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INTERVIEW/139: Todesnacht in Stammheim - Eine Revolution läßt nichts aus (SB)


Interview mit Gottfried Ensslin am 18.10.2012 in Berlin

Eine Revolution muß den ganzen Menschen mitnehmen



Auf die Frage, was Bundesbürger und -bürgerinnen zwischen 18 und 59 Jahren mit dem Begriff RAF (Rote Armee Fraktion) im Jahre 2008 verbinden, antworteten laut einer repräsentativen Umfrage der Innofact AG 44 Prozent der 18- bis 35-Jährigen und 27 Prozent der 36- bis 59-Jährigen, die RAF gar nicht oder nur dem Namen nach zu kennen, 48,1 Prozent aller Befragten: "Terror", "Terrorismus" oder "Terrororganisation". Diese Begrifflichkeiten, die erstmals im Zusammenhang mit der Strafverfolgung der RAF implementiert wurden und zahlreiche Gesetzesbrüche und Sondergesetze rechtfertigen sollten, zeigen ihre erhoffte Wirkung und dienen seitdem weltweit nicht nur einer einfachen und vereinfachenden Schuldzuweisung, sie machen auch jede Auseinandersetzung um Gründe, Motive und gesellschaftliche Zusammenhänge scheinbar überflüssig.

Weltweit kämpften ab den 50er Jahren bewaffnete Gruppen in Befreiungsbewegungen für eine sozialistische Veränderung ihrer Gesellschaften. Land- und Stadtguerillagruppen entstanden auch in Europa aus der 68er Bewegung, in Deutschland u.a. die RAF und die Bewegung 2. Juni. Die Gewaltfrage, an der sich die Geister schieden und die die Linke spaltete, löste die Diskussionen um die Revolutionierung der Massen und des Subjekts und die Politisierung auch des Privaten ab.

Die Notwendigkeit der Abkehr und Distanzierung von einer Bewegung, die gegen Kolonialismus und Imperialismus, gegen staatliche Repression und Krieg, gegen die Militärdiktaturen in Griechenland, Portugal oder Chile und gegen den Krieg der Amerikaner in Vietnam ihrerseits Gewalt einzusetzen bereit war, scheint gerade bei den Zeitzeugen, die selber Teil des Widerstands waren und inzwischen eine bürgerliche Karriere pflegen, umso dringlicher. Das Leben heute läßt sich scheinbar nur rechtfertigen, wenn das frühere falsch war. Und so werden die selbst gezogenen Konsequenzen auf Menschen projiziert, deren Radikalität sich nicht mit einem Marsch durch die Institutionen befrieden ließ. Bestenfalls umgibt man sich mit dem Duft des Dabeigewesenseins, mit verrückten Geschichten aus einer durchgeknallten Zeit und den Lorbeeren einer gerade noch rechtzeitigen Erkenntnis, daß Gewalt bitteschön nur vom Staat ausgehen darf.

Als am 18. Oktober 1977 die Gefangenen der RAF Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in der JVA Stammheim zu Tode kamen und Irmgard Möller lebensgefährlich verletzt wurde, schien dies für viele der logische Endpunkt eines politischen Irrweges zu sein. Noch vor jeder Untersuchung der Ereignisse in dieser Nacht erfuhr die Öffentlichkeit, daß es sich dabei um Selbstmord bzw. versuchten Selbstmord gehandelt habe. Dabei sind auch nach Abschluß der damaligen Untersuchungen und bis heute die Todesumstände ungeklärt, die These vom Selbstmord genauso unbewiesen wie die vom Mord oder Selbstmord unter staatlicher Aufsicht.

Wie wenig verarbeitet und verdaut diese Jahrzehnte zwischen 1970 und 1998 (dem Jahr der selbst erklärten Auflösung der RAF) sind, die die deutsche Nachkriegsgeschichte zutiefst und nachhaltig geprägt haben, zeigt einmal mehr das starke Medienecho auf eine Initiative des Ensslin-Bruders Gottfried und Helge Lehmanns, die, 35 Jahre nach der "Todesnacht von Stammheim", am 18. Oktober 2012 einen Antrag auf Neuaufnahme des Todesfeststellungsverfahrens bei der Staatsanwaltschaft in Stuttgart eingereicht haben. Mehr als fünf Jahre hatte Helge Lehmann recherchiert und die Ergebnisse in einem Buch veröffentlicht. [1] Begründet wird der Antrag in 31 Punkten, die Zweifel daran aufkommen lassen, daß sich die 1978 abschließend festgestellte Selbstmordthese halten läßt. [2]

Der Schattenblick traf Gottfried Ensslin zu einem Gespräch anläßlich der Pressekonferenz zum Wiederaufnahmeantrag in Berlin.

Foto: © 2012 by Schattenblick

Gottfried Ensslin, Bruder und Zeitzeuge
Foto: © 2012 by Schattenblick

Schattenblick: Ihr Antrag auf Neuaufnahme des Todesermittlungsverfahrens zusammen mit Helge Lehmann ist eine private Initiative. Ist das Absicht und Kalkül, oder geschieht es in Ermangelung einer breiteren Initiative für einen solchen Schritt?

