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INTERNATIONAL/284: Südostasien - ASEAN engagiert sich für verantwortungsbewusstes Unternehmertum (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. November 2015

Südostasien: ASEAN engagiert sich für verantwortungsbewusstes Unternehmertum

von Diana G. Mendoza


KUALA LUMPUR (IPS) - Als Anis Yusal Yusoff neun Jahre alt war, begriff er, was Rechtschaffenheit bedeutet. Sein Vater fuhr eines Tages zu einem Straßenhändler zurück, um ihm 47 malaysische Cent zu geben, die er für ein Essen bei ihm zu wenig bezahlt hatte. Heute vertritt Yusoff solche Werte als Präsident und Geschäftsführer des 'Malaysian Institute of Integrity'.

"Wir kehrten zu dem Händler zurück, um ihm das zu geben, was ihm zustand, auch wenn es weniger als ein US-Dollar war", erinnerte sich Yusoff kürzlich in einer Rede vor Vertretern des 'ASEAN Responsable Business Forum' in der Hauptstadt Kuala Lumpur. "Es hört sich vielleicht klischeehaft an, doch Integrität sollte jedem Menschen früh im Leben nahegebracht werden, damit er diese Werte in sein Erwachsenenleben mitnehmen kann. Das gilt insbesondere für Menschen, die später in der freien Wirtschaft landen."

Bei einem Spaziergang im Park könne ein Kind lernen, dass man Abfall nicht achtlos wegwirft und Blumen nicht zertrampelt, erklärte er. "Denn der Park gehört allen. Und alle, die ihn nutzen, sollten sich auch um ihn kümmern."

Diese simplen Erkenntnisse scheinen auf den ersten Blick nicht viel mit Themen wie Dividenden oder Gewinnspannen zu tun zu haben, über die Geschäftsleute für gewöhnlich beraten. An der Arbeitsweise von großen und kleinen Unternehmen erkenne man jedoch, wie es um Integrität in der Wirtschaftswelt steht, so Yusoff.


'ASEAN Economic Community' startet im Dezember

Derartige Überlegungen standen im Zentrum des dreitägigen Forums, das vom Netzwerk für Unternehmensverantwortung (CSR) des Verbands Südostasiatischer Staaten (ASEAN) organisiert wurde. Mit Blick auf den bevorstehenden Start der ASEAN-Wirtschaftsgemeinschaft noch in diesem Monat diskutierten in Kuala Lumpur etwa 250 Vertreter des öffentlichen Sektors, der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft über verantwortungsbewusste Geschäftspraktiken und Partnerschaften. Auf der Tagesordnung standen Fragen wie die Achtung der Menschenrechte, Garantien für angemessene Arbeitsplätze und der Kampf gegen die Korruption.

Eine gerechte, inklusive und nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft hängt oftmals vom aktiven Zutun von Unternehmen ab, wie Redner während des Forums hervorhoben. Eine Firma könne nur so gut sein, wie die Personen, die sie leiteten, sagte Lim Wee Chai, Gründer und Vorsitzender des Unternehmens 'Top Glove Corp', das Gummihandschuhe produziert. "Wir ermutigen unsere Mitarbeiter dazu, Gutes zu tun. Dazu gehört etwa das tägliche Aufsammeln von Müll oder das Tragen eines Stickers gegen Korruption."

Angesichts der grenzüberschreitenden Tätigkeit von ASEAN müsse zudem sichergestellt sein, dass sich auch die Nachbarn ähnlich verhielten, sagte Lim. Die Vorsitzende des CSR-Netzwerks, Yanti Triwadiantini, hob hervor, dass der private Sektor an der Ausarbeitung verantwortungsvoller Geschäftspraktiken beteiligt werden müsse, wenn die wirtschaftliche Integration durch den Start der ASEAN-Gemeinschaft neuen Schwung erhalte.

Offiziell wird die 'ASEAN Economic Community' auf dem 27. Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsländer vom 18. bis 22. November in Kuala Lumpur aus der Taufe gehoben. Die größte regionale Vereinigung wird damit zu einer wirtschaftlichen, sozio-kulturellen und politischen Gemeinschaft, die mehr als 600 Millionen Menschen einschließt. Theoretisch wird ASEAN zur siebtgrößten Volkswirtschaft der Welt. Im Jahr 2013 hatte das Bruttoinlandsprodukt insgesamt 2,4 Billionen US-Dollar betragen.


Mehr Schutz für schwache Gesellschaftsgruppen

"Das Jahr 2015 ist ein Meilenstein für ASEAN", erklärte Yanti, die zugleich dazu ermahnte, die Entwicklungslücke zwischen den reicheren und ärmeren Mitgliedsstaaten zu verkleinern, indem besonders schwache Gesellschaftsgruppen wie Kinder, Frauen und Arbeitsmigranten geschützt würden. "Viele Probleme werden heute von verantwortungslosen Unternehmen verursacht, die die derzeitigen Umstände dazu ausnutzen, maximalen Profit auf Kosten von Mensch und Umwelt zu machen", kritisierte sie und verwies dabei auf das Smogproblem in der Region.

Die Gier nach Gewinnen habe dazu geführt, dass Plantagenbesitzer und Firmen in Indonesien Brandrodung betrieben. Dadurch werde die Luft in etlichen Ländern Südostasiens verschmutzt, und es entstünden regionale Spannungen, sagte Yanti. In diesem Jahr habe die Smogbelastung den höchsten Stand seit 1997 erreicht.

Auch über das Problem der Korruption wurde in Kuala Lumpur heftig debattiert. "Oft kommt Bestechlichkeit ins Spiel, wenn die Regierung Geschäfte mit dem Privatsektor treibt", sagte Francesco Checchi, regionaler Berater für Anti-Korruptionsmaßnahmen des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC). Internationale Mechanismen wie die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) könnten dabei helfen, Bestechlichkeit nicht nur zu bekämpfen, sondern von vorn herein zu verhindern.

"Korruption hat die Integrität fast aller Institutionen zerstört", erklärte José Cortez, Exekutivdirektor der 'Integrity Initiative Inc' auf den Philippinen. In seinem Land verpflichteten sich Institutionen inzwischen dazu, ihre Geschäfte transparent und ehrlich zu führen. "Wenn Transparenz in der Firmenkultur einen wichtigen Platz hat, ist es einfacher, korrupte Praktiken zu erkennen." (Ende/IPS/ck/06.11.2015)

* Dieser Bericht ist Teil der Serie 'Reporting ASEAN: 2015 and Beyond' von IPS Asia-Pacific und Probe Media Foundation Inc.


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/10/southeast-asia-how-to-make-good-business-out-of-doing-good/

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IPS-Tagesdienst vom 6. November 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2015

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