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INTERNATIONAL/153: Rückschritte beim Opferschutz - Fortschritte bei Strafverfolgung und Prävention (idw)


Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg - 21.08.2013

Rückschritte beim Opferschutz - Fortschritte bei Strafverfolgung und Prävention

Index erfasst Daten zum Menschenhandel aus über 180 Ländern weltweit



Während die Strafverfolgung und Maßnahmen zur Prävention von Menschenhandel in weiten Teilen der Welt zunehmen, gibt es in vielen Ländern Rückschritte beim Opferschutz. Diese Entwicklung lässt sich für wohlhabende Staaten wie für Entwicklungsländer dokumentieren. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle "3P-Anti Trafficking Policy Index". Die Untersuchung unter der Leitung von Prof. Dr. Axel Dreher vom Alfred-Weber-Institut für Wirtschaftswissenschaften der Universität Heidelberg wird seit 2011 durchgeführt und einmal im Jahr veröffentlicht. "Unser Index soll dabei helfen, Daten zum weltweiten Menschenhandel zu erfassen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen", erläutert Prof. Dreher.

Die Wissenschaftler werteten für ihre Untersuchung Berichte des U.S. Außenministeriums zum weltweiten Menschenhandel im Zeitraum 2001 bis 2013 sowie die "Global Reports on Trafficking in Persons" des Büros der Vereinten Nationen zur Drogen- und Verbrechensbekämpfung aus den Jahren 2006, 2009 und 2012 aus. Der daraus entstandene "3P-Index" umfasst Datenmaterial zum Menschenhandel aus über 180 Ländern im Zeitraum 2000 bis 2012. Er setzt sich aus den drei Kategorien "Strafverfolgung der Menschenhändler" (Prosecution), "Prävention" (Prevention) und "Opferschutz" (Protection) zusammen. Diese werden nach einem Punktesystem gemessen. "Je mehr Punkte einem Land zugewiesen werden können, desto größer sind dort die Bemühungen zur Bekämpfung von Menschenhandel", erklärt Prof. Dreher.

Bewertet wird in der Kategorie "Strafverfolgung", ob ein Land eine spezifische Gesetzgebung gegen Menschenhandel besitzt, ob das Strafmaß angemessen und vergleichbar zu ähnlichen Vergehen ist und inwieweit Strafen umgesetzt werden. Zu "präventiven" Maßnahmen zählen unter anderem öffentlichkeitswirksame Informationen und die Zusammenarbeit mit internationalen Akteuren. "In beiden Kategorien lassen sich seit Beginn des Beobachtungszeitraumes im Jahr 2000 Verbesserungen feststellen. In Dänemark beispielsweise hat sich die Koordination zwischen den Strafverfolgungsbehörden und Sozialarbeitern stark verbessert, wodurch eine proaktive Identifizierung von Opfern ermöglicht wird. Auch präventive Maßnahmen wie Sensibilisierungskampagnen werden in immer mehr Ländern von staatlicher Seite unterstützt", erläutert Alexandra Rudolph, die als Doktorandin am Lehrstuhl von Prof. Dreher forscht und an der Erstellung des Index beteiligt ist.

Rückschritte konnten die Wissenschaftler dagegen beim Schutz von Menschenhandelsopfern nachweisen. "Als wichtigster Bewertungspunkt zählt hier, ob die Opfer von Menschenhandel kriminalisiert oder sogar als Täter behandelt werden", so Alexandra Rudolph. Weitere Kriterien sind die Bereitstellung von medizinischer Hilfe, Unterstützung von Behörden und Gerichten sowie die Möglichkeit, eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. "Obwohl internationale Organisationen und nationale Regierungen in den letzten Jahren stärkere Bemühungen zum Opferschutz gefordert haben, zeigen die Daten, dass die Defizite hier stärker wurden - und zwar unabhängig davon, wie entwickelt ein Land ist", erklärt die Nachwuchswissenschaftlerin.

Der 3P-Index ist das Ergebnis eines Projekts zur Erforschung der Bestimmungsgründe und Konsequenzen von Menschenhandel, das im Zeitraum 2010 bis 2012 von Prof. Dreher in Zusammenarbeit mit Kollegen der London School of Economics (LSE), der Universität Tilburg und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) durchgeführt und von der Europäischen Kommission finanziell unterstützt wurde. Die Forschungsergebnisse über den 3P-Index basieren auf der Forschungsarbeit "The Determinants of Anti-trafficking Policies - Evidence from a New Index", die in Kürze in der Fachzeitschrift "Scandinavian Journal of Economics" veröffentlicht wird. Autoren sind Seo-Young Cho von der Universität Marburg, Axel Dreher und Eric Neumayer von der London School of Economics.

Der aktuelle "3P-Anti Trafficking Policy Index" sowie detaillierte Informationen zur Konstruktion und der Methodik sind im Internet unter www.human-trafficking-research.org abrufbar.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution5

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Marietta Fuhrmann-Koch, 21.08.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. August 2013