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AGRAR/1561: D. R. Kongo - Projekt zur Mechanisierung der Landwirtschaft gescheitert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. August 2012

D. R. Kongo: Projekt zur Mechanisierung der Landwirtschaft gescheitert

von Donat Muamba



Mbuji Mayi, D. R. Kongo, 23. August (IPS) - Die landwirtschaftlichen Erträge in der rohstoffreichen Provinz Ost-Kasai im Zentrum der Demokratischen Republik Kongo (DRC) sind gering. Ein Programm zur Mechanisierung des Agrarsektors hat sich als Fehlschlag erwiesen.

Ghislain Mudila, der etwa einen halben Hektar Land nördlich der Provinzhauptstadt Mbuji Mayi bewirtschaftet, beschuldigt die Provinzverwaltung, den Bauern vorgegaukelt zu haben, sie alle mit Traktoren zu versorgen. In Wirklichkeit hätten jedoch nur die Großbauern profitiert.

2007 hatte der Provinzgouverneur die Förderung der Landwirtschaft zur obersten Priorität erklärt. Die Bauern begrüßten die Ankündigung. Sie hofften auf eine Wiederbelebung von Ackerbau und Viehzucht, nachdem die Erträge infolge der Liberalisierung des Diamantenbergbaus 1982 immer weiter zurückgegangen waren.

Viele Bauern von Ost-Kasai haben in den letzten 30 Jahren die Landwirtschaft in der Hoffnung aufgegeben, mit den Edelsteinen das schnelle Geld zu machen. Nun fehlt es dort an Nahrungsmitteln. In den Städten der Provinz ist die Nachfrage nach Lebensmitteln so groß, dass die Preise kräftig angezogen haben.

Um die Landwirtschaft in der Provinz zu modernisieren, hatte die Regierung 2009 hundert Traktoren gekauft. Drei Jahre später werden die Grundnahrungsmittel Mais, Maniok, Reis und Erbsen aber immer noch nicht in der Menge produziert, die den Bedürfnissen der rund sechs Millionen Provinzbewohner entspricht.

Nach Angaben des dortigen Agrarministeriums benötigte die Provinz im vergangenen Jahr etwa 6,9 Millionen Tonnen Nahrungsmittel - 600.000 Tonnen mehr, als sie produzieren konnte. Trotz des lokalen Nahrungsmitteldefizits wurde ein Teil der Erträge heimlich in benachbarte Provinzen geliefert.


Nahrungsknappheit treibt Preise hoch

Damit entstanden in Ost-Kasai Engpässe, die die Preise auf den Märkten in die Höhe trieben. So bewegte sich der Preis für Mais mit umgerechnet 80 US-Cent pro Kilo im vergangenen Jahr auf einem für kongolesische Verhältnisse anhaltend hohen Niveau.

"Die Bereitstellung von Traktoren wurde nicht gut organisiert", sagt Felix Muambayi, der für das Projekt zur Wiederbelebung der Landwirtschaft arbeitet. Zur gleichen Zeit seien die Wahlen 2011 vorbereitet worden. Politiker hätten das Traktorenprogramm für Wahlkampfzwecke missbraucht.

Wie Muambayi weiter kritisiert, sind von den hundert Traktoren mittlerweile nur noch 60 im Einsatz. Für die anderen Maschinen fehlen Ersatzteile. Der Rat für ländliches Agrarmanagement, der die Traktoren verwalten soll, beanstandet, dass es bei der Vergabe der Traktoren zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei.

Auch die Bauern sind unzufrieden mit der Durchführung des Projekts. "Ich sollte 35 Dollar pro Hektar für die Traktormiete zahlen. Hinzu kamen die Kosten für den Fahrer und seinen Assistenten. Außerdem verlangte man mir für 40 Liter Diesel 100 Dollar ab. Das war mir zu teuer", so Mudila.

Der Koordinator des Rats für ländliches Agrarmanagement, Isidore Tshibanza, ist der Ansicht, dass die Menschen in der diamantenreichen Provinz den Blick dafür verloren haben, wie Landwirtschaft funktioniert. "Es ist nicht machbar, die Traktoren kostenlos bereitzustellen. Sie müssen gewartet und Ersatzteile beschafft werden."


Traktoren für Kleinbauern unerschwinglich

Tshibanza rät den Kleinbauern dazu, sich in Kooperativen zusammenzuschließen. Das würde Kosten sparen, und die Mitglieder würden erst einmal mit den Grundsätzen der Landwirtschaft vertraut gemacht, bevor sie Maschinen anschafften, meint er. Tatsächlich sind die Traktoren für die kleinen Farmer, die Subsistenzwirtschaft betreiben, zu teuer.

Der Agrarminister der Provinz, Roger Tshilombo, ordnete kürzlich an, dass alle Traktoren neu verteilt werden sollten. Er räumte ein, dass das Traktorenprogramm nicht zu einer Erhöhung der Lebensmittelproduktion geführt habe.

Laut einem Bericht des Provinzministeriums von 2011 ließe sich die Ernährungssicherheit in der Provinz durch eine Vergrößerung der Farmen verbessern. Seit 2009 habe man den Bauern deshalb 18.400 Hektar urbares Land übergeben. Die Produktion sei jedoch aufgrund ausbleibender Niederschläge, Bodendegradation und fehlender technischer Hilfsmittel gesunken. Insgesamt rund zwei Millionen Haushalte in der Provinz leben von der Landwirtschaft. (Ende/IPS/ck/2012)


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http://www.ipsnews.net/2012/08/food-security-and-the-failure-of-mechanisation-in-drc/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. August 2012