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ARBEIT/596: Kamerun - In Kuwait versklavt, Mädchen mit dubiosen Jobversprechen angelockt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. Juli 2015

Kamerun: In Kuwait versklavt - Mädchen mit dubiosen Jobversprechen angelockt

von Ngala Killian Chimtom



Bild: © Ngala Killian Chimtom/IPS

Viele junge Kamerunerinnen suchen im Ausland einen Job und machen Schreckliches durch
Bild: © Ngala Killian Chimtom/IPS

YAOUNDE (IPS) - In der Hoffnung auf eine bessere Zukunft verließ Susan, die eigentlich anders heißt, ihre Heimat Kamerun in Richtung Kuwait. Dort erlebte sie die Hölle auf Erden.

Dabei hatte alles gut angefangen. "Auf Plakaten in meiner Stadt las ich, dass Krankenschwestern und Hausmädchen in Kuwait gesucht würden. Diese Chance wollte ich mir nicht entgehen lassen", erzählt die 28-Jährige. Ein Monatseinkommen von umgerechnet etwa 420 US-Dollar im Monat erschien ihr verlockend. In ihrem Land würde sie für die gleiche Arbeit höchstens 75 Dollar nach Hause bringen. Man versprach ihr, dass sie sich vor Ort um nichts mehr kümmern müsste.

Über einen Mittelsmann erhielt Susan ein Flugticket und kam zusammen mit 46 anderen jungen Kamerunerinnen am 8. November 2013 in dem Emirat an, wo ihre Geschichte eine tragische Wende nahm. "Wir wurden wie eine Herde Vieh in einen kleinen Raum getrieben, in dem sich bereits andere Mädchen und Frauen aus Ghana, Nigeria und Tunesien aufhielten", sagt sie. "Dann kamen Männer und gaben Gebote ab. Wir wurden wie Ware verkauft."


Arbeiten bis zur totalen Erschöpfung

Susan wurde von einem Ägypter gekauft. "In seinem Haus habe ich eine Vorstellung davon bekommen, wie die Hölle aussehen könnte", berichtet sie. Um fünf Uhr früh begann sie zu arbeiten und konnte sich erst nach Mitternacht schlafen legen, oft ohne etwas gegessen zu haben. Der Mann habe sie häufig sexuell belästigt, berichtet sie. Auf ihre Ankündigung, ihn bei der Polizei anzuzeigen, drohte er ihr damit, Polizisten dafür zu bezahlen, dass sie sie vergewaltigen und töten würden.

Die Afrikanerin war vollständig von der Außenwelt abgeschnitten und konnte sich niemandem mitteilen. Am Ende gelang ihr die Flucht. Ihr Fall ist keine Ausnahme. Brenda, ebenfalls aus Kamerun, hat Ähnliches erlebt. Wie Susan konnte auch sie ihren Peinigern entfliehen. Eine ihrer Aufgaben war es, die Tiere ihrer Hausherrin, Katzen und Schlangen, zu versorgen. "Ich teilte meine Toilette mit den Katzen, die ich meine Geschwister nannte. Denn ich hatte sonst niemanden, mit dem ich hätte sprechen können."

Am Ende ihrer Kräfte angelangt, hatten beide Frauen ihren Arbeitgebern erklärt, dass sie gehen wollten. Als Brenda nicht lockerließ, wurde sie kurzerhand aus dem Haus geworfen. "In der Zeit ging es mir sehr schlecht, und ich wusste nicht, wohin ich mich wenden konnte." Nachdem sie zwei Tage umhergeirrt war, fand sie die Botschaft der Zentralafrikanischen Republik.

Zwei Nächte lang schlief sie vor dem Gebäude, bis sich jemand ihrer annahm. Zunächst kam Brenda aber vom Regen in die Traufe. "Ich wurde in den Kofferraum eines Autos gesperrt und dem Agenten übergeben, der mich vom Flughafen abgeholt hatte. Eine Woche verbrachte ich in einem Gefängnis für Einwanderer und dann weitere drei Tage in Abschiebehaft."

Ohne Gepäck flogen die beiden Frauen nach Kamerun zurück. Sie besaßen nur noch ihre Pässe und das, was sie am Leib trugen.


Hunderttausende als Sklaven gehalten

Das Ausmaß der Ausbeutung von Menschen im Mittleren Osten und in Nordafrika ist erschreckend. Aus dem von der Stiftung 'Walk Free' erstellten 'Globalen Sklaverei-Index' geht hervor, dass etwa 750.000 Personen in diesen Regionen wie Sklaven gehalten werden.

In den vergangenen sieben Jahren wurden Kuwait und Saudi-Arabien als so genannte 'Ebene-3'-Länder eingestuft. Dies bedeutet, dass die Regierungen die Mindestauflagen bei der Bekämpfung von Menschenhandel und Übergriffen am Arbeitsplatz nicht einhalten und keine signifikanten Bemühungen in diese Richtung erkennbar sind.

Nicht nur Afrikaner, sondern auch Inder, Nepalesen, Eritreer und Usbeken suchten häufig im Ausland Arbeit und ließen sich von Versprechen der Jobvermittler anlocken, heißt es in dem Report. "Sobald sie das Land betreten, stellen sie fest, dass sie getäuscht wurden. Im Rahmen einer legalen Arbeitsvermittlungsagentur werden sie als Sklaven ausgebeutet."

Susan und Brenda sind inzwischen wieder zu Hause, leiden aber immer noch unter den Folgen der schrecklichen Erlebnisse in Kuwait. Das Traumazentrum für Opfer von Menschenhandel in Kamerun versucht ihnen zu helfen.

"Sie wurden misshandelt und als Tiere bezeichnet. Man sagte ihnen, sie würden stinken", berichtet Beatrice Titanji, die Vizepräsidentin des Zentrums. "Immer wenn sie in ein Auto stiegen oder einen Raum betraten, wurde ein Spray gegen schlechte Gerüche versprüht. Ich weiß nicht, was ich machen würde, wenn man mein eigenes Kind so behandelt hätte."

Titanji forderte die Regierung auf, die Mittelsmänner zur Verantwortung zu ziehen, neue Jobs zu schaffen und Wächter an Flughäfen zu postieren, die junge Frauen von Reisen in den Mittleren Osten abhalten sollen. (Ende/IPS/ck/16.07.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/07/in-search-of-jobs-cameroonian-women-may-end-up-as-slaves-in-middle-east/

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IPS-Tagesdienst vom 16. Juli 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juli 2015

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