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FRAUEN/806: Kolumbien - Feministin & LGBTI-Aktivistin Claudia López wird Bogotás erste Bürgermeisterin (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Kolumbien

Feministin & LGBTI-Aktivistin Claudia López wird Bogotás erste Bürgermeisterin


(Bogotá, 29. Oktober 2019, La Diaria) - "Gewonnen haben wir Frauen, Mädchen und die Familien, die sich hart aus der Armut arbeiten, so wie meine oder die Ihre. Bogotá hat nicht nur dafür gestimmt, dass sich in den nächsten vier Jahren die Stadt verändert, sondern auch dafür, dass diese Generation die gesamte Gesellschaft verändert", sagte die ehemalige Senatorin Kolumbiens Claudia López in ihrer ersten Rede als gewählte Bürgermeisterin von Bogotá. Bei den Kommunalwahlen am 27. Oktober wurde das Mitglied der Mitte-Links-Partei Alianza Verde (Grüne Allianz) mit einer Mehrheit gewählt. Sie bekam 35 Prozent der Wahlstimmen, also etwa eine Million Stimmen. Damit gewann sie gegen den parteiunabhängigen Kandidaten Carlos Fernando Galán, der mit 32 Prozent der Wahlstimmen unterlag, obwohl er die letzten Umfragen angeführt hatte.

Der Wahlsieg von López ist ein historisches Ereignis, denn zum ersten Mal wurde eine Frau ins Bürgermeisteramt der kolumbianischen Hauptstadt gewählt. Bislang hatten Frauen, wenn überhaupt, nur das vorläufige Amt inne. Mit der Wahl von López, die sich für sexuelle Diversität einsetzt und offen lesbisch ist, betritt die LGBTI-Community nun auch die politische Bühne Kolumbiens. Claudia López, 49 Jahre alt, lebt seit vielen Jahren in einer Beziehung mit der Senatorin Angélica Lozano, mit der sie sich vor ihrer Rede und unter Applaus und Beifallsrufen küsste und damit ein seltenes Bild in der politischen Szene Kolumbiens abgab.


López verspricht neue Politik in der Stadt

López versicherte, eine divers besetzte Regierung bilden zu wollen, die daran arbeiten werde, die Stadt mit Hilfe einer "Bürger*innenkultur" ("cultura ciudadana") in den nächsten vier Jahren zu verändern. Die Bürger*innen von Bogotá hätten ihr ihre Stimmen gegeben, "damit wir mit einer Bürger*innenkultur, einer qualitativ hochwertigen Bildung und mehr Gleichheit den Machismo, Rassismus, Klassizismus, die Homophobie und Fremdenfeindlichkeit bezwingen, überwinden und verlernen", so López. Sie fügte hinzu, dass der Wandel und der Abbau von Ungerechtigkeiten in Bogotá nicht aufzuhalten seien und, dass dieser Wandel mit dem Aufbau einer offenen, partizipativen und transparenten Regierung beginne, die versuchen werde, das Vertrauen der Bürger*innen in die öffentlichen Institutionen zurückzugewinnen. Die künftige Bürgermeisterin sagte, sie strebe eine "Politik der sozialen Gerechtigkeit, der Liebe und der Anerkennung" an.

Claudia López studierte Finanzwirtschaft und Internationale Beziehungen an der kolumbianischen Externado-Universität (Universidad Externado de Colombia) mit Hilfe eines Bildungskredits. Außerdem schloss sie den Diplom-Studiengang Stadtmanagement an der niederländischen Erasmus-Universität in Rotterdam ab und erwarb darüber hinaus einen Mastertitel in Public Administration und Urban Policy an der Columbia University in den USA. Im Juni 2019 erhielt sie an der Northwestern University von Chicago ihren Doktortitel in Politikwissenschaft.

Bekanntheit erlange López, als das kolumbianische Nachrichtenmagazin Semana im Jahr 2006 eine Recherche von ihr veröffentlichte. In dieser deckte López Verbindungen zwischen den paramilitärischen Gruppen Autodefensas Unidas de Colombia (AUC) und der Politik auf. Sie löste damit den sogenannten Parapolitik-Skandal aus. Auch wenn dutzende Politiker*innen daraufhin verurteilt wurden, ist das Phänomen der Parapolitk in Kolumbien weiterhin präsent. López bekam aufgrund ihrer investigativen Arbeit Morddrohungen und verließ deshalb im Jahr 2013 für einige Monate das Land.


Die politische Laufbahn von Claudia López

Bereits im darauffolgenden Jahr kehrte sie jedoch nach Kolumbien zurück, um politisch aktiv zu werden. 2014 wurde sie von der Partei Alianza Verde zur Senatorin gewählt. Mit 81.045 Stimmen hatte sie den größten Stimmenanteil in ihrer Partei erreicht. Im vergangenen Jahr 2018 war sie als Teil der Coalición Colombia (Koalition Kolumbien) - ein Wahlbündnis zwischen der Mitte-Links-Partei Alianza Verde, der linken Partei Polo Democrático Alternativo (Alternativer Demokratischer Pol) und der Bürgerbewegung Compromiso Ciudadano (Bürgerliches Engagment) - die Vizekandidatin des Präsidentschaftskandidaten Sergio Fajardo. Fajardo und López belegten hinter dem damals gewählten Präsidenten Iván Duque und dem zweitplatzierten Kandidaten, dem Senator Gustavo Petro, den dritten Platz.

Das Wahlergebnis motivierte López für eine neue Initiative. Sie initiierte zusammen mit Lozano das Referendum über Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung: Die kolumbianische Bevölkerung war am 30. August 2018 dazu aufgerufen, über Antikorruptionsmaßnahmen abzustimmen. Ziele der Initiative waren unter anderem die Senkung der Gehälter von Parlamentarier*innen, höhere Strafen für Korruption und eine Begrenzung von aufeinanderfolgenden Amtszeiten. Zwar stimmte die Bevölkerung klar für die Antikorruptionsmaßnahmen, diese wurden aufgrund der geringen Wahlbeteiligung jedoch gesetzlich nicht bindend [1]. Ab dem 1. Januar 2020 wird Claudia López nun die erste Frau sein, die die kolumbianische Hauptstadt Bogotá regiert.


Anmerkung:
[1] https://www.dw.com/de/referendum-gegen-korruption-in-kolumbien-gescheitert/a-45239078


URL des Artikels:
https://www.npla.de/thema/tagespolitik/feministin-lgbti-aktivistin-claudia-lopez-wird-bogotas-erste-buergermeisterin/


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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. November 2019

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