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GENDER/045: Haiti - Parlament diskutiert ausdrückliches Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Haiti

Parlament diskutiert ausdrückliches Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe


(Montevideo, 20. Juli 2017, la diaria) - Der haitianische Senat diskutiert seit 18. Juli einen Gesetzesentwurf, der die Eheschliessung zwischen Personen gleichen Geschlechts verbieten würde, wie die Tageszeitung Le Nouvelliste und die Nachrichtenagentur Efe berichteten. Auch wenn diese Form der Verbindung in Haiti bereits illegal ist, zielt die Initative auf ein ausdrückliches Verbot der Homosexuellen-Ehe und deren strafrechtliche Verfolgung ab und ist Ausdruck der im Land herrschenden Diskriminierung sexueller Minderheiten.


Naturkatastrophen seien Folge der Homosexualität

Autor des Entwurfs ist der Senator Car Murat Cantave, der seine Einstellung gegenüber Homosexualität bereits öffentlich geäußert hatte. Wie Le Nouvelliste berichtete, sprach Cantave vergangenen Oktober in einem Interview über die Wirbelstürme und Erdbeben, die das Land regelmäßig heimsuchen - "und von denen wir nicht wissen, woher sie kommen" - und brachte diese mit Homosexualität in Verbindung. Auf die Frage welche Beziehung zwischen den klimatischen Phänomenen und der sexuellen Orientierung von Menschen bestehe, war die Antwort Cantaves: "Ich will dir was sagen: Sodom und Gomorra! Der Grund, weswegen das Feuer Sodom und Gomorra zerstörte, war sündiges Sexualverhalten, Sodomie." Während des Interviews bestand Cantave auf dieser Auffassung. "Als Arzt stehe ich der Wissenschaft nahe, aber auch der anderen Seite", der Seite des Glaubens, so der Senator, und versicherte er würde "alles mögliche tun, um zu verhindern, dass diese Abscheulichkeit Haiti befällt".

Cantave ist nicht der einzige im Land, der diese Art Behauptungen äußert. Ein Bericht von Amnesty International kam 2014 zu dem Ergebnis, "das Verhalten gegenüber LGBTI-Personen" werde "seit dem Erdbeben am 12. Januar 2010 immer feindseliger. Damals behaupteten verschiedene religiöse Gruppen, die in Haiti humanitäre Hilfe leisteten, die Naturkatastrophe sei eine Folge von Homosexualität".


Angriffe gegen LGBTI-Gemeinschaft

Einige Monate vor Veröffentlichung des Berichts wurden im Jahr 2013 die Drohungen gegen die haitianische Organisation Kouraj, die für den Respekt gegenüber sexueller Vielfalt kämpft, und besonders gegen deren Leiter Charlot Jeudy, angeprangert. Die Organisation sollte durch die Bedrohungen gezwungen werden, ihre Aktivitäten einzustellen. Im gleichen Jahr gingen Tausende Menschen auf die Straße, um gegen eine mögliche Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Land zu protestieren. 2016 führten weitere Bedrohungen dazu, dass Kouraj ein geplantes Festival absagte.

Nach der Diskussion des Gesetzesentwurfs erklärte Jeudy gegenüber der Agentur Efe: "Es gibt Senatoren, die ihre Homophobie öffentlich äußern, was einen klaren Angriff auf uns bedeutet." Für den Leiter von Kouraj ist der Vorschlag von Cantave "verlorene Zeit". "Da das Gesetz die Eheschließung zwischen Personen des gleichen Geschlechts nicht anerkennt, wollen die Senatoren diese nun strafrechtlich verfolgen", fügte Jeudy hinzu.

Zudem erklärte er: "Die ganze LGBTI-Gemeinschaft in Haiti ist besorgt aufgrund der kürzlichen Angriffe". Zu der Offensive zählte er auch einen Resolutionsentwurf des Senators Jean Renel, der bereits vom Senat bewilligt wurde und darauf abzielt, Personen der Gemeinschaft das "certificat de bonne vie", eine Art Führungszeugnis, zu verweigern, das beispielsweise für den Antritt eines Arbeitsplatzes erforderlich ist. Jeudy forderte die Regierung auf "sich dahingegen so zu positionieren, dass weitere Angriffe auf die LGBTI-Gemeinschaft verhindert werden".


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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. August 2017

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