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WOHNEN/095: Soziale Stadtentwicklung in Armutswohnquartieren - Sieben-Punkte-Forderungskatalog (idw)


Fachhochschule Köln, Petra Schmidt-Bentum, 26.11.2010

Soziale Stadtentwicklung in Armutswohnquartieren - Sieben-Punkte-Forderungskatalog


Gemeinwesenarbeit (GWA) wird zurzeit in vier Quartieren Kölns gefördert: Ostheim, Holweide, Buchheim und Dünnwald. Anliegen der Gemeinwesenarbeit ist es, die Lebensbedingungen der Menschen in benachteiligten Wohnquartieren im Sinne der dort lebenden Menschen zu verbessern. In mindestens 40 weiteren Quartieren ist die Lebenssituation der Bewohnerinnen und Bewohner vergleichbar prekär. Die Stadt Köln sollte diese Wohnquartiere identifizieren und gemeinsam mit qualifizierten Fachkräften der Gemeinwesenarbeit ein Konzept der Vitalisierung für diese Quartiere erstellen. Diese Forderung zählt zu dem Sieben-Punkte-Forderungskatalog, den die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung »Von der Revolte zur Steuerung - und zurück? Die Zukunft der Gemeinwesenarbeit in Köln« an die Politik richten. »Mindestens in den Quartieren Köln-Porz (Finkenberg), Köln-Ostheim (Gernsheimer Straße), Köln-Chorweiler und Köln-Meschenich (Kölnberg) ist die Lage derart angespannt, dass dort eine Förderung der GWA dringend erforderlich ist«, so Rolf Blandow, Geschäftsführer des Veedel e.V. und Sozialraumkoordinator von Ostheim und Neubrück. Dabei sollte eine enge Verzahnung mit dem Projekt »Lebenswerte Veedel - Bürger- und Sozialraumorientierung in Köln angestrebt werden. »Köln benötigt dringend mehr Gemeinwesenarbeit, um mehr soziale Gerechtigkeit in diesen Armutsquartieren zu erreichen«, ergänzt Prof. Dr. Markus Ottersbach, Professor für Soziologie an der Fachhochschule Köln.


GWA-Experten werden in Sozialausschuss eingeladen

Rund 150 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Praxis und Wissenschaft hatten an der Tagung der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften der Fachhochschule Köln und Veedel e.V. in Köln teilgenommen, die als Dies Academicus der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften vom 18.-19.11.2010 stattgefunden hat und mit einer Feier zum 25jährigen Bestehen von Veedel e.V. endete. Auf dem Programm standen Vorträge von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Fachhochschulen Köln und Düsseldorf und von Expertinnen und Experten aus der Praxis, aus der Verwaltung und aus der Politik sowie Diskussionen und Workshops. Die anwesenden Kommunalpolitikerinnen und -politiker zeigten sich sehr offen für die Anregungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Sie sagten zu, Expertinnen und Experten der GWA in den Sozialausschuss einzuladen, um gemeinsam über die Forderungen der GWA in Köln zu beraten.


Konzept für Umgang mit Schrottimmobilien

Zu den weiteren Forderungen der GWA in Köln zählten die Beteiligung der GWA bei der Stadtentwicklung, die Entwicklung eines Konzeptes für den Umgang mit Schrottimmobilien, die Verhinderung weiterer Privatisierungen von öffentlichen Wohnraum, die weitere Errichtung von Sozialwohnungen und Verlängerung der Sozialwohnungsbindung sowie mehr Flexibilität in der Förderung und Unterstützung von Beschäftigungsprojekten mit Langzeitarbeitslosen.


Fehler der Vvergangenheit im bereich Stadtentwicklung

Um Fehler der Vergangenheit im Bereich Stadtentwicklung und Stadtplanung zu verhindern, müssen Expertinnen und Experten der GWA aus der Praxis und aus der Wissenschaft im Rahmen der Stadtentwicklung und vor allem bei konkreten Planungsprozessen dringend beteiligt werden. Zudem soll die Stadt ein Konzept zum Umgang mit Schrottimmobilien entwickeln. Eindeutig verwahrloste Wohnungen sollten von der Stadt aufgekauft und umgehend saniert bzw. abgerissen und durch neue Wohnungen ersetzet werden. Ist dies nicht möglich, sollten Vermieter, die offensichtlich nur daran interessiert sind, die Wohnungen verwahrlosen zu lassen und Gewinn maximierend zu vermieten, dazu gezwungen werden, den Zustand zu verbessern und zumindest einen minimalen Wohnstandard zu realisieren.


