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MELDUNG/209: VN-Mehrheit setzt Verhandlungen zum Atomwaffenverbot durch (Pressenza)


Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin

VN-Mehrheit setzt Verhandlungen zum Atomwaffenverbot durch

ICAN-Pressemitteilung vom 28. Oktober 2016


Donnerstagnacht stimmte in New York die überwältigende Mehrheit der Staatengemeinschaft im Ersten Ausschuss der UN-Generalversammlung für die Aufnahme von Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot noch im Jahr 2017. 123 Staaten votierten für Resolutionsentwurf L.41 und somit für das Mandat, bereits im März, Juni und Juli eine entsprechende UN-Konferenz einzuberufen. 38 Staaten, angeführt von Russland, den USA und den meisten NATO-Staaten stimmten dagegen, 16 Staaten enthielten sich der Stimme.

Das Abstimmungsergebnis kommt einer abrüstungspolitischen Revolution gleich. Noch nie haben es die atomwaffenfreien Staaten gewagt, die Atomwaffenstaaten und ihre Alliierten in einer solchen Frage zu überstimmen. Dies ist auch der breiten und beharrlichen zivilgesellschaftlichen Unterstützung durch die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) [1] zu verdanken. Die Entscheidung stellt auch eine neue weltpolitische Weichenstellung dar. Angesichts der Spannungen zwischen der NATO und Russland, die zunehmend auch zu einer Verschärfung der nuklearen Rhetorik und Aufrüstung geführt haben, ist das Votum in New York von herausragender geopolitischer und diplomatischer Bedeutung.

Entsprechend stark war zuvor der Druck seitens der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, die, mit Ausnahme von China, ihren privilegierten Status auch mit Blick auf Atomwaffen verteidigen wollen. Dass ihnen dies so offenkundig misslang, ist auch eine Blamage für Deutschland, das ebenso gegen ein Verbot der letzten noch nicht geächteten Massenvernichtungswaffen gestimmt hat. "Es ist eine Schande für Deutschland, dass sich die Bundesregierung der Gruppe der Hardliner angeschlossen hat", kommentiert Sascha Hach von ICAN Deutschland die deutsche Haltung. "Neben Rüstungsexporten an autoritäre Regime gehören die Stationierung und Unterstützung von Atomwaffen zu den Abgründen der deutschen Außenpolitik."

Am Donnerstagnachmittag noch hatte das Europäische Parlament mit den Stimmen von CDU und SPD alle EU-Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert [2], für die Verhandlungen zum Atomwaffenverbot zu stimmen. Hierzu Leo Hoffmann-Axthelm für ICAN in Brüssel: "Es ist ermutigend, dass neben Österreich, Schweden, Irland, Malta und Zypern auch das EU-Parlament mit breiter Mehrheit auf der richtigen Seite der Geschichte stand".

Die Schweiz, die Niederlande und Finnland enthielten sich der Stimme. Neben China stimmten auch die Atomwaffenstaaten Indien und Pakistan mit Enthaltung. "Die deutsche Position ist vor diesem Hintergrund in keiner Weise nachvollziehbar", meint Xanthe Hall vom IPPNW: "Indem die Bundesregierung gegen ein Atomwaffenverbot stimmt, stellt sie sich gegen das Primat des Rechts über Gewalt. In diesen Zeiten setzt sie damit auf Eskalation und Aufrüstung statt auf Diplomatie."

Angenommener Resolutionsentwurf [3]


Die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Nuklearwaffen (ICAN) ist eine globale Organisation, die sich bemüht, Menschen auf der ganzen Welt zu mobilisieren, ihre Regierungen zu inspirieren, zu überzeugen und unter Druck zu setzen, Verhandlungen für einen umfassenden Nuklearwaffenverbotsvertrag durchzusetzen. Seitdem die Organisation 2007 gegründet wurde, hat sie weltweit 360 Partnerorganisationen in 93 Ländern dazugewonnen. www.icanw.org


Anmerkungen:
[1] http://www.icanw.de/
[2] http://www.icanw.de/neuigkeiten/eu-parlament-ruft-alle-eu-mitgliedsstaaten-auf-atomwaffen-2017-zu-verbieten/
[3] http://www.un.org/Docs/journal/asp/ws.asp?m=A/C.1/71/L.41


Der Text steht unter der Lizenz Creative Commons 4.0
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

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Quelle:
Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Johanna Heuveling
E-Mail: johanna.heuveling@pressenza.com
Internet: www.pressenza.com/de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. November 2016

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