Gottfried Ensslin: Bereits vor fünf Jahren habe ich in einem Interview mit der "jungen Welt" die Forderung aufgestellt, es müsse alles auf den Tisch, was über die Todesnacht in Stammheim zurückgehalten wird. Mit der großen Ausnahme von Helge Lehmanns Buch "Die Todesnacht in Stammheim" ist aber nichts geschehen, außer im Kulturbereich. Ich bin der Kultur gegenüber natürlich sehr aufgeschlossen, aber in diesem Fall hat die Verve, mit der sich die Kunst auf das Thema stürzt, eher Entsorgungscharakter.

SB: Da wird ein kollektives Gedächtnis zementiert.

GE: Das sehe ich auch so.

SB: Allerdings könnte die doch sehr starke Medienresonanz auf Ihren Vorstoß auch Ausdruck einer Unruhe sein, die existiert, ein Gefühl, das hier dringend etwas aufgearbeitet werden muß?

GE: Helge Lehmann und ich haben den 35. Jahrestag der Todesnacht zum Anlass genommen, gemeinsam diesen Antrag zu stellen. Über die wahren Vorgänge in Stammheim liegt so viel im Dunkeln, daß es Zeit wird, sie endlich ans Licht zu bringen. Unser Antrag ist der Versuch, dass dies geschieht. Er wird hoffentlich bei vielen ein Erstaunen auslösen über das, was sie über Stammheim noch nicht erfahren haben.

SB: Der Antrag ist ja sehr umfangreich und dezidiert. Sie setzen, wie Sie in der Pressekonferenz begründet haben, zudem auf eine neue Generation von Staatsanwälten. Was würde passieren, wenn der Antrag abgelehnt würde, was Ihre Initiative in Richtung Aufklärung betrifft?

GE: Wir bringen unseren Antrag mit dem Einreichen bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart gleichzeitig in die Öffentlichkeit. Damit möchten wir zum Ausdruck bringen, dass unsere Initiative keine reine Privatangelegenheit ist. Die genauen Recherchen, die diesem Antrag zugrundeliegen, hat Helge Lehmann seit vielen Jahren betrieben und in seinem Buch zusammengefaßt. Auch meine Schwester Christiane Ensslin hat nach dem 18.10.1977 intensive Nachforschungen angestellt und mit anderen Angehörigen der Gefangenen Anträge an die Justiz gestellt. Ich selbst habe Gudrun im Gefängnis besucht und mich an Protestaktionen gegen die Haftbedingungen der RAF-Gefangenen beteiligt. Gudruns Weg bin ich aber damals nicht mitgegangen. Ich war in der Frühzeit der Schwulenbewegung aktiv und habe versucht, dort Radikalität einzubringen, war aber nicht allzu erfolgreich. Im Vergleich zur Schwulenbewegung von heute gab es aber damals in den 70er Jahren einen gesamtgesellschaftlichen Kritikansatz.

SB: Heißt das, dass mit einer Ablehnung des Antrags die Arbeit daran aufhören würde?

GE: Wir warten jetzt die Antwort der Staatsanwaltschaft ab und entscheiden dann, wie wir weiter vorgehen werden.

SB: Das Bild der RAF in der Öffentlichkeit ist geprägt von einer Fülle von Dokumentationen und Darstellungen, die alles andere als geeignet scheinen, der Wahrheit auf die Spur zu kommen, darunter der ARD-Zweiteiler von Stefan Aust zusammen mit Helmar Büchel aus dem Jahr 2007 oder der Film "Der Baader-Meinhof-Komplex" von 2008. Da wird Geschichte richtiggehend neu geschrieben, mit Bildern werden Zusammenhänge gestiftet, als wären es objektive Tatsachen und so wird ein scheinbares Geschichtswissen geschaffen. In diesem Sinne professionell gemacht, aber es stimmt eben so nicht, was gesagt wird.

GE: Ich habe das schon sehr früh kritisiert, weil Aust seine Darstellung hauptsächlich auf Aussagen von RAF-Aussteigern stützt, ohne allerdings diese Quellen offen anzugeben. Leider muß man selbstkritisch sagen, dass die Linke zu wenig dagegengesetzt hat. Eine große Ausnahme war Rechtsanwalt Karl-Heinz Weidenhammer, der in seinem Buch "Selbstmord oder Mord" die bis dahin bekannten Fakten sorgfältig zusammengetragen hat. Helge Lehmann, der durch einen Zufall auf ein Buch über Stammheim stieß, hat in jahrelangen Recherchen diese Arbeit wiederaufgenommen und auf den derzeit möglichen Erkenntnisstand gebracht.

SB: Wie haben Sie sich kennengelernt?

GE: Der Verlag hat mir sein Buch zugeschickt. Was mich bei der Lektüre sofort faszinierte, war, dass er keine wilden Vermutungen anstellte, sondern jede Einzelheit genau untersuchte, durch eigene Experimente überprüfte und dann sorgfältige Schlußfolgerungen zog. Meine Rezension hat er dann ins Internet gestellt. Wir haben uns daraufhin auch persönlich kennengelernt und überlegt, wie wir das Ergebnis seiner Recherchearbeit in eine gemeinsame Initiative umsetzen können. Ein besonderes Anliegen von mir ist auch die Forderung nach der Herausgabe der Abhörbänder, denn es ist für mich nicht vorstellbar, dass die Zellen der RAF-Gefangenen nicht abgehört wurden.

SB: Wie reagieren Sie auf die mediale Verarbeitung und das daraus resultierende Bild der RAF in der Öffentlichkeit, was macht das mit Ihnen als dem Bruder?

GE: Vor sieben Jahren haben meine Schwester Christiane und ich ein Buch herausgebracht mit Gudruns Briefen an uns