahlten Fernsehfilms über Abu-Jamals Fall - das Filmen und Fotografieren aller Gefangenen verboten wurde.

Verfassungsrechtlich ist dieser neue Gesetzentwurf ein schwerer Eingriff in den 1. Verfassungszusatz der USA. Dieser verbietet es, Gesetze zu verabschieden, die u.a. die Meinungsfreiheit einschränken. Alle großen Bürgerrechtsvereinigungen, allen voran die American Civil Liberty Union (ACLU), haben Widerstand dagegen angekündigt. Der Leitkommentar in Philadelphias größter Online-Zeitung phillymag kritisiert den Entwurf heftig als Verfassungsaushöhlung.

Sollte der Entwurf HB2533 am Mittwoch Gesetz werden, reichen die Folgen weit über die journalistische Tätigkeit von Mumia Abu-Jamal hinaus. Betroffen wären dann alle Gefangenen im Bundesstaat Pennsylvania und bei Bestätigung durch föderale Gerichte später potentiell auch alle Gefangenen in den Vereinigten Staaten.


Weitere Infos auf:
http://pennsylvaniaprisonwatch.blogspot.de
www.phillymag.com/news/2014/10/10/mumia-makes-us-crazy/787-7683
http://www.repvereb.com/NewsItem.aspx?NewsID=21644
www.freiheit-fuer-mumia.de

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Quelle:
Bundesweites Netzwerk gegen die Todesstrafe
Haus der Demokratie, Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin
Kontakt: Annette Schiffmann
E-Mail: anna.schiff@t-online.de
Internet: www.freiheit-fuer-mumia.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Oktober 2014