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FAMILIENRECHT/222: Scheinselbstständigkeit beim Versorgungsausgleich zu berücksichtigen? (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 18. September 2019

Rubrik: Ratgeber/Service/Recht/Familie

Scheinselbstständigkeit beim Versorgungsausgleich zu berücksichtigen?


Düsseldorf/Berlin (DAV). Ein Versorgungsausgleich ist bei einer Scheidung nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil ein Partner selbstständig war und keine eigene Versorgungsanrechte erworben hat. Das entsprach dann der gemeinsamen Lebensplanung des Paares. Stellt sich allerdings hinterher heraus, dass der Partner scheinselbstständig war, sind die nachzuzahlenden Beiträge zur Rentenversicherung für die Trennungszeit zu berücksichtigen. Die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 3. August 2018 (AZ: II-6 UF 116/17).

Das Paar heiratete 2003 und hat zwei gemeinsame Kinder. Sie trennten sich 2011. Beide waren berufstätig, jedoch hat der Mann aufgrund seiner Selbstständigkeit keine Altersversorgungsansprüche erworben. Sie stritten nun um den Versorgungsausgleich, mit dem die Anwartschaften für die Altersversorgung ausgeglichen werden. Die Frau stellte den Scheidungsantrag erst 2015. Gemäß Beschluss des Gerichts wurde zu ihren Lasten ein Versorgungsausgleich durchgeführt. Noch vor der Scheidung stellte sich heraus, dass der Mann wegen Scheinselbstständigkeit für die Jahre 2011 bis 2017 in die Rentenversicherung insgesamt über 22.000 Euro nachzahlen muss. Diese wurden beim Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt.

Das Oberlandesgericht korrigierte die Entscheidung. Die Frau könne sich nicht darauf berufen, dass ein Versorgungsausgleich gänzlich zu unterbleiben habe. Ihre Behauptung, ihr Ex-Mann habe es als Selbstständiger leichtfertig und illoyal unterlassen, Altersvorsorge zu betreiben, überzeuge nicht. Zum einen habe sie nicht ausgeführt, warum dies ihr gegenüber illoyal gewesen sein solle. Man müsse berücksichtigen, dass beide "die ehelichen Lebensverhältnisse gemeinsam gestaltet haben und sich auch ihr eigener Lebensstandard aufgrund der nicht für die Altersvorsorge gebundenen Mittel während der Zeit des Zusammenlebens erhöht hat", so das Gericht.

Allerdings kürzte das Gericht die Rentenanwartschaften für den Mann - dies im Hinblick auf den Trennungszeitraum, für den der Mann wegen der Scheinselbstständigkeit bei der Rentenversicherung nachzahlen muss. Einen generellen Wegfall des Versorgungsausgleichs lehnte das Gericht ab.

Information: www.dav-familienrecht.de

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Quelle:
Pressemitteilung FamR 16/19 vom 18. September 2019
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. September 2019

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