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ENERGIE/1497: Gutachten zur Bedeutung von Preiszonen für den Strommarkt (BNA)


Bundesnetzagentur - Pressemitteilung vom 24. Oktober 2011

Bundesnetzagentur veröffentlicht Gutachten zur Bedeutung von Preiszonen für den Strommarkt

Kurth: "Diskussion über die Schaffung mehrerer Preiszonen für Strom in Deutschland gefährdet den geplanten Netzausbau und schadet dem Wettbewerb in Deutschland und Europa"


Die Bundesnetzagentur hat jetzt ein Gutachten vorgestellt, das die Bedeutung etablierter nationaler Preiszonen für die Integration des europäischen Strommarkts untersucht. Darin sprechen sich die Gutachter insbesondere gegen eine Aufteilung des deutsch-österreichischen Marktgebiets aus.

"Im Ergebnis bestätigt das Gutachten unsere Einschätzung, dass die Diskussion über die Schaffung mehrerer Preiszonen für Strom in Deutschland den geplanten Netzausbau gefährdet und dem Wettbewerb in Deutschland und Europa schadet", sagte Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur.

Anlass für das Gutachten war die im europäischen Ausland geäußerte These, in Deutschland bestünden strukturelle Netzengpässe, die durch eine Aufteilung des deutsch-österreichischen Großhandelsmarkts in mehrere Preiszonen, dem sog. Market Splitting, behoben werden sollten.

Das Gutachten zeigt, dass bereits die Voraussetzungen für eine Aufteilung des Marktgebiets Deutschland-Österreich nicht gegeben sind, da dessen Situation nicht von einem strukturellen und nachhaltigen Engpass gekennzeichnet ist. Auch die teilweise vermutete "Verschiebung" etwaiger innerdeutscher Engpässe an die Außengrenzen bestätigen die Gutachter nicht.

Darüber hinaus sprechen die möglichen Konsequenzen gegen eine Aufteilung in kleinere Preiszonen: Es würden weder die grenzüberschreitenden Kapazitäten erhöht noch würde ein Market Splitting dazu beitragen, Ringflüsse, sog. Loop Flows, durch Nachbarländer zu verringern. Derartige Ringflüsse sind technisch unvermeidbar und entstehen, wenn Erzeugungs- und Lastzentren auseinanderfallen, unabhängig von einem Auftreten von Engpässen. "Ringflüsse, also der Transport von Strom von Nord- nach Süddeutschland durch unsere Nachbarländer, entstehen durch starke Winderzeugung in Norddeutschland sowie dem Verbrauch des erzeugten Stroms in Süddeutschland und den südlichen Nachbarländern. Sie sind ein vorübergehendes Phänomen, das mit einer zunehmenden Stärkung der Netze sowohl in Deutschland als auch im Ausland wieder abnehmen wird", erläuterte Kurth.

Die Einführung einer Marktteilung würde zudem die Marktmacht großer Stromerzeuger in einem Maße erhöhen, das für einen funktionsfähigen, effektiven Wettbewerb nicht mehr tragbar wäre. Damit wären negative Auswirkungen auf die Marktliquidität verbunden und die Referenzwirkung der EEX-Preise für Nachbarländer oder andere europäische Länder würde beeinträchtigt.

Eine Teilung des deutschen Markts hätte tendenziell auch einen negativen Effekt auf den unstreitig dringend benötigten Netzausbau zur Integration des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms. Eine Marktteilung würde einen hohen Aufwand und hohe Investitionen von allen Beteiligten erfordern, die dann für den Netzausbau nicht mehr zur Verfügung stünden. Außerdem würde dann ein nachvollziehbarer Druck entstehen, dass sich die Investitionen in die Marktteilung auch lohnen sollen und deshalb auch der notwendige Netzausbau unterbleiben solle.

Eine Marktteilung könnte zwar zu einem geringfügig effizienteren Kraftwerkseinsatz führen. Im Vergleich zu den Nachteilen in Gestalt des Risikos ineffizienter Investitionen, einer geringeren Marktliquidität sowie der Marktmachtsgefahren auf Erzeuger- und Großhandelsebene fällt dieser Nutzen allerdings deutlich weniger ins Gewicht.

Die Auswirkungen einer Marktteilung gingen weit über das Marktgebiet Deutschland-Österreich hinaus. Denn der deutsch-österreichische Strommarkt fördert mit seiner geografischen Lage im Zentrum Europas und seiner hohen Liquidität den europäischen Integrationsprozess. Eine Aufteilung der Gebotszone Deutschland-Österreich würde auch andere europäische Länder und den europäischen Energiebinnenmarkt insgesamt beeinträchtigen. "Die Stärkung des Binnenmarkts erreicht man durch Integration und nicht durch Aufspaltung. Daher sollte mittelfristig über die Bildung größerer grenzüberschreitender Marktgebiete nachgedacht werden, anstatt der Kleinstaaterei zu verfallen", betonte Kurth.

Erstellt wurde das Gutachten mit dem Titel "Bedeutung von etablierten nationalen Gebotszonen für die Integration des europäischen Strommarkts - ein Ansatz zur wohlfahrtsorientierten Beurteilung" von den Unternehmen Consulting für Energiewirtschaft und -technik GmbH (Consentec) und Frontier Economics.

Das Gutachten ist auf den Internetseiten der Bundesnetzagentur veröffentlicht.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 24. Oktober 2011
Pressestelle der Bundesnetzagentur (BNA)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2011