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FRAUEN/527: Salomonen - Politisch ambitionierte Frauen erkämpfen sich Respekt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. Dezember 2013

Salomonen: Politisch ambitionierte Frauen erkämpfen sich Respekt

von Catherine Wilson



Buala, Salomonen, 23. Dezember (IPS) - Nirgendwo sonst auf der Welt ist der Anteil der Frauen in politischen Ämtern geringer als in den pazifischen Inselstaaten. In der Region, in der Politik nach wie vor als Männerdomäne betrachtet wird, liegt er bei gerade einmal 3,65 Prozent - gegenüber 18 Prozent, dem globalen Durchschnittswert. Roda Sikilabu, Ministerin für Gemeindeangelegenheiten in der Salomonen-Provinz Isabel, hat sich mit ihrem Einsatz für die Entwicklung dörflicher Gemeinschaften die Anerkennung der Wähler errungen.

Sikilabu standen längst nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung wie ihren männlichen Herausforderern, als sie 2006 als Kandidatin für die Provinzwahlen ins Rennen ging. Dass sie sich dennoch gegen sechs männliche Bewerber behaupten konnte, verdankt sie ihrem mehr als zehnjährigen Engagement, das Leben gerade in den entlegenen Ortschaften nachhaltig zu verbessern.

"Für mich bedeutet Politik, den Familien zu besseren Lebensverhältnissen zu verhelfen, sie vor Hunger zu schützen. Es geht darum, den Senioren und den Menschen mit Behinderungen zur Seite zu stehen und den Gemeinden den Zugang zu sanitärer Grundversorgung und Solarstrom zu verschaffen", sagt die Ministerin. "Es geht darum, das Leben der Menschen wirklich zu verbessern."

In einem Land, das aus mehr als 900 Inseln besteht, reich an tropischen Regenwäldern, aber arm an Straßen ist und in dem die Dörfer weit weg voneinander liegen, ist jeder Wahlkampf eine unerhörte Herausforderung. Der Besuch der Gemeinden geht mit einer Vielzahl von Unbequemlichkeiten einher: So müssen die Kandidaten im Busch schlafen, schon einmal über die Ufer getretene Flüsse durchschwimmen und sich auf ihren Reisen in Kanus stürmischen Wettern stellen.

Sikalabu war die erste Frau, die sich in der 30.000 Einwohner zählenden Provinz Isabel für ein politisches Amt beworben hatte. Obwohl die Gesellschaft in Isabel matrilinear organisiert ist, werden meist nur die Jungen zur Schule geschickt. Hier sieht die Ministerin eine Ursache für die Tatsache, dass Frauen in den entscheidungsbildenden Ausschüssen und Treffen keine Rolle spielen. Obwohl in der Landesverfassung Frauen und Männer gleichgestellt sind, ist es bis zur Anerkennung von Frauen in der Politik noch ein weiter Weg.


Zwei Parlamentarierinnen seit 1978

Die Weltbank zufolge sind die Fortschritte der letzten zehn Jahre, Frauen in den pazifischen Inselstaaten zu größerer politischer Partizipation zu verhelfen, gering. Auf den Salomonen wurden seit der Unabhängigkeit 1978 erst zwei Frauen ins Parlament gewählt: Hilda Kari in den 1980ern Jahren und Vika Lusibaea vor kurzem. Bei den nationalen Wahlen 2010 bewarben sich Frauen um 21 der 50 Sitze, konnten jedoch nur vier Prozent der Stimmen auf sich vereinigen.

Dass sie zusammen mit einer weiteren Frau, Beverley Dick, ins Provinzparlament gewählt wurde, zeigt nach Ansicht von Sikilabu, wie sehr sich die Öffentlichkeit einen Wandel gewünscht hatte. Ihr sei von Anfang an klar gewesen, dass sie in ihrer ersten Amtszeit sichtbare Erfolge vorzeigen musste. "Nachdem ich gewählt worden war, erklärte ich den Menschen, dass ich entschlossen bin, ihre Probleme zu lösen."

Es bestand Bedarf an einer elementaren Wasser-, Energie-, Sanitär- und Gesundheitsversorgung. Als erstes sorgte Sikilabu dafür, dass die 1.500 Menschen in 16 entlegenen Dörfern ihres Wahlkreises Zugang zu Strom erhielten. "Nach meinen ersten vier Jahren im Amt hatte jede Familie und jeder Haushalt in jedem Dorf Zugang zu Solarstrom", berichtet sie stolz. "Für die Kinder war es kein Problem mehr, in den Abendstunden ihre Hausaufgaben zu machen. Dadurch konnten sie ihre Noten verbessern."