Leitstandards der Gemeinwesenarbeit

Als Leitstandards der Gemeinwesenarbeit wurden festgehalten: Zielgruppenübergreifendes Handeln, Orientierung an den Bedürfnissen der Menschen, Förderung der Selbstorganisation und Selbsthilfe, Nutzung der vorhandenen Ressourcen, Verbesserung der materiellen Situation und der infrastrukturellen Bedingungen, Verbesserung der immateriellen Faktoren, Ressortübergreifendes Handeln sowie Vernetzung und Kooperation.


Gemeinwesenarbeit trägt zur lokalen Dmokratie bei

Als Kernbereich der GWA wurde die soziale Stadtentwicklung in Armutswohnquartieren definiert. Dabei setzt sich GWA dafür ein, geeignete Partizipationsmöglichkeiten zu entwickeln, um vor allem benachteiligten Menschen niederschwellige Zugänge zu ermöglichen. In diesem Sinne trägt Gemeinwesenarbeit zur lokalen Demokratie bei und ist Akteur im gesellschaftspolitischen Kontext. Ort der Aktivierung, Gruppen- und Projektarbeit ist dabei das kleinräumige Wohnquartier, das Veedel, mit seinen multiplen Belastungsfaktoren. Die Arbeit zeichnet sich durch einen intensive Nähe und einer hohe Kontaktdichte zu den Bürgern und einer ausgeprägten Parteilichkeit in der Sache aus.

Im Unterschied zur GWA umfassen kommunal initiierte, sozialräumlich koordinierende Instanzen wie Stadtteilmanagement und auch das Kölner Modell der »Sozialraumkoordination« zumeist mehrere Stadtteile mit bis zu 35.000 Menschen. Hier stehen die funktionalen Aspekte der Optimierung von Hilfen und Angebote im Stadtteil im Vordergrund der Interventionen.

Die Fachhochschule Köln ist die größte Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Deutschland.16.600 Studierende werden von rund 400 Professorinnen und Professoren unterrichtet. Das Angebot der elf Fakultäten und des Instituts für Tropentechnologie umfasst rund 70 Studiengänge, jeweils etwa die Hälfte in Ingenieurwissenschaften bzw. Geistes- und Gesellschaftswissenschaften: von Architektur über Elektrotechnik und Maschinenbau, Design, Restaurierung, Informationswissenschaft, Sprachen und Soziale Arbeit bis hin zu Wirtschaftsrecht und Medieninformatik. Neu hinzugekommen sind im Herbst 2009 die Angewandten Naturwissenschaften. Zur Hochschule gehören neben Standorten in Köln-Deutz und in der Kölner Südstadt auch der Campus Gummersbach; im Aufbau ist der Campus Leverkusen. Die Fachhochschule Köln ist Vollmitglied in der Vereinigung Europäischer Universitäten (EUA), sie gehört dem Fachhochschulverbund UAS 7 und der Innovationsallianz der nordrhein-westfälischen Hochschulen an. Die Hochschule ist zudem eine nach den europäischen Öko-Management-Richtlinien EMAS und ISO 14001 geprüfte und zertifizierte umweltorientierte Einrichtung.

Der Veedel e.V. wurde 1985 von Studierenden der katholischen Fachhochschule, Mitarbeitern des Jugendamts Kalk und Ostheimer Bürgerinnen und Bürgern das Stadtteilbüro Prignitzstraße e.V. gegründet. Diese Struktur hat sich bis heute erhalten: BürgerInnen, Wissenschaft und FachkollegInnen arbeiten zusammen. Die Leitlinien der Arbeit sind die sozialräumlichen Arbeitsprinzipien der Gemeinwesenarbeit mit dem Ziel, die Lebens- und Wohnbedingungen der Menschen nachhaltig zu verbessern. Ziel sind die Stärkung der Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bürger(innen), die Unterstützung der Bürger-Selbstinitiative, Netzwerk und Kooperation sowie zielgruppenübergreifende Arbeit. Für seine außergewöhnlichen Leistungen erhielt der Veedel e.V. zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution21


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Fachhochschule Köln, Petra Schmidt-Bentum, 26.11.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2010