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FRAUEN/303: Guatemala - Frauenmorde, Aktivistinnen prangern 'Genozid' an Frauen an (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Februar 2011

Guatemala: Hochburg der Frauenmorde - Aktivistinnen prangern 'Genozid' an Frauen an

Von Danilo Valladares


Guatemala Stadt, 10. Februar (IPS) - In Guatemala mit seinen 14 Millionen Menschen, die Hälfte von ihnen Frauen, gibt der Machismo ein Bild des Grauens ab. Im vergangenen Jahr lagen den Gerichten 46.000 Fälle sexualisierter Gewalt vor, die in den vergangenen zehn Jahren rund 5.200 Frauen das Leben kostete. Allein im letzten Jahr waren es 680 solcher Morde.

"Würden genauso viele Menschen aufgrund ihres ethnischen Hintergrundes umgebracht, sprächen wir von einem Völkermord", sagte die argentinische Anwältin Susana Chiaretti vom Expertinnenkomitee für die Einhaltung der Interamerikanischen Übereinkunft zur Vorbeugung, Bestrafung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Sie spricht deshalb von einem "an Frauen begangenen Genozid".

Nach Ansicht von Gladys Acosta, Lateinamerika-Direktorin der Weltfrauenorganisation UNIFEM, wird es höchste Zeit, dass die internationale Gemeinschaft gegen die "Epidemie" der sexualisierten Morde in Guatemala tätig wird, die sich zudem durch eine unglaubliches Maß an Grausamkeit auszeichnen, wie der Fall Mindy Rodas gezeigt hat.

Rodas war Anfang Juli 2009 in der Ortschaft Tapalapa im östlichen Departement von Santa Rosa nur knapp einem Mordanschlag durch ihren damaligen Mann Esteban López entkommen. Der Täter hatte sie brutal misshandelt und die Hälfte ihres Gesichts mit einer Machete entfernt. Nachdem er aufgrund eines gefälschten Dokuments wieder freigelassen wurde, reichte das Rodas Klage wegen versuchten Mordes ein.

'Die Frau ohne Gesicht' wurde zur Ikone der internationalen Frauenbewegung. Sie trat im in- und ausländischen Fernsehen auf, um gegen die Gewalt gegen Frauen zu protestieren. Im Februar 2010 reiste sie zu einen gesichtschirurgischen Eingriff nach Mexiko, kehrte aber aufgrund von Depressionen frühzeitig nach Guatemala zurück. Dort wurde ihr entstellter Leichnam am 18. Dezember neben einem weiteren weiblichen Mordopfer aufgefunden. In vier Monaten hätten sie im Prozess gegen ihren Ex-Mann ausgesagt.

Seit April 2008 gibt es in Guatemala das Gesetz gegen Frauenmorde und andere Formen der Gewalt, die 25- bis 50-jährige Haftstrafen für geschlechtsbedingte Gewalt vorsehen, drei- bis zehnjährige Gefängnisstrafe für körperliche und seelische Übergriffe und zwei bis acht Jahre Gefängnis für "wirtschaftliche Gewalt", worunter Verstöße gegen das Recht von Frauen auf Arbeit und Besitz verstanden werden.

Das Gesetz gilt als ein Meilenstein im Kampf gegen die sexualisierte Gewalt in Guatemala. Problem ist nur die Umsetzung. Nach Angaben der von den Vereinten Nationen eingesetzten Internationalen Kommission gegen die Straffreiheit in Guatemala bleiben 98 Prozent aller tödlichen Gewaltverbrechen inklusive der Frauenmorde ungesühnt. Guatemala gehört mit einer Mordrate von 52 pro 100.000 Einwohnern zu den gewalttätigsten Ländern der Welt. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Februar 2011