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INTERNATIONAL/185: Südafrika - Fortgeschrittene Waffenindustrie des globalen Südens (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. Dezember 2013

SÜDAFRIKA: Fortgeschrittene Waffenindustrie des globalen Südens

Von Thalif Deen



New York, 12. Dezember (IPS) - Während des weißen Apartheidregimes wurde Südafrika hochgerüstet und die Sicherheitskräfte konnten auf hochentwickelte Waffensysteme zurückgreifen. Zu den breit gefächerten und lokal hergestellten Rüstungsgütern gehören auch Waffen, von denen einige auch als Waffen zur Aufstandsbekämpfung eingestuft werden, gehören Transport- und Kampfhubschrauber, gepanzerte Mannschaftstransportwagen, Militärlaster, gepanzerte Personenschutzfahrzeuge, Sturm- und Handgewehre und Tränengaswerfer.

Um die Stärke seiner Waffen unter Beweis zu stellen, hatte Südafrika rasch auf eine Anfrage der Vereinten Nationen im vergangenen Oktober reagiert und drei Kampf- und zwei Allzweckhubschrauber für die UN-Friedenstruppen in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) geliefert. Gleichzeitig ist der Kapstaat das einzige Land der Welt, das sein Atomwaffenprogramm freiwillig aufgegeben hat. Das macht das Land zu einem Pionier unter den Atomwaffenstaaten.

Wie Nicole Auger, eine auf Nahost und Afrika spezialisierte Militäranalystin des Marktforschungsinstituts 'Forecast International', gegenüber IPS erklärte, nahm die südafrikanische Rüstungsindustrie eigentlich erst in den 1980er Jahren Gestalt an und schloss inzwischen zu den führenden Waffenschmieden der Welt auf. "Nach den Wahlen 1994, als Nelson Mandela und sein Afrikanischer Nationalkongress (ANC) an die Macht kamen, verlangsamte sich die Entwicklung der Rüstungsindustrie aufgrund von Einsparungen im Verteidigungsetat und dem Mangel einer unmittelbaren Sicherheitsbedrohung", fügte sie hinzu.


Gigant unter den Entwicklungsländern

Doch ist die südafrikanische Rüstungsindustrie innerhalb der nicht-westlichen Welt und im Vergleich zu den IBSA-Partnerländern Indien und Brasilien herausragend. Ausschlaggebend für die Apartheid, lokal aufzurüsten, waren hauptsächlich zwei Faktoren: die Aufstände der schwarzen Mehrheitsbevölkerung und das UN-Waffenembargo.

Pieter Wezeman zufolge, Wissenschaftler des Waffentransferprogramms des Internationalen Friedensforschungsinstituts in Stockholm, bedient die südafrikanische Rüstungsindustrie die Nachfrage nach Nischenprodukten wie technologisch fortgeschrittene Panzerfahrzeuge und Panzerabwehrlenkraketen. "Doch ist sie mehr und mehr Teil der globalen Waffenindustrie geworden, indem sie etwa Militärkomponenten für anderenorts produzierte Rüstungssysteme herstellte", sagte er. "Südafrika liefert derzeit Waffen und andere Rüstungsgüter an viele Länder - von den USA bis China, von Schweden bis Sambia."

Die USA wurde zum Kunden, als sie dringend gepanzerte Minenschutzfahrzeuge für den Einsatz im Irak und in Afghanistan brauchte. Südafrika war damals weltführender Hersteller solcher Fahrzeuge einschließlich des Truppentransporters 'Casspir', wie Wezeman erläuterte. Ihre Entwicklung geht auf die Apartheid-Ära zurück, als die südafrikanischen Streitkräfte die Rebellengruppen in Simbabwe und Namibia, die damals Rhodesien und Südwestafrika hießen, bekämpften.

Südafrika stand damals kurz davor, mit Hilfe seines hochentwickelten geheimen Nuklearprogramms zur Atommacht aufzusteigen - trotz der Gefahr, von der globalen Gemeinschaft geächtet zu werden. Sieben Atomwaffen wurden später unter Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde zerstört.

Jayantha Dhanapala, ein ehemaliger Untergeneralsekretär für Abrüstungsfragen, erklärte gegenüber IPS, dass Südafrika als einziges Land der Welt sein Atomprogramm (1974 bis 1990) freiwillig aufgegeben hat - und damit anderen Atomwaffenstaaten zum Vorbild gereicht. 1991 trat Südafrika dann als Nicht-Atomwaffenstaat dem Atomwaffensperrvertrag bei.

"Präsident (F.W.) de Klerk, der zusammen mit Nelson Mandela den Friedensnobelpreis erhalten hat, erzählte mir, dass er nichts über das Atomwaffenprogramm wusste, bis er Staatspräsident wurde und sich entschloss, das Programm zu stoppen", meinte Dhanapala, einer der bekanntesten Kernwaffenabrüstungsexperten der Welt.


UN-Waffenembargo war Startschuss für die Aufrüstung

Auger zufolge war das UN-Waffenembargo die eigentliche treibende Kraft hinter dem Aufschwung der südafrikanischen Rüstungsindustrie. Vor dem Embargo hatten Rüstungsfirmen Lizenzen von anderen Ländern wie Deutschland, Frankreich, Israel und Italien erworben, was den Antrieb, eigene Waffen zu entwickeln, kleinhielt. Das 1977 verhängte UN-Waffenembargo führte dann zu einem Umdenken und dem Wunsch, zum Waffenselbstversorger zu werden. Führende südafrikanische Waffenproduzenten waren damals 'Denel' und ARMSCOR, der staatliche Rüstungskonzern.

Wezeman zufolge gerieten die internationalen Waffenexporte nach Südafrika in den 1990er Jahren in die Kritik. So mehrten sich die Stimmen, die die Lieferung von Unterdrückungswaffen an die Apartheid als unmoralisch verurteilten.

"Später unterstützte auch die neue ANC-Regierung die eigenen Rüstungsunternehmen. Sie argumentierte ähnlich wie alle anderen waffenproduzierenden Staaten. Der Sektor generiert Einnahmen, wirkt als Katalysator für die technologische Entwicklung und lässt sich außenpolitisch, vor allem innerhalb Afrikas, instrumentalisieren", unterstrich Wezeman. "Doch spielt Südafrika als Waffenlieferant des Kontinents eine eher untergeordnete Rolle." (Ende/IPS/kb/2013)

Link:
http://www.ipsnews.net/2013/12/south-africas-arms-industry-advanced-global-south/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Dezember 2013