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ROHSTOFFE/043: Lateinamerika besitzt ein Fünftel aller Erdölreserven - Neue Projekte geplant (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. Juli 2011

Lateinamerika: Region besitzt ein Fünftel aller Erdölreserven - Neue Projekte geplant

Von Gonzalo Ortiz


Quito, 19. Juli (IPS) - Trotz ihrer negativen Auswirkungen auf die Umwelt werden fossile Brennstoffe in Lateinamerika und der Karibikregion nicht so bald ins Hintertreffen geraten. Untersuchungen haben ergeben, dass die Region sogar noch mehr Erdölvorkommen besitzt als lange angenommen wurde.

Die bekannten Ölreserven in der Region machen nach Angaben der Lateinamerikanischen Energieorganisation OLADE 20 Prozent aller weltweiten unterirdischen Vorkommen von insgesamt fast 1,7 Billionen Barrel aus. An der Spitze aller Länder steht Venezuela, wo nachweislich 297 Milliarden Barrel vorhanden sind. Vor allem im Orinoco-Gürtel lagern große Mengen an Schweröl.

OLADE zufolge wurde 2009 ein Anstieg der weltweit bestätigten Rohölreserven um 20 Prozent verzeichnet, in Lateinamerika und der Karibik sogar um 40 Prozent. Venezuela verfügt über 85 Prozent der Reserven der Region. Lateinamerika ist die ölreichste Region nach Nahost, wo sich 55 Prozent der Ölreserven befinden.

OLADE präsentierte die Zahlen kürzlich auf einer gemeinsam mit der ecuadorianischen Regierung veranstalteten Tagung in der Hauptstadt Quito. Demnach können in Lateinamerika und der Karibik mindestens 345 Milliarden Barrel Öl gefördert werden.

"Der Anstieg bei den nachgewiesenen Reserven wird Venezuela dabei helfen, einer der weltweit wichtigsten Öl- und Gaslieferanten zu bleiben", frohlockte Nelson Martínez, der die Amerika-Abteilung des venezolanischen Konzerns PDVSA leitet, im Gespräch mit IPS.


Umfangreiche Reserven auch in Brasilien

Aber auch Brasilien stieß in den vergangenen Jahren auf große Vorkommen vor seiner Atlantikküste. Dort wurden beispielsweise das Tupi-Ölfeld mit etwa 33 Milliarden Barrel und das Jupiter-Ölfeld mit rund zwölf Milliarden Barrel entdeckt. Damit hat das Land einen Anteil von fünf Prozent an den regionalen Ölreserven.

Den dritten Rang unter Lateinamerikas Erdölriesen nimmt Mexiko ein, wo seit 2009 davon ausgegangen wird, dass mehr als 137 Milliarden Barrel auf dem Meeresgrund in dem Paleocanal Chicontepec Ölfeld lagern. Damit steht Mexiko mit vier Prozent der Ölquellen noch weit oben auf der Liste, auch wenn das Land in den vergangenen 15 Jahren einen Rückgang der Reserven verzeichnen musste.

Ecuador folgt mit drei Prozent der Reserven, die zwischen 2007 und 2008 um 63 Prozent hochgestuft wurden. Unter anderem wurde der Umfang des ITT-Ölfelds mit 960 Millionen Barrel bestätigt. Die Förderung dieser enormen Rohölbestände in einem Naturschutzgebiet scheint indes näher zu rücken. Die Regierung hatte im Rahmen der Yasuní-ITT-Initiative vorgeschlagen, auf die Ölförderung zu verzichten, wenn die Staatengemeinschaft einen finanziellen Ausgleich leistet. Doch bisher nehmen sich die bereit gestellten Mittel äußerst spärlich aus.

Die übrigen Staaten Lateinamerikas und der Karibik verfügen zusammen über weitere drei Prozent der regionalen Vorkommen und suchen ständig nach neuen Quellen. Argentinien hat für den Zeitraum 2010 bis 2014 gemeinsam mit dem spanisch-argentinischen Repsol-Konzern ein Explorationsprogramm gestartet.

OLADE zufolge besaß das Land 2009 nachgewiesene Ölreserven, die für die kommenden elf Jahre ausreichen würden. Venezuelas Vorkommen reichen demnach noch für 201 Jahre. Ecuador hat für 38 Jahre genug, Brasilien für 18 Jahre, Kolumbien für acht und Mexiko für elf Jahre, wobei das Ölfeld Paleocanal Chicontepec noch nicht eingerechnet ist.

Uruguay begibt sich derweil nach vielversprechenden Testergebnissen auf dem Festland und im Meer auf die Suche nach Ölquellen. Mexiko will bis 2019 mehr als 27 Milliarden US-Dollar in die Erschließung weiterer Erdölfelder investieren. Wie der Manager Gustavo Hernández García von dem staatlichen Ölunternehmen Pemex erklärte, wird der Staat seine Bohrausrüstungen grundlegend erneuern müssen. Das Equipment ist zwischen 37 und 52 Jahre alt.

Der brasilianische Konzern Petrobras plant Investitionen im Umfang von 73 Milliarden Dollar bis 2015, um mit anderen Partnern im Santos-Becken vor der südöstlichen Küste mit Explorationen zu beginnen.


Venezuela stößt Raffinerien in Deutschland ab

Venezuela wiederum hat mit seinem im Juni 2005 gestarteten Projekt 'Magna Reserva' die nachgewiesenen Reserven im Orinoco-Gürtel um das 34-Fache erhöht. In dem Gebiet soll an 10.500 Stellen nach Öl gebohrt werden. Außerdem sind der Bau von zwei Raffinerien und eines neuen Exportterminals für Schiffstransporte geplant. Spätestens 2015 will das Land nach Angaben von Martínez täglich 4,5 Millionen Barrel fördern.

Dafür reduziert PDVSA seine Investitionen in Europa. Auch Deutschland ist davon betroffen. "Es ist für uns nicht mehr sinnvoll, Raffinerien in Gelsenkirchen und Karlsruhe zu behalten, denen wir durch Swap-Geschäfte mit Russland täglich 250.000 Barrel Öl liefern müssen", sagte Martínez. Deshalb seien die Raffinerien gerade an Russland verkauft worden. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.olade.org.ec/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=98650
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=56498

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juli 2011