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INTERNATIONAL/002: Spanisches Gericht zu Ermittlungen wegen Folter in Guantanamo aufgefordert (ECCHR)


European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) - Pressemitteilung vom 15. Dezember 2010

Spanisches Gericht zu Ermittlungen wegen Folter in Guantanamo aufgefordert

WikiLeaks-Depeschen enthüllen, dass die amerikanische Regierung versucht hat, die spanische Justiz unter Druck zu setzen und eine Strafverfolgung von US-Beamten zu verhindern.


15.12.2010 - Das ECCHR hat zusammen mit dem Center for Constitutional Rights (CCR) den zuständigen spanischen Ermittlungsrichter aufgefordert, strafrechtliche Ermittlungen gegen Juristen der Bush-Regierung einzuleiten. US-Regierungsvertreter, wie die Autoren der Folter-Memos John Yoo and Jay Bybee, hatten den gesetzlichen Rahmen geschaffen, um die Folter von Guantanamo-Häftlingen zu erlauben. Die Eingabe der beiden juristischen Menschenrechtsorganisationen bezieht sich auf von WikiLeaks veröffentlichte Botschaftsdepeschen, die nahelegen, dass die USA spanische Regierungsbeamte unter Druck gesetzt haben, um strafrechtliche Ermittlungen in Spanien zu verhindern. Ermittlungsrichter Eloy Velasco wird aufgefordert, ein formelles Ermittlungsverfahren zu eröffnen, nachdem die USA verweigert hätten, eigene strafrechtliche Ermittlungen und die Strafverfolgung der für das Folter-Programm Verantwortlichen durchzuführen.

Die ursprüngliche Anzeige von ECCHR-Kooperationsanwalt Gonzalo Boye wegen Verletzung internationalen Rechts, einschließlich Kriegsverbrechen und Folter, wurde im März 2009 gegen sechs frühere Bush-Regierungsbeamte gestellt. Im Mai 2009 und im April 2010 ersuchte Richter Velasco die USA um Informationen bezüglich in den USA anhängigen Ermittlungen, die eine Klageerhebung in Spanien ausschließen würden. Im Oktober 2010 forderte Richter Velasco die 'Dringlichkeit der Einhaltung' seiner früheren Ersuchen an die USA ein. Die Obama-Administration hat das Ersuchen bis heute ignoriert.

Allerdings offenbaren die WikiLeaks-Depeschen eine andere Geschichte: Sie zeigen, wie die amerikanische Regierung versucht hat, mit politischen Mitteln juristische Verfahren zu umgehen, und wie sie die Unabhängigkeit der spanischen Justiz missachtet hat. Die Depeschen beschreiben zahlreiche Treffen zwischen amerikanischen und spanischen Vertretern (einschließlich des spanischen Generalstaatsanwalts), in welchen die USA auf die Abweisung der Klage drängten. Auch beschreiben sie detailliert die Einmischung amerikanischer Beamter in andere Fälle, die die USA betreffen und die vor der spanischen Justiz anhängig sind.


Katherine Gallagher, leitende Rechtsanwältin bei CCR, bemerkte:

"Die Depeschen zeigen glasklar, dass die USA versuchten, Bemühungen um Gerechtigkeit in Spanien zu untergraben, um dafür zu sorgen, dass amerikanische Regierungsvertreter niemals für ihre Beteiligung an schwerwiegenden Verletzungen internationalen Rechts zur Verantwortung gezogen werden. Die amerikanische Regierung hatte mehr als ausreichend Zeit, auf das Informationsersuchen des spanischen Gerichts zu antworten. Sie haben damit nicht nur Verantwortlichkeit von sich gewiesen und eine Kultur der Straflosigkeit ermöglicht, sondern auch tatsächlich versucht, die Justiz in diesem Fall zu untergraben."

Wolfgang Kaleck, Generalsekretär von ECCHR stellte fest:

"Die amerikanische Regierung scheint eine unabhängige Justiz zu fürchten und versucht, europäische Staatsanwälte und Richter unter Druck zu setzen, um die Straflosigkeit von Folter zu garantieren. Wir hoffen, dass sich europäische Juristen diesem Druck widersetzen, sich erheben und ihre Unabhängigkeit verteidigen werden."


Für weitere Informationen im 'Bush Six'-Fall in Spanien, siehe:
http://www.ccrjustice.org/ourcases/current-cases/spanish-investigation-us-torture (über CCR) oder
http://www.ecchr.eu/us_accountability.html (über ECCHR).


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Quelle:
Pressemitteilung vom 15. Dezember 2010
European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) e. V.
Zossener Str. 55-58, Aufgang D, 10961 BERLIN
Telefon: + 49 - (0)30 - 40 04 85 90, Fax: + 49 - (0)30 - 40 04 85 92
E-Mail: info@ECCHR.eu
Internet: www.ecchr.eu


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2010