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ANTI-SCHLACHTHOF-WIETZE-AKTION/027: Fronten und Ereignisse - Blockadeprozesse vor der Tür ... (MuTb)


Bündnis Marxismus und Tierbefreiung - Pressemitteilung vom 23. Februar 2018

Tierrechts- und Tierbefreiungsorganisation aus Deutschland und der Schweiz erklären Solidarität mit acht angeklagten Schlachthofbesetzern


Hamburg - Zu Beginn einer dezentralen Aktionswoche solidarisieren sich Tierrechts- und Tierbefreiungsorganisationen aus Deutschland und der Schweiz mit acht Tierbefreiungsaktivisten. Diesen wird am 28. Februar vor dem Amtsgericht Straubing und am 14. Mai 2018 vor dem Landgericht Verden der Prozess gemacht. Die acht Angeklagten blockierten im Jahr 2016 zusammen mit Dutzenden weiteren Aktivisten Schlachthöfe des niedersächsischen Unternehmens in Bogen (Bayern) und Wietzen-Holte (Niedersachsen). Den Betroffenen wird in diesem Zusammenhang "Sachbeschädigung", "Nötigung" und "Hausfriedensbruch" vorgeworfen.

Die Initiatoren der Solidaritätserklärung bekunden ihren Respekt und ihre Unterstützung für die Aktionen der beschuldigten Aktivisten gegen die Geflügelfleischproduktion des Branchenprimus Wiesenhof. Unter anderem haben die überregionalen Anti-Schlachthofbündnisse aus Deutschland, die bundesweite Kampagne gegen die Pelzindustrie und eine Schweizer Tierbefreiungsgruppe die Erklärung unterschrieben.

Die unterzeichnenden Gruppen halten die Vergehen für "Bagatelldelikte" und führen die juristischen Verfahren darauf zurück, dass die Aktivisten "gegen die kapitalistische Ausbeutung und Tötung von Tieren" protestiert und Widerstand geleistet hätten. In Anlehnung an Bertolt Brechts spitzer Kapitalismuskritik fragen sie: "Was sind besetzte Kräne, blockierte Zufahrtswege und ein paar Transparente gegen Elektrowasserbäder für Puten und Hühner oder vollautomatisierte Schlachtstraßen? Was ist die Blockade eines Schlachthofs gegen den Bau eines Schlachthofs?"

Die Kampagne gegen Tierfabriken hat anlässlich der Prozesse zu einer dezentralen Aktionswoche vom morgigen 24. Februar bis zum 3. März aufgerufen. Es sind zahlreiche Solidaritätsaktionen im gesamten Bundesgebiet geplant.

Die blockierten Schlachtfabriken sind Eigentum der PHW-Gruppe, Deutschlands führendem Geflügel-Schlachter, und produzieren für deren Tochtergesellschaft Wiesenhof. Die PHW-Gruppe lässt 240 Millionen Vögel im Jahr schlachten und erwirtschaftet mit der industriellen Tötung von Tieren einen Umsatz von knapp 2,5 Milliarden Euro pro Jahr.


Weitere Informationen zu den Verfahren und zur dezentralen Aktionswoche:
http://kampagne-gegen-tierfabriken.info/

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Wir gegen Wiesenhof
Solidarität mit den acht SchlachthofbesetzerInnen von Bogen und Wietzen-Holte

"Wer im Stich läßt seinesgleichen, läßt ja nur sich selbst im Stich."
Bertolt Brecht

Ende Februar und Anfang Mai wird acht Tierbefreiungs- und TierrechtsaktivistInnen aus ganz Deutschland vor dem Amtsgericht im bayrischen Straubing und vor dem niedersächsischen Landgericht Verden der Prozess gemacht. Ihnen wird "Sachbeschädigung", "Nötigung" und "Hausfriedensbruch" vorgeworfen.

Faktisch sitzen alle Acht aber nicht wegen der Bagatelldelikte auf der Anklagebank, die ihnen zur Last gelegt werden, sondern wegen ihres Protests und Widerstands gegen die kapitalistische Ausbeutung und Tötung von Tieren durch Deutschlands Geflügel-Schlachter Nummer eins: die PHW-Gruppe. Das niedersächsische Unternehmen ist in der Öffentlichkeit besser bekannt unter dem Namen Wiesenhof, eine der PHW-Tochtergesellschaften und das Flaggschiff des Firmenimperiums der Kapitalistenfamilie Wesjohann.

