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INTERNATIONAL/144: Kambodscha - Palmzuckerprovinz wirbt um Touristen, Pfefferprovinz als Vorbild (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. März 2013

Kambodscha: Palmzuckerprovinz Kampong Speu wirbt um Touristen - Pfefferprovinz Kampot als Vorbild

von Michelle Tolson



Kampot, Kambodscha, 18. März (IPS) - Reisfelder, umrahmt von Palmen - die im Südosten Kambodschas gelegene Provinz Kampong Speu bietet einen malerischen Anblick. Hinter der idyllischen Oberfläche wird jedoch darum gekämpft, der natürlichen Schönheit der Region mehr internationale Anziehungskraft zu verleihen und das Los der armen Bauern zu verbessern.

Die benachbarte Provinz Kampot, die an das Meer angrenzt, ging bereits vor vier Jahren mit gutem Beispiel voran. 2009 wurde Kampot in Kambodscha das, was die Champagne in Frankreich ist, nämlich eine Region mit Herkunftsgütesiegel (Geographical Indication - GI), das dort produzierten Spezialitäten einen höheren Marktwert garantiert.

Laut einem Bericht des kambodschanischen Handelsministeriums muss ein solches GI-Produkt einen Bezug zu den Charakteristika des Herstellungsgebiets haben und bei den Verbrauchern positive Assoziationen hervorrufen. Die Auszeichnung verpflichtet die Bauern ferner zur Verwendung natürlicher Düngemittel und Biopestizide. Auch müssen sie das Wasser auf eine mögliche Belastung mit Arsen testen.

In Kampot wird Pfeffer geerntet, den europäische Gourmets für den besten in der Welt halten. Die Produzenten erhalten mehr Geld als andere Bauern in dem südostasiatischen Land mit rund 14 Millionen Einwohnern, von denen 30 Prozent mit weniger als umgerechnet einem US-Dollar pro Tag auskommen müssen.

Kampong Speu verfügt über sandige Böden, die in der Region einzigartig sind. Die Provinz wurde für ihren Palmzucker GI-zertifiziert. Seit 2009 steht das umweltfreundliche Erzeugnis jedoch zunehmend im Schatten von Rohrzucker aus industrieller Massenproduktion. Als das Handelsabkommen 'Alles außer Waffen' (EBA) mit der EU die Zuckerexporte in die Höhe trieb, wurde Kampong Speu weitgehend mit armen Familien assoziiert, die ihr Land verlassen mussten, um großen Zuckerplantagen Platz zu machen.

Das Ursprungsgütesiegel hat daher in den beiden Regionen völlig unterschiedliche Auswirkungen gezeigt. Experten glauben, dass die Diskrepanz daraus resultiert, dass sich die Provinzen in ihrer Darstellung nach außen unterscheiden.


Pfeffer-Region Kampot profitiert auch von Tourismus

Kampot weckt mit seinen Stränden sofort Gedanken an Urlaub, lockt mit schmucken Bauten aus der französischen Kolonialzeit und hat Bauern, die französischen Köchen das 'schwarze Gold Pfeffer' liefern. Die Provinz hat nach Regierungsangaben zudem 46 Pensionen mit insgesamt etwa 550 Zimmern sowie sechs Hotels mit 353 Zimmern zu bieten.

Die Tourismuswirtschaft in Kampot ist eng mit dem Pfefferhandel verbunden. Motorradtaxis bringen die Ware von den Bauern direkt zu den Käufern. Rany, ein Fremdenführer und Motorradtaxifahrer, hat eine Liste mit Abnehmern, die den Pfeffer in Kambodscha kaufen und ihn dann im Ausland weiterverkaufen.

Kampong Speu ist dagegen für die Kombination aus Landwirtschaft und Industrie bekannt. Bis jetzt ist es der Provinz nicht gelungen, eine größere Zahl von Touristen anzuziehen. Infolgedessen ist der dort hergestellte Palmzucker nicht sonderlich bekannt.

