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FRAUEN/838: Corona-Krise - Gewaltschutz für geflüchtete Frauen endlich umsetzen (medica mondiale)


medica mondiale - 7. April 2020

Corona-Krise: Gewaltschutz für geflüchtete Frauen muss endlich umfassend umgesetzt werden


Wegen dutzenden Corona-Fällen steht seit vergangener Woche in Euskirchen die erste Landesunterkunft für Geflüchtete in Nordrhein-Westfalen unter Quarantäne. In mehreren Bundesländern wurden bereits ähnliche oder weitergehende Maßnahmen für andere Geflüchtetenunterkünften getroffen. medica mondiale befürchtet, dass geflüchtete Frauen in den überfüllten Unterkünften damit mehr denn je von Gewalt bedroht sind.

"Das Ausbrechen von Corona in den überfüllten Unterkünften war nur eine Frage der Zeit. Alle, die noch nicht erkrankt sind, müssen nun schnellstmöglich dezentral untergebracht werden", sagt Jessica Mosbahi, Referentin für Politik und Menschenrechte bei medica mondiale. "Wo Hunderte auf engstem Raum zusammenleben, ist nicht nur die Gefahr der Verbreitung des Virus extrem hoch, sondern es steigt auch der Stress für die Bewohnerinnen und Bewohner. Stress, der sich meist in Form von Gewalt gegenüber Frauen und Kindern entlädt."

In Krisen nimmt Gewalt typischerweise zu, auch als Folge von Stress und Ängsten, wie sie aktuell durch die mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen vorhanden sind. Dies gilt umso mehr für Menschen, die sich bereits in einer Ausnahmesituation befinden. "Bereits vor Ausbruch des Corona-Virus waren die Frauen in den vollen Unterkünften gewaltsamen Übergriffen, darunter auch sexualisierter Gewalt, ausgesetzt. Trotzdem wurde das Thema Gewaltschutz in den Flüchtlingsunterkünften nur schleppend angegangen", so Mosbahi. "Fortbildungen des Personals zu sexualisierter Gewalt und einem gender- und trauma-sensiblen Arbeitsansatz sind bis heute nicht institutionalisiert. Und das, obwohl die verbindliche Istanbul-Konvention den Schutz geflüchteter Frauen vor Gewalt ausdrücklich einfordert."

"Gewaltschutzkonzepte müssen endlich umfassend umgesetzt werden. Alle Maßnahmen zur Eindämmung von Corona in den Unterkünften sollten auch die besondere Situation geflüchteter Frauen sowie ihre Bedarfe in den Blick nehmen", sagt Mosbahi. "Die Bundesregierung begründet ihre Schutzmaßnahmen mit der Bitte um Solidarität und gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Doch auch geflüchtete Menschen sind Teil unserer Gesellschaft - ob in deutschen Unterkünften oder auf den griechischen Inseln. Hier gilt es deutlich zu machen, dass unsere Solidarität und damit auch der Schutz vor dem Corona-Virus auch für sie gelten muss."


Seit 25 Jahren kompromisslos für Frauenrechte

medica mondiale setzt sich seit 25 Jahren für Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten ein. Dabei versteht sich die Organisation als Anwältin für die Rechte und Interessen von Frauen, die sexualisierte Kriegsgewalt überlebt haben. Neben medizinischer, psychosozialer und rechtlicher Unterstützung bietet medica mondiale Programme zur Existenzsicherung und leistet politische Menschenrechtsarbeit. 2008 wurde die Gründerin der Organisation, Dr. Monika Hauser, mit dem Right Livelihood Award, dem so genannten Alternativen Nobelpreis, ausgezeichnet.

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Quelle:
medica mondiale e.V.
Pressemitteilung vom 7. April 2020
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. April 2020

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