Auch hat sie für die Sanierung ländlicher Gesundheitszentren gesorgt, die nun 4.000 Menschen versorgen können. "Frauen bekommen ihre Babys häufig in ihren Kanus oder am Strand. Kinder sterben an der Malaria", berichtet Sikilabu. "Mit diesen Problemen haben sich meine männlichen Vorgänger nie auseinandergesetzt."


Bau und Instandsetzung von Kliniken

Von der Hauptstadt Honiara aus koordinierte sie die Lieferung von Baumaterialien, Rohren, Toiletten, Solarzellen und Wassertanks zu den Inseln der Provinz Isabel, um die Arbeiten an der neuen Klinik in Sigana und an der alten in Japuana zu beschleunigen. Sobald die neue Klinik fertiggestellt sein wird, ist sie für die meisten Frauen vor Ort zu Fuß erreichbar. "Derzeit sind sie mit ihren Kanus bis zu drei Stunden bis zur nächsten Klinik unterwegs", berichtet die Politikerin.

Helen und Patlyn aus dem Dorf Gurena auf der Hauptinsel Santa Isabel berichten, dass den Bemühungen der Lokalpolitikerinnen auch die Verbesserung der Sanitärversorgung und der Wohnungssituation zu verdanken sei. Auch habe der Zugang zu landwirtschaftlichen Geräten und produktiverem Saatgut die Lebensbedingungen erheblich verbessert.

Isabel ist die Heimat von zwei der insgesamt sechs Frauen, die in den salomonischen Provinzregierungen vertreten sind. "Sie sind die sozialen Probleme angegangen und haben dafür gesorgt, dass wir in wichtigen Fragen wie Bergbau und Holzeinschlag gehört werden", berichtet Judy Tabiru, Vorsitzende des Frauenprovinzrats von Buala, der wichtigsten Stadt von Isabel.

Sikilabu hat bekannt gegeben, dass sie bei den Nationalwahlen 2014 als Kandidatin antreten wird. Vier politische Parteien sind derzeit bestrebt, die Politikerin ins Boot zu holen. Sie ist der Meinung, dass der politische und soziale Wandel auf den Salomonen, die auf dem Index der menschlichen Entwicklung auf dem 143. von 187 gelisteten Ländern stehen, noch viel mehr politisch aktiver Frauen bedarf. Es sei wichtig, die fortbestehende Ungleichheit zu bekämpfen und mehr Frauen zu alphabetisieren. Bisher können nur 14 Prozent der Frauen des Landes lesen und schreiben. Außerdem müssten die Wirtschafts- und Führungsfähigkeiten von Frauen gestärkt werden.

"Wenn wir Frauen wählen, die gebildet sind, werden sie sich die Anerkennung erkämpfen, die sie brauchen, um ins Parlament gewählt zu werden", ist Tabiru überzeugt. "Doch müssten sie in den Provinzen geschult werden und lernen sich überzeugend auszudrücken, damit sie die Menschen für sich gewinnen."


Förderkurse für Frauen

Isabels Ministerium für Gemeindeangelegenheiten bietet in den Dörfern Kurse an, die Frauen befähigen sollen, sich in Entscheidungsprozesse einzubringen und für die Dörfer wichtige Prozesse voranzubringen.

Nationale Frauenräte, zwischenstaatliche Organisationen und internationale Geber unterstützen die Bemühungen um eine größere politische Beteiligung der Frauen. Im August hatte sich Sikilabu mit der Vizepräsidentin des Parlaments des Bundesstaates Victoria, Christine Fyffe, im Rahmen eines regionalen Mentoren-Austauschprogramms des Parlamentarischen Frauenpartnerschaftsprogramms getroffen.

Sikilabu ist der Meinung, dass es Aufgabe der gewählten Frauen ist, dafür zu sorgen, dass ihnen andere folgen können. "Wir müssen mehr Frauen den Weg in Regierungsämter ebnen, indem wir uns leidenschaftlich für dieses Ziel engagieren, stärker mit unseren Anliegen in die Öffentlichkeit treten und dafür sorgen, dass wir als diejenigen wahrgenommen werden, die Probleme angehen." (Ende/IPS/kb/2013)


Link:

http://www.ipsnews.net/2013/12/women-advance-distant-islands/

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IPS-Tagesdienst vom 23. Dezember 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Dezember 2013