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INTERNATIONAL/019: Südliches Afrika - SACU-Zollunion gespalten, Rückschlag für Integrationsprozess (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. Februar 2011

Südliches Afrika:
SACU-Zollunion gespalten - Rückschlag für Integrationsprozess

Von Servaas van den Bosch


Windhuk, 23. Februar - Ein lang erwarteter und nun eingetretener Streit zwischen den Mitgliedern der Südafrikanischen Zollunion (SACU) über die Aufteilung der Zolleinnahmen verzögert den regionalen Integrationsprozess. Auslöser sind Reformvorschläge für eine radikale Umverteilung der Zolleinnahmen zugunsten von Südafrika.

Botswana, Lesotho, Namibia und Swasiland würden nach dem neuen Konzept des 'Australian Centre for International Economics' gravierende Einbußen erleiden. Der swasische Anteil an den SACU-Zolleinahmen würde von derzeit neun auf drei Prozent bis 2019 schrumpfen.

Botswana hätte im gleichen Zeitraum Einschnitte von 17 auf 6,7 Prozent zu verkraften, während der Anteil Namibias von 15 auf neun Prozent sinken würde. Lesotho dürfte sich auf einen kleinen Zugewinn von 8,5 auf neun Prozent gefasst machen. Südafrika, das bislang keine 50 Prozent der SACU-Zolleinnahmen erhält, soll der Studie zufolge langfristig mit 72 Prozent bedacht werden.

Dass das Reformkonzept umgesetzt wird, gilt eher als unwahrscheinlich. Dennoch verschafft es der Regierung in Pretoria ein Gefühl der Genugtuung, kritisiert Pretoria seit vielen Jahren die mangelnde Bereitschaft der SACU-Länder, ihren Anteil an den Zolleinnahmen in lokale Entwicklungsprojekte zu stecken.


Verwendung der Zolleinnahmen löst Misstöne aus

Südafrikas mächtiger Gewerkschaftsdachverband COSATU hatte im Fall Sawasiland lautstark gegen die Beschaffung von Luxusautos als Geburtstagsgeschenk für den swasischen König Mswati III. protestiert.

Doch Botswana, Lesotho, Namibia und Swasiland (BLNS) betrachten die SACU-Zolleinnahmen als eine Art Kompensationszahlung für die wirtschaftlichen Vorteile, die Südafrika aus der Zollunion zieht. Alle vier Staaten interpretieren die entwicklungsfixierten Forderungen des Kapstaates deshalb als weiteren Versuch, der eigenen Industrie einen noch größeren Zugang zu den regionalen Märkten zu verschaffen, wie Sanusha Naidu vom Netzwerk für soziale Gerechtigkeit 'Fahamu' berichtet. Naidu empfahl Südafrika, die Souveränität der anderen SACU-Mitglieder bei den kommenden Verhandlungen nicht aus dem Auge zu verlieren.

Für die SACU-Mitglieder könnte die Dominanz Südafrikas auch den empfindlichen Prozess der regionalen Integration in die Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) stören. Naidu zufolge verfolgt die SADC das Ziel, eine vollständige Zollunion bis 2016 zu erreichen.

Beim derzeitigen Streit zwischen den SACU-Mitgliedern geht es laut Naidu nicht um Zollanteile, sondern um die Frage, ob andere SADC-Länder ihre Zölle strukturieren oder Zollbarrieren aufbauen werden. Eine erfolgreiche SACU-Reform sei notwendig, um das Regionalbündnis in eine größere SADC-Zollunion zu überführen, meinte dazu Roman Grynberg vom 'Botswana Institute of Development Policy Analysis'.


Südafrika als halbherziger SACU-Partner

"Der Streit hat sich seit langer Zeit angekündigt", erklärte Paul Kruger vom unabhängigen 'Trade Law Centre of Southern Africa' (TRALAC) mit Sitz in Südafrika. "Die Integration der Region wird vom Ausgang dieses Prozesses abhängen, erklärte er. Den Experten zufolge hat Südafrika ohnehin jedes Interesse an SACU verloren und strebt stattdessen eine Fusion der Freihandelszonen SADC, des Gemeinsamen Marktes des Östlichen und Südlichen Afrikas (COMESA) und der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) an.

Pretoria könnte auf diese Weise die Früchte des Freihandels ernten, ohne sich Gedanken über Verwaltungsfragen machen zu müssen. Nach Ansicht Krugers hat Südafrika entdeckt, dass eine Zollunion dem Land nicht notwendigerweise hilft, vom Freihandel und niedrigen Zollgebühren zu profitieren.

Hinzu kommt, dass Südafrika seit der Bildung der IBSA-Ländergruppe aus Indien, Brasilien und Südafrika mehr an diesen neuen Partnern interessiert ist und darüber hinaus der Einladung Brasiliens, Russlands, Indiens und Chinas nur allzu gern Folge leisten möchte, Mitglied der BRIC-Staaten zu werden, denen sich Südafrika gern als Tor nach Afrika präsentiert. (Ende/IPS/kb/2011)



Links:
http://www.sacu.int/
http://www.fahamu.org/
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2011