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FAMILIENRECHT/132: Nur noch ganz wenige Sonderregeln für Transsexuelle (Rieder Media)


Rieder Media - Pressemitteilung vom 08.09.2010

Im Familienrecht gibt es für Transsexuelle nur noch ganz wenige Sonderregeln


Bonn, den 08. 09. 2010 - Die Medizin kann helfen, wenn ein Mensch den Wunsch hat, sein angeborenes Geschlecht zu verändern. Dabei wird eine Geschlechtsanpassung von zahlreichen Rechtsvorschriften geregelt, da ein solcher Schritt viele Rechtsfragen von der Anerkennung des neuen Personenstandes bis zu den Auswirkungen im Ehe- und Familienrecht berührt. "Das kann einige juristische Schwierigkeiten auf dem Weg zu einer neuen Identität bedeuten", erläutert Dr. Luise Glawatz, Rechtsanwältin der Bonner Anwaltssozietät Eimer Heuschmid Mehle. "Erfreulicherweise sind in der letzten Zeit einige diskriminierende Regelungen bezüglich der Behandlung Transsexueller aus dem Familienrecht verbannt worden."

Der Gesetzgeber folgte bereits 1980 dem medizinischen Fortschritt mit Verabschiedung des Transsexuellengesetzes (TSG). Dieses unterscheidet zwei Wege der Geschlechtsannäherung beziehungsweise -anpassung. Die sogenannte "kleine Lösung" bedeutet die Änderung des Vornamens in einen anderen Vornamen des anderen Geschlechts, wobei der Personenstand unverändert bleibt. Glawatz erklärt: "Mit einer Eheschließung wird die Namensänderung allerdings wieder unwirksam. Dagegen ist die Änderung des Vornamens in einer bestehenden Ehe durchaus möglich." Ebenso wird eine Vornamensänderung unwirksam, sollte innerhalb von dreihundert Tagen ab Änderung ein Kind geboren werden, dessen Vater der Transsexuelle ist.

Bei der sogenannten "großen Lösung" erfolgt eine tatsächliche Änderung des Personenstandes zum anderen Geschlecht. Hier verlangt der Gesetzgeber eine geschlechtsangleichende Operation. Danach ist auch eine Heirat nach dem neuen Geschlecht möglich. War der Transsexuelle bereits verheiratet, sah das Gesetz früher eine vorherige Scheidung vor. Diese Regelung hat das Bundesverfassungsgericht nun verworfen. Ein Ehepartner kann jetzt also während bestehender Ehe zum anderen Geschlecht übertreten, mit der Folge, dass sodann zwei Personen gleichen Geschlechts "verheiratet" sind.

Allerdings kann der andere Ehepartners mit Hinweis auf eine bestehende Transsexualität des Partners eine Scheidung auch ohne Einhaltung des Trennungsjahrs verlangen, wenn er die Ehe wegen der Transsexualität des anderen nicht fortführen will.

Ein weiteres Problem entstand bei einem transsexuellen Mann, der, nachdem er offiziell den Personenstand einer Frau angenommen hatte, die Vaterschaft zu seinen Kindern anerkennen wollte. Erst ein Gericht entschied, dass dies möglich ist. Bei der Anerkennung wird er jedoch mit seinem alten, männlichen Vornamen in das Geburtsregister eingetragen.

"Im Übrigen sollten nach der jetzigen Gesetzeslage Transsexuelle im Familienrecht vollständig gleich behandelt werden. Dies gilt beispielsweise auch für das Sorgerecht", berichtet Glawatz. So ist die Übertragung des Sorgerechts an einen transsexuellen Elternteil natürlich möglich. Und bestehende Unterhaltspflichten werden durch eine Geschlechtsanpassung auch nicht berührt.

In Bezug auf homosexuelle Transsexuelle ist die Gesetzeslage derzeit leider noch ungeklärt und unzureichend. Das Bundesverfassungsgericht entschied zwar, dass ein männlicher Transsexueller mit weiblich geänderten Vornamen (kleine Lösung) seinen Vornamen nicht durch eine Heirat verlieren darf, wie es das TSG eigentlich vorsieht. Ungelöst bleibt jedoch die Frage, wie ein homosexueller Transsexueller eine Partnerschaft zu einer Person gleichen (neuen) Geschlechts legalisieren kann. Bei einer Heirat verlor er bisher den Vornamen, eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft ist ohne Geschlechtsangleichung ebenfalls nicht möglich.

Infos: www.ehm-kanzlei.de


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Quelle:
Pressemitteilung vom 8. September 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. September 2010