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GESELLSCHAFTSRECHT/025: Neues Recht für Vorstandsgehälter (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin, 11. März 2009

Neues Recht für Vorstandsgehälter


Die Bundesregierung hat heute auf Vorlage von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries eine Formulierungshilfe zum Handels- und Aktienrecht beschlossen. Die heute gebilligten Regelungsvorschläge sollen als Gesetzentwurf durch die Fraktionen von SPD und CDU/CSU eingebracht werden. Die Schärfung des rechtlichen Instrumentariums wird dafür Sorge tragen, dass bei der Vergütung von Vorständen verstärkt Anreize für eine nachhaltige und auf Langfristigkeit ausgerichtete Unternehmensentwicklung gesetzt werden.

"Wir stehen in der Politik zur Zeit vor der Aufgabe, den Schaden, den Manager am Finanzmarkt angerichtet haben, im Gemeinwohlinteresse so gut es geht zu begrenzen. In vielen Unternehmen wurde in der Vergangenheit zu stark auf das Erreichen kurzfristiger Parameter - wie etwa Umsatzzahlen oder Börsenkurse zu bestimmten Stichtagen - geschaut und das langfristige Wohlergehen des Unternehmens aus dem Blick verloren. Darüber sind sich alle einig: Das hat in erheblichem Maß zu der gegenwärtigen Krise beigetragen.

Das Verhalten von einigen Managern hat dazu geführt, dass die Grundlagen unseres Finanzmarktes ins Wanken geraten sind und nun durch staatliche Hilfen vom Steuerzahler im Lot gehalten werden müssen. Es ist es an der Zeit, dass die Politik den Ordnungsrahmen neu justiert. Die Koalition hat sich auf die Einführung langfristiger Verhaltensanreize bei Vergütungsvereinbarungen und längere Ausübungsfristen bei Aktienoptionsprogrammen geeinigt. Außerdem soll konkreter gesetzlich festgelegt werden, was eine angemessene Vergütung ist," sagte Zypries am Mittwoch in Berlin. "Es geht dabei gar nicht um die Höhe der Vergütung, die ist nicht Sache des Staates. Es geht aber darum, bei einer erfolgsabhängigen Bezahlung die richtigen Anreize zu setzen. Es muss auf den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens ankommen und nicht auf einen hohen Börsenkurs an einem bestimmte Stichtag", sagte Zypries weiter.

Die Regelungen im Einzelnen:

Die Vergütung des Vorstands einer Aktiengesellschaft muss künftig auch in einem angemessenen Verhältnis zu den Leistungen des Vorstands und der (branchen- oder landes-)üblichen Vergütung stehen. Es soll aber auch auf die Vergleichbarkeit im Unternehmen geschaut werden. Die Bezüge sollen zudem langfristige Verhaltensanreize zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung setzen. Es wird klargestellt, dass diese Vorgaben auch für anreizorientierte Vergütungszusagen (sog. "Boni") wie zum Beispiel Aktienbezugsrechte gelten. Aktienoptionen können künftig frühestens vier Jahre nach Einräumung der Option ausgeübt werden. Damit wird dem begünstigten Manager ein stärkerer Anreiz zu nachhaltigem Handeln zum Wohl des Unternehmens gegeben. Die Möglichkeit des Aufsichtsrats, die Vergütung bei einer Verschlechterung der Lage des Unternehmens nachträglich zu reduzieren, soll erweitert werden. Es bedarf hierfür einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, weil in bestehende Verträge eingegriffen wird. Eine solche Verschlechterung liegt zum Beispiel vor, wenn die Gesellschaft Entlassungen vornehmen muss und keine Gewinne mehr ausschütten kann. Eine Insolvenz ist dafür nicht erforderlich. Die Entscheidung über die Vergütung eines Vorstandsmitglieds soll künftig vom Plenum des Aufsichtsrates getroffen werden und darf - anders als bislang - nicht mehr an einen Ausschuss delegiert werden. Damit wird die Festsetzung der Vergütung transparenter. Die Haftung des Aufsichtsrates wird verschärft. Setzt der Aufsichtsrat eine unangemessene Vergütung fest, macht er sich gegenüber der Gesellschaft schadensersatzpflichtig. Damit wird klargestellt, dass die angemessene Vergütungsfestsetzung zu den wichtigsten Aufgaben des Aufsichtsrats gehört und er für Pflichtverstöße persönlich haftet. Die Unternehmen werden künftig zu einer weitergehenden Offenlegung von Vergütungen und Versorgungsleistungen an Vorstandsmitglieder im Falle der vorzeitigen oder regulären Beendigung der Vorstandstätigkeit verpflichtet. Damit erhalten die Anteilsinhaber einen besseren Einblick in den Umfang der mit dem Führungspersonal getroffenen Vereinbarungen. Schließlich können ehemalige Vorstandsmitglieder für eine "Cooling-Off" Periode von drei Jahren nach ihrem Ausscheiden aus dem Vorstand nicht Mitglied eines Prüfungsausschusses werden - damit sollen Interessenkonflikte vermieden werden.

Wesentliche Ursache des erheblichen Anstiegs der Gehälter war die extreme Ausweitung variabler, an die Gewinn- bzw. Börsenkursentwicklung der Unternehmen gekoppelter Vergütungsbestandteile für das Top-Management. Das bildet einen Anreiz, das Tagesgeschäft eher an kurzfristig ausgerichteten Interessen von Anteilseignern an der Steigerung des Börsenwertes ("shareholder value") auszurichten. Das Interesse der Belegschaften an einer nachhaltigen Sicherung von Arbeitsplätzen und Standorten gerät dadurch in den Hintergrund. Die gemeinsame Arbeitsgruppe der Koalitionsfraktionen hat seit September 2008 daran gearbeitet, die von kurzfristig ausgerichteten Vergütungsinstrumenten ausgehenden Verhaltensanreize zu beseitigen. Die Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass diese das nachhaltige Wachstum von Unternehmen gefährden können und zum Eingehen unverantwortlicher Risiken verleiten. Dem sollen die Neuregelungen entgegenwirken, auf die sich die Koalitionsfraktionen am 4. März 2009 geeinigt hatten.

Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Ziel ist es, die parlamentarischen Beratungen noch vor der Sommerpause abzuschließen.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 11.03.2009
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Dr. Henning Plöger, Dr. Isabel Jahn,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2009