Blockaden und Besetzungen von Schlachtfabriken

Hintergrund der juristischen Verfahren sind zwei Aktionen des kollektiven zivilen Ungehorsams gegen den Wiesenhof-Konzern. Im Februar 2016 besetzen 30 TierbefreiungsaktivistInnen Baukräne und das Baubüro auf einer Baustelle in Bogen bei Straubing, verteilten Flyer und hängten Transparente auf. Dort sollte eine Hühnerschlachtfabrik wiederaufgebaut werden, die zuvor abgebrannt war. Sie ist Eigentum von Deutschlands führenden Geflügelfleischproduzenten. Sieben der 30 Beteiligten werden nun in Straubing dem Richter vorgeführt.

Im August 2016 wurde ebenfalls ein Schlachthof des Geflügelfleisch-Monopolisten im niedersächsischen Wietzen-Holte blockiert. Ein Aktivist nahm dabei auf einem LKW Platz und räumte ihn für mehrere Stunden nicht. Der Nienburger Amtsrichter Jan-Hauke Förtsch verurteilte ihn dafür zu drei Monaten Gefängnis ohne Bewährung. Der Justizbeamte war der Auffassung, eine besonders drakonische Strafe verhängen zu müssen, weil der Angeklagte mutmaßlich "in der Unrechtstradition politischer Straßenkämpfer wie der SA" gestanden habe, "derer Methoden er sich im Kern bedient hat". Gegen dieses Urteil beginnt im Mai am Landgericht Verden die Berufungsverhandlung.

Respekt, Solidarität und Unterstützung

Wir können das Handeln unserer FreundInnen und GenossInnen gut verstehen. Unzählige Male standen Tierrechts- und TierbefreiungsaktivistInnen schon vor Unternehmenstoren, ignoranten Konzernchefs oder FilialleiterInnen, die nur ihre Profite im Kopf haben, und teilnahmslosen PassantInnen. Wir sagen ihnen immer wieder, dass uns die Produktion, Verkauf und Verzehr von Fleisch von Wiesenhof und anderen nicht passt. Unsere FreundInnen und GenossInnen haben sich vor diesem Hintergrund entschieden, dafür zu sorgen, dass zumindest an einigen Orten das Schlachten beendet wird; dass das, was ihnen und uns nicht passt, auch nicht mehr länger geschieht.

Dafür gebührt ihnen größter Respekt, unsere Solidarität und Unterstützung.

Das Nachtreten der Staatsapparate wirkt angesichts 240 Millionen geschlachteter Vögel und einem Umsatz von knapp 2,5 Milliarden Euro im Jahr der PHW-Gruppe für das industrielle Töten wie der Marotte bornierter BürokratInnen. Doch Repression ist ein notwendiges Übel im Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung von Mensch und Tier. Das haben auch die Verfahren und Gesetzesverschärfungen der letzten Jahre in Westeuropa und den USA gezeigt. Es war also nicht anders zu erwarten. Gesetz und Ordnung sind überall und immer Gesetz und Ordnung derjenigen, welche den etablierten Gesellschaftsbau schützen. Sie treffen jene, die ihn in Frage stellen. Deswegen sitzen zwar Neun vor den Richtern, aber die Anklage gilt uns allen.

Wir werden uns aber nicht vom juristischen Schmierentheater beirren lassen. In der Geschichte sind nie grundlegende Fortschritte ohne Widerstand und außergesetzliche Mittel gemacht worden, sofern die gesetzlichen sich als unzulänglich herausgestellt haben. Was sind besetzte Kräne, blockierte Zufahrtswege und ein paar Transparente gegen Elektrowasserbäder für Puten und Hühner oder vollautomatisierte Schlachtstraßen? Was ist die Blockade eines Schlachthofs gegen den Bau eines Schlachthofs?


ErstunterzeichnerInnen:
Animal Climate Action, Animal Uni Tierbefreiungsgruppe der Berliner Hochschulen, Assoziation Dämmerung, Berliner Tierbefreiungsaktion, Bündnis Marxismus und Tierbefreiung, die tierbefreier e.V., Kampagne gegen Tierfabriken, Offensive gegen die Pelzindustrie, Tierbefreiung Hamburg, Tierfabriken Widerstand, Tierrechtsgruppe Zürich, Tierrechtsinitiative Hamburg

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Quelle:
Pressemitteilung vom 23. Februar 2018
Bündnis Marxismus und Tierbefreiung
E-Mail: mutb@riseup.net
Internet: www.facebook.com/marxismusundtierbefreiung/
Twitter: https://twitter.com/bundnismutb


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2018

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