Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → WIRTSCHAFT

INTERNATIONAL/098: Asien - Staaten sehen rot in Bezug auf 'grüne Wirtschaft' (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Juni 2012

Asien: Staaten sehen rot in Bezug auf 'grüne Wirtschaft'

von Marwaan Macan-Markar



Bangkok, Thailand, 28. Juni (IPS) - In vielen Entwicklungs- und Schwellenländern in Asien ist die Skepsis gegenüber den Konzepten von 'grünem Wachstum' und 'grüner Wirtschaft' groß. Das hat sich insbesondere auf dem UN-Erdgipfel Rio+20 vom 20. bis 22. Juni gezeigt.

Propagiert werden die Modelle vor allem von der Wirtschafts- und Sozialkommission für Asien und den Pazifik (ESCAP) der Vereinten Nationen. Der Kommission gehören 58 Länder aus der Region an. Doch auch die USA, Frankreich und Großbritannien sind Mitglieder.

"Wir lassen uns weder von UN-Organisationen noch von Staaten ein grünes Wirtschaftsmodell aufzwingen, um unsere nachhaltige Entwicklung voranzutreiben", sagte ein asiatischer Diplomat, der in Bangkok sitzt und sich Anonymität ausgebeten hat. "Die meisten Länder in der Region investierten bereits in umweltfreundliche Technologien und bemühten sich, die Kohlendioxidemissionen zu senken - jedoch in der ihnen eigenen Geschwindigkeit."

Insbesondere China will von grünem Wachstum nichts wissen. In einem kürzlich in der thailändischen Zeitung 'The Nation' veröffentlichten Kommentar würdigte der chinesische Botschafter in Thailand, Guan Mu, den Rio+20-Gipfel als wichtiges Treffen, um einen neuen Bauplan für ein Modell der nachhaltigen Entwicklung zu entwerfen. Die Begriffe 'grünes Wachstum' und 'grüne Wirtschaft' ließ er dabei unerwähnt.


Eigene Wege

"China hat nicht nur einen Weg gefunden, eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben, die mit den Normen und Traditionen unseres Landes in Einklang steht. Wir haben außerdem zu nachhaltiger Entwicklung auch in anderen Teilen der Welt beigetragen", betonte der Diplomat. China sei zu noch mehr Kooperation auf diesem Gebiet bereit.

Bereits vor zwei Jahren stellte sich China gegen die von ESCAP propagierten Konzepte. Im Zuge eines Ministertreffens im Oktober 2010 veröffentlichte die UN-Organisation eine Pressemitteilung, in der es hieß, dass die asiatischen Minister für Umwelt und Entwicklung, die zum Treffen angereist waren, Formen grüner Wirtschaft in ihren Heimatländern unterstützen wollten.

China, Indien, Iran und Russland wehrten sich gegen diese Aussage und brachten die ESCAP dazu, die Pressemitteilung so umzuformulieren, dass es nur noch hieß, das Modell der grünen Wirtschaft sei nicht der, sondern "ein Weg in Richtung nachhaltiger Entwicklung".

Auch die Zivilgesellschaft in den asiatischen Ländern mahnt zu mehr Vorsicht im Umgang mit den strittigen Begriffen. "In Asien fürchtet man, dass die erfolgreiche Strategie der nachhaltigen Entwicklung ausgehebelt werden soll, um Platz für grünes Wachstum zu schaffen", sagte Shalmali Guttal von 'Focus on the Global South', eine in Bangkok ansässige Denkfabrik.


Misstrauen gegenüber den Industriestaaten

Man habe Sorge, dass dies nichts weiter als der Versuch der Industrieländer sei, auf den internationalen Märkten nun auch noch grüne Handelsbarrieren einzuführen. "Die asiatischen Entwicklungsländer haben allen Grund, nervös zu sein: Die Industrieländer, die zugleich die größten Emittenten von Treibhausgasen sind, versuchen einzig, sich ihren Verpflichtungen zu entziehen, uns bei unserer nachhaltigen Entwicklung zu helfen", sagte Guttal.

Als die ESCAP das Konzept der grünen Wirtschaft 2005 einführte, war sie Pionier auf dem Gebiet. Entwickelt wurde es auf dem ESCAP-Ministertreffen in Südkorea - einem großen Verfechter der grünen Wirtschaft.

Doch schon drei Jahre später hatte die Finanzkrise die Wirtschaft fest im Griff. Zunächst übernahm die Weltumweltorganisation UNEP das Modell, dann zogen auch die Staats- und Regierungschefs der 20 größten Volkswirtschaften im Rahmen der G-20 nach, um der Krise zu begegnen. (Ende/IPS/jt/2012)


Link:

http://www.ipsnews.net/2012/06/asia-sees-red-over-green-economy/

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 28. Juni 2012
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2012