Sun Somnang von der Exporthandelsfirma 'Starling Farm', der sowohl der Vereinigung zur Förderung der Pfefferherstellung in Kampot (KPPA) als auch dem Verband zur Förderung der Palmzuckerproduktion in Kampong Speu (KPSA) angehört, hält es für dringend notwendig, stärker für den Palmzucker zu werben und Touristen in das Gebiet zu holen.

Experten und Regierungsbeamte versuchen die Lebensbedingungen der Bauern in Kampong Speu zu verbessern, wo das durchschnittliche Pro-Kopf-Jahreseinkommen zwischen 500 und 1.000 Dollar liegt. Die meisten Palmzuckerproduzenten besitzen laut KPSA nur je einen Hektar Land und zapfen jährlich etwa 16 Palmen an. Die Ministerien für Handel und Landwirtschaft arbeiten mit Marketingfirmen zusammen, um die Aufmerksamkeit für das regionale Zucker-Ursprungsqualitätssiegel zu schärfen und das Handwerk zu erhalten.

Kambodschaner betrachten die Palme als nationales Symbol. Ihre Blätter und ihr Holz werden als Baumaterial verwendet, während aus dem Saft Zucker und Wein hergestellt wird. Die Zuckerproduktion ist jedoch aufwendig. Die Bauern müssen auf die Bäume klettern, um diese anzuzapfen, und den Saft über dem Feuer zu Wein verkochen.

Ungeschützte Palmen fielen in den vergangenen zehn Jahren der zunehmenden Verstädterung und der Ausbreitung der Rohrzuckerproduktion zum Opfer. Untersuchungen zufolge werden vor allem seit 2009 Palmen gefällt, damit sie den Zuckerrohrplantagen Platz machen. Genaue Zahlen sind dazu allerdings nicht bekannt.


Neues Gesetz will Palmen vor Holzfällern schützen

Eine von der 'Clean Sugar Campaign' veröffentliche 'Landkarte' zeigt, dass die Palmen in Kampong Speu von Zuckerrohrplantagen regelrecht eingekreist werden. Wie kambodschanische Medien berichteten, hat Regierungschef Hun Sen bereits den Einschlag weiterer Palmen verbieten lassen. Laut Somnang ist dieses Gesetz seit etwa sechs Monaten in Kraft.

David Pred von der Organisation 'Bridges Across Borders' zufolge, die sich für Opfer von Land Grabbing einsetzt, verlieren manche Bauern ihr Land an die Plantagenbetreiber. Andere verkaufen es freiwillig, weil sie aufgrund der umfangreichen ausländischen Direktinvestitionen ihr Land zu guten Preisen verkaufen können.

Fürsprecher der etwa 20.000 Familien, die von der Palmzuckerherstellung leben, fordern dringend bessere Zuckerpreise. Während sich der Preis für einige Pfeffersorten aus Kampot durch das Gütesiegel von vier auf 16 Dollar vervierfacht hat, wird Palmzucker in Supermärkten der gehobenen Preisklasse für knapp einen Dollar pro Kilo angeboten.

Dank der Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen ist der Verdienst der Bauern nach Angaben UN-Agrarorganisation FAO zwar inzwischen von 0,3 auf 0,5 Dollar pro Kilo Zuckerpaste gestiegen. Eine Untersuchung der kambodschanischen Regierung kommt dennoch zu dem Schluss, dass Kampot seinen Pfeffer besser vermarktet als Kampong Speu seinen Zucker. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.wto.org/english/tratop_e/trips_e/gi_background_e.htm
http://www.boycottbloodsugar.net/the-concessions-2/kampong-speu/
http://www.coraa.org/userfiles/file/Report_Organic%20Agriculture%20in%20Cambodia%20_COrAA_%20%20April%202011_%20final-%20for%20web.pdf
http://babcambodia.org/developmentwatch/cleansugarcampaign/bittersweet.pdf
http://www.ipsnews.net/2013/03/sugar-playing-catch-up-with-spice-2/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 18. März 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2013