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INTERNATIONAL/176: Uruguay - Tiefseehafen soll kleines Land zum regionalen Logistikzentrum machen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. November 2013

Uruguay: Tiefseehafen soll kleines Land zum regionalen Logistikzentrum machen

von Pablo Tosquellas


Bild: © Daniel Stonek CC BY 3.0

Blick auf den Hafen von Montevideo
Bild: © Daniel Stonek CC BY 3.0

Montevideo, 8. November (IPS) - Uruguay will mit dem Bau eines Tiefseehafens an der Atlantikküste zu einem wichtigen regionalen Warenumschlagplatz werden. Doch das im Departement Rocha geplante Projekt stößt auf Widerstände. Im Land selbst ist das Vorhaben vor allem aus touristischen und ökologischen Erwägungen umstritten. Und auch das benachbarte Argentinien mauert, wittert es Konkurrenz für die eigenen Häfen.

Wie aus regierungsnahen Quellen hervorgeht, sollen die verschiedenen Terminals etappenweise gebaut werden. Der ausgewählte Standort sei aufgrund seiner natürlichen Wassertiefe von 20 Metern ideal, um zu einem attraktiven Umschlagplatz für Mineralien und Getreide aus den Nachbarländern zu werden, heißt es.

Wie Uruguays Transportminister Enrique Pintado gegenüber IPS erklärte, muss man sich das Projekt wie eine "Kooperative" südamerikanischer Staaten vorstellen, die Einsparungen bei den Frachtkosten gewährleisten und Ziele wie Südostasien und China zu "weniger verzerrten Preisen" ansteuern könne.

Den Berechnungen der Interministeriellen Tiefseehafenkommission zufolge ließen sich mit Hilfe des Projekts die Logistikkosten für den Warenverkehr in Richtung Asien um 50 Prozent senken. Außerdem könnten in dem Tiefseehafen langfristig 50 Millionen Tonnen Waren pro Jahr abgefertigt werden.


Konkurrenz

Doch die uruguayischen Pläne stoßen im Nachbarland Argentinien auf offene Ablehnung. So hat die Regierung in Buenos Aires Ende Oktober verboten, argentinische Exporte über uruguayische Häfen abzuwickeln. Die Anweisung könnte dazu führen, dass der Hafen der Hauptstadt Montevideo seine Aktivitäten um 25 Prozent zurückfahren muss. In Montevideo werden jährlich mehr als elf Millionen Tonnen Waren umgeschlagen, fast ebenso viel in Buenos Aires, der Hauptstadt von Argentinien, das 16 Mal größer ist als Uruguay und das 13-Fache an Menschen zählt.

Dem uruguayischen Minister Pintado zufolge sind die regionalen Häfen wie Santos im Südosten Brasilien am Rand ihrer Kapazitäten angelangt. Dies wiederum wirke sich in exzessiven Verzögerungen bei der Einfuhr der Waren aus, In Santos werden jährlich mehr als 100 Millionen Tonnen Waren abgefertigt.

Uruguay hofft zu einem Logistikzentrum für die Getreide- und Rohstofflieferungen Brasiliens, Boliviens, Argentiniens und Paraguays nach China und Südostasien zu werden. Genta zufolge würde sich der Tiefseehafen in Rocha auch schon für die Verschiffung einheimischer Erzeugnisse lohnen.

Damit spielte er auf das Aratirí-Projekt in der Landesmitte an, für das sich die indische Firma 'Zamin Ferrous' beworben hat. Sie verspricht sich von der Übertagemine die Produktion von 18 Millionen Tonnen Eisen im Jahr. Sowohl das Aratirí- als auch das Hafenprojekt sollen nach Abschluss wirtschaftlicher, topographischer, technischer und ökologischer Untersuchungen im nächsten Jahr genehmigt und ausgeschrieben werden.

Im Januar wurde bereits das Gesetz für den Hafenbau im südöstlichen Departement Rocha verabschiedet. Doch der Standort befindet sich in der Nähe der Tourismuszentren Mar del Plata, El Palenque und San Francisco. Für das auf einer Gesamtfläche von 3.027 Hektar geplante Hafengelände müssten Landeigentümer enteignet und entschädigt werden. Im Juli hat die Regierung potenzielle Nutzer des Tiefseehafens um Rückmeldungen gebeten.

Das Küstengebiet um Mar del Plata, El Palenque und San Francisco ist dünn besiedelt und zeichnet sich durch ewig lange weiße Strände und eine raue Natur aus. An dem äußeren Ende des insgesamt 46 Kilometer langen Küstenstreifens liegen La Paloma, die Touristenhochburg von Rocha, und das Rocha-Kap mit seinem Naturschutzgebiet und seinen berühmten Wanderdünen.

Nach Ansicht der Gegner des geplanten Tiefseehafens, insbesondere der Bewegung für ein nachhaltiges Uruguay, gibt es derzeit keinen Grund zu der Annahme, dass ein solcher Tiefseehafen bei den Nachbarländern auf Interesse stoßen würde. Als Umschlagplatz käme der Hafen bestenfalls für das Eisen aus der Aratirí-Mine in Frage, deren Inbetriebnahme jedoch noch nicht vollständig abgesegnet ist und überdies auf heftigen Widerstand stößt. Die Gegner haben zudem Rechtsmittel gegen den Tiefseehafen eingelegt.

Minister Pintado ist der Meinung, dass sich Uruguay die Chance nicht entgehen lassen darf, zu einem Logistikzentrum für Waren nach und aus Asien zu werden. Mittelfristig sei zu erwarten, dass in Rocha Getreide, Eisen, Erdöl und dessen Derivate abgefertigt würden.

Die Behörden schätzen die Kosten für den Tiefseehafen auf eine Milliarde Dollar. Die Investitionen sollen etappenweise getätigt werden, wobei die Nachfrage die Zahl der Terminals bestimmt. Das Unternehmen 'Corporación Navíos SA' mit Sitz in der Freihandelszone von Nueva Palmira, wo der Fluss Uruguay in den Paraná einfließt, hat bereits Interesse an Investitionen in den Tiefseehafen bekundet. Das Unternehmen lagert und verlädt Waren aus Argentinien, Brasilien, Bolivien, Paraguay und Uruguay, die über die Flüsse und über das Meer an- und ausgeliefert werden. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.puertodeaguasprofundas.gub.uy/
http://movusuruguay.org/
http://www.ipsnoticias.net/2013/11/uruguay-aspira-ser-centro-logistico-regional/
http://www.ipsnews.net/2013/11/uruguay-keen-to-become-regional-logistics-hub/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 8. November 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2013