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FRAUEN/374: Parteipolitisch abgedrängt, Führungspositionen den Männern vorbehalten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. März 2012

Frauen: Parteipolitisch abgedrängt - Führungspositionen den Männern vorbehalten

von Thalif Deen

Die politische Partizipation sambischer Frauen beschränkt sich aufs Wählen - Bild: © Richard Mulonga/IPS

Die politische Partizipation sambischer Frauen beschränkt sich aufs Wählen
Bild: © Richard Mulonga/IPS

New York, 2. März (IPS) - Mehrere internationale Konventionen garantieren den Frauen dieser Welt das Recht auf politische Mitsprache. Damit dieses Recht Wirklichkeit werden kann, müssen einem neuen Bericht zufolge noch etliche Hindernisse aus dem Weg geräumt werden.

Stellen Frauen durchschnittlich 40 bis 50 Prozent aller Parteimitglieder, belegen sie nur zehn Prozent der parteiinternen Führungspositionen, geht aus der Untersuchung hervor, die das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) und das 'National Democratic Institute (NDI) for International Affairs' gemeinsam herausgegeben haben. Das NDI ist eine parteiunabhängige US-amerikanische Non-Profit-Organisation, die sich international für Demokratieförderung einsetzt.

"Dass Frauen zudem keine 20 Prozent der Parlamentssitze belegen, verdeutlicht, dass die Parteien mehr tun müssen als bisher und dazu ermuntert werden müssen, die politische Befähigung von Frauen zu unterstützen", sagte die UNDP-Administratorin Helen Clark.


Leitfaden

Die unter dem Titel 'Empowering Women for Stronger Political Parties' erschienene Studie ist im Grunde eine Anleitung, wie sich Frauen in den politischen Parteien besser durchsetzen können. Sie enthält 20 Fallstudien aus Entwicklungsländern wie Burkina Faso, El Salvador, Indonesien, Marokko und Osttimor und aus Industriestaaten wie Deutschland, Großbritannien, Spanien und USA.

"Wenn wir Demokratie fördern und Frauen politisch stärken wollen, kommen wir um die politischen Parteien nicht herum. Wir müssen sie einspannen", meinte die Leiterin des UNDP-Gender-Teams, Winnie Byanyima. "Solange Frauen in den politischen Parteien keine Spitzenämter haben, werden sie auch keine Regierungen führen." Frauen stellen gerade einmal 16 Prozent aller Minister und keine fünf Prozent der Regierungs- und Staatschefs.

Der Bericht merkt kritisch an, dass trotz 30-jähriger Lobbyarbeit der internationalen Gemeinschaft zugunsten einer größeren politischen Mitsprache von Frauen die Erfolge somit recht bescheiden ausgefallen sind. Auch dass die Stärkung der Rolle der Frau zu einem der acht UN-Millenniumsentwicklungsziele zur Armutsbekämpfung geworden ist, hat wenig bewirkt. "Bisher macht keine Weltregion Anstalten, das Ziel einer Frauenquote von 30 Prozent bis 2015 in allen Entscheidungspositionen zu erreichen."

Auch wenn es bemerkenswerte Ausnahmen und positive Beispiele gibt, ist es bis zu einer vollen politischen Partizipation von Frauen noch ein weiter Weg. Jüngsten Zahlen der Interparlamentarischen Union (IPU) und der UN-Frauenorganisation 'UN Women' zufolge werden derzeit nur 18 von 193 Ländern von einer Staats- oder Regierungschefin geführt.

Der UNDP/NDI-Bericht unterbreitet Vorschläge, wie sich Frauen in Wahlzeiten besser behaupten können - etwa durch Trainingskurse für die weiblichen Kandidaten und Maßnahmen, mit denen sich die Betroffenen mehr Gehör verschaffen können.

Das NDI hat in mehr als 80 Ländern mit 720 politischen Parteien zusammengearbeitet, um die politischen Herausforderungen zu schaffen, die Frauen und Männern gleichermaßen eine aktive Partizipation am Demokratieprozess ermöglichen. "Wir hoffen, dass unsere Bemühungen durch diesen Leitfaden weiter unterstützt werden", sagte NDI-Präsident Ken Wollack.

Was die Phase der Vorwahlen betrifft, dürften Rekrutierung und Nominierung der Kandidaten die wichtigsten Prozesse sein, um Frauen zu politischer Partizipation zu verhelfen. Doch der ohnehin tiefe Graben zwischen den Geschlechtern wird noch größer, wenn es darum geht, den geeigneten Kandidaten auszuwählen.


Klare Ansagen

"Es ist wichtig, dass die Parteien Regeln einführen, die eine faire Repräsentanz von Frauen garantieren", heißt es in dem 118-seitigen Bericht. Solange die Bestimmungen nicht schriftlich fixiert würden und somit informell blieben, sei es schwer für Frauen, in die Machtzentren politischer Parteien vorzudringen und die zu maßregeln, die sich nicht an die Regeln hielten. Ebenso gelte es zu beachten, dass in Parteien ohne feste Rekrutierungsrichtlinien "Entscheidungen von einer kleinen Elite, in der Regel von Männern, getroffen werden".

Die Studie stellt Fälle einer umgekehrten Diskriminierung vor, die sich für Frauen positiv ausgewirkt haben. So gibt es in Kanada eine politische Partei, die über ein Kandidatenrekrutierungskomitee verfügt, das eine möglichst große Vielfalt der Kandidaten gewährleisten soll. In Costa Rica werden auf den Wahllisten die Namen der Kandidatinnen und Kandidaten abwechselnd aufgeführt. In El Salvador bietet eine multisektorale Vereinigung Kommunikations- und Organisationskurse an, die Frauen helfen sollen, ihre Arbeit in- und außerhalb des Parlaments effizienter zu gestalten.

In Südafrika haben weibliche Parteimitglieder für Änderungen des parlamentarischen Sitzungskalenders gesorgt, um Abgeordneten mit Familien entgegenzukommen. In Indien schrieb der nationale Exekutivausschuss der 'Bhatariya-Janata-Partei'(BJP) 2008 in seiner Satzung eine Frauenquote von 33 Prozent für parteiinterne Führungspositionen fest. (Ende/IPS/kb/2012)


Links:
http://www.undp.org.tr/publicationsDocuments/Empowering_Women_for_Stronger_Political_Parties.pdf
http://www.ipu.org/english/home.htm
http://www.unwomen.org/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=106931

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 2. März 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. März 2012