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MELDUNG/192: Gefährlich einsamer Kampf - Anleitung für Whistleblower (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. Mai 2011

Wirtschaft:
Gefährlich einsamer Kampf - Anleitung für Whistleblower

Von Elizabeth Whitman


New York, 19. Mai (IPS) - Firmenmitarbeiter, die Missstände in ihren Betrieben aufdecken, haben einen schweren Stand. Fliegen sie auf, können sie am besten gleich einen anderen Job suchen, denn als 'Nestbeschmutzer' sind sie nicht mehr gelitten. Ein Handbuch für Whistleblower soll den Betreffenden helfen, die Wahrheit so einzusetzen, dass sie selbst nicht als Märtyrer auf der Strecke bleiben.

Machtmissbrauch, Korruption, schädliche Produktionsprozesse von Konzernen im Interesse ihrer Aktionäre haben einen hohen Preis. Sie prellen Staaten um Steuereinnahmen, gefährden Mensch und Natur und unterwandern die Rechtstaatlichkeit. Doch wer sich traut, gegen solche Missstände die Stimme zu erheben, betritt ein Minenfeld. "Kein Weg hat so viele Fallstricke wie der, der sich dem Machtmissbrauch stellt", heißt es in dem 'Handbook for Committing the Truth: The Corporate Whistleblower's Survival Guide'.

In dem Buch wägen die Autoren Tom Devine and Tarek Maassarani das Für und Wider einer solchen schwierigen Entscheidung ab, die das Leben der Informanten nachhaltig verändern wenn nicht gar zerstören kann. Das Kompendium gibt wertvolle Tipps, wie das Fehlverhalten von Konzernen möglichst effektiv und schonend für den Whistleblower in die Öffentlichkeit gebracht werden kann.


Auf das schlimmste vorbereitet sein

"Whistleblower mit ihrem Insider-Wissen sind wahre Trümpfe, die wirklich etwas bewirken können", sagte Devine im IPS-Gespräch. "Allerdings sollten sie selbst auf das Schlimmste vorbereitet sein." Konzerne vermittelten ihren Mitarbeitern oft das Gefühl, dass sie nur kleine Räder im großen Getriebe und somit der Übermacht der Konzerne nicht gewachsen seien. "Werden sie in die Enge getrieben, drehen die Unternehmen den Spieß um und sorgen dafür, dass die mutigen Informanten zur Zielscheibe von Kritik und Drohungen werden."

Missstände von Konzernen aufzudecken, ist ein oftmals erfolgloses Geschäft. "Whistleblower sind einsame und gestresste Menschen", sagte Devine. "Es ist keine Seltenheit, dass am Ende Ehen und Beziehungen zerbrechen." Das ist ein Grund, warum die Autoren ihr Buch auch als Abschreckung verstanden wissen wollen. Jeder potenzielle Whistleblower müsse wissen, dass der Mut zur Wahrheit den beruflichen und privaten Selbstmord bedeuten kann.

"Das Buch ist als Abschreckung für diejenigen gedacht, die nicht auf einen solchen Marathon vorbereitet sind, auf die schmutzige Wäsche, die gewaschen wird, wenn sie Machtmissbrauch öffentlich machen. Auf halbem Wege aufzugeben, schadet der guten Sache", erklärte Devine.


Wahrheit als Waffe

Für Festentschlossene ist das Buch eine nützliche Anleitung. Es gibt Auskunft über die Möglichkeiten und Herausforderungen, die das Engagement gegen korrupte Firmenmanager mit sich bringt. Einzelne Verfahrensweisen werden nuanciert vorgestellt, um die Betroffenen zu befähigen, die für sie besten und effektivsten Entscheidungen zu treffen, etwa in der Frage, ob es besser ist, einen Vorgesetzten anzusprechen oder die Medien einzuschalten.

Den Autoren zufolge sind Unternehmen erfinderisch, wenn es darum geht, ihre Interessen rücksichtslos durchzusetzen. Allerdings sei nichts so mächtig wie die Wahrheit, werde sie strategisch eingesetzt, meinte Devine. Selbst wenn Whistleblower erfolglos blieben, gebe es Grund für Optimismus. "Sie bringen ans Licht, was oft nur im Dunkeln gedeihen kann." (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.whistleblower.org/
http://www.whistleblower.org/blog/31-2010/1075-corporate-whistleblowers-survival-guide-published
http://www.soxlaw.com/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=55690

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 19. Mai 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Mai 2011