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ORGANISATION/564: Ureinwohner erheben Vorwurf gegen UN - SDGs vernachlässigen Bedürfnisse von Ethnien (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 07. August 2015

Ureinwohner: Vorwurf gegen UN - SDGs vernachlässigen Bedürfnisse von Ethnien

von Aruna Dutt


Bild: © Amanda Voisard/UN

Häuptling Wilton Littlechild berät das Sekretariat des Permanenten Forums indigener Völker (UNPFII)
Bild: © Amanda Voisard/UN

NEW YORK (IPS) - Im Vorfeld des Internationalen Tages der indigenen Völker am 9. August hat die 'Hauptgruppe der indigenen Völker' (IPMG) die Sorge vorgebracht, dass die Ureinwohner nach den ernüchternden Erfahrungen mit den Millenniumsentwicklungszielen (MDGs) zur Armutsbekämpfung auch von den künftigen Nachfolgezielen nicht angemessen profitieren könnten.

Wie das Gremium in einer Stellungnahme zu der Post-2015-Nachhaltigkeitsagenda und den Nachhaltigkeitszielen (SDGs) erklärte, seien die Ethnien bereits bei den bis Dezember 2015 geltenden MDGs nicht als spezifische Gruppe berücksichtigt worden. Dies habe dazu geführt, dass konkret auf Indigene zugeschnittene Maßnahmen der Armutsbekämpfung ausgeblieben seien.

Ebenso bemängelten sie, dass aufgrund einer "kulturellen Blindheit" im Rahmen der Millenniumsentwicklungsagenda von 2000 bis 2015 keine speziell auf die Bedürfnisse der Ureinwohner zugeschnittenen Entwicklungsprogramme durchgeführt worden seien. Die indigenen Völker würden in der Gesundheitsversorgung, Bildung und den Basisdienstleistungen weiterhin diskriminiert.

"Alle Projekte, die auf eine Partizipation indigener Völker verzichten, lassen deren Bedürfnisse unsichtbar werden. Das Fehlen eines Dialogs mit den Ureinwohnern und ihrer Beteiligung an Entscheidungsprozessen sind die hauptsächliche Barriere", sagt Sandra del Pino, regionale Beraterin für kulturelle Vielfalt in Nord- und Südamerika bei der Weltgesundheitsorganisation WHO.


Diesjähriger Indigenen-Tag mit Fokus auf Gesundheit

In mehr als 70 Ländern leben den Schätzungen zufolge 370 Millionen Indigene, die zu den weltweit am stärksten ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen gehören. Der Internationale Tag der indigenen Völker, der sich in diesem Jahr auf das Thema Gesundheit konzentriert, verfolgt vor allem das Ziel, Ureinwohnern eine größere Teilhabe und Inklusion zu garantieren.

"In diesem Jahr geht es um die Klärung von Fragen, welchen Zugang Indigene zu Gesundheitsdienstleistungen haben, warum sie von ihnen ausgeschlossen sind und wie die Lücken bei der Versorgung indigener Mütter und Kinder, bei der Ernährungssicherung und der Behandlung von Infektionskrankheiten geschlossen werden können", sagt del Pino.

"Ureinwohnerfamilien leben oft in abgelegenen Gebieten, in denen die Regierungen nicht in grundlegende soziale Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, hochwertige Bildung, Rechtswesen und Partizipation investieren. Indigene haben häufig keine Geburtsurkunden und erhalten deshalb auch keine Ausweispapiere."

Nach Schätzungen der WHO sind mindestens 80 Prozent der Menschen in Entwicklungsländern bei der Gesundheitsversorgung in erster Linie auf traditionelle Heilmethoden angewiesen. "Viele Faktoren wie geografische Barrieren, Sprache und Bildungsdefizite beeinträchtigen die Gesundheit Indigener", erklärt del Pino. "Das größte Problem sind vielleicht die kulturellen Barrieren."

Roberto Mukaro Borrero, Vertreter der Indigenenorganisationen 'International Indian Treaty Council' und 'United Confederation of Taino People', wirbt für eine bessere Zusammenarbeit der traditionellen Heiler, Gesundheitsbehörden und Gemeinschaften. "Durch solche Partnerschaften würde die Wechselwirkung zwischen sozialer Benachteiligung der Indigenen und ihrem schlechten Gesundheitszustand offenbar, meint er. "Diese Benachteiligung wird durch die Armut weiter verschärft."

Wie der Indigenen-Sprecher weiter erläutert, müssen die Staaten ihre international eingegangen Verpflichtungen gegenüber den indigenen Völkern einhalten. Dazu zählen die Erklärung der Rechte indigener Völker und die Vereinbarungen, die auf der Weltkonferenz der indigenen Völker getroffen worden sind. "Die Absprachen sollen dem Wohlergehen der Ureinwohner auf der ganzen Welt dienen. Für ihre erfolgreiche Umsetzung sind jedoch ein politischer Wille und die Bereitstellung adäquater Finanzmittel notwendig."


Opfer des Klimawandels

Weiter hieß es, dass sich der Klimawandel und andere Umweltgefahren extrem nachteilig auf die Gesundheit der Indigenen auswirken. "Oftmals sind Ureinwohnergemeinden Naturkatastrophen besonders schutzlos ausgesetzt, weil sie in von der Außenwelt isolierten Gebieten leben", sagt del Pino. "Sie bekommen die Auswirkungen des Klimawandels auch deshalb häufig als erste zu spüren, weil sie in nächster Nähe zur Natur leben. Im Amazonasgebiet führt der Klimawandel zu Entwaldung und der Fragmentierung von Wäldern. Mehr CO2 wird in die Atmosphäre ausgestoßen, wodurch sich die Veränderungen künftig verschärfen."

Del Pino erinnerte zudem an die Dürren im Jahr 2005, die verheerende Brände im westlichen Amazonasgebiet ausgelöst hatten. So etwas werde sich wiederholen, wenn Regenwälder zu Savannen würden, warnt er. "Der Klimawandel verschärft die Probleme, mit denen indigene Gemeinschaften bereits jetzt konfrontiert sind." (Ende/IPS/ck/07.08.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/08/making-the-worlds-indigenous-visible-in-the-sdgs/

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IPS-Tagesdienst vom 07. August 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. August 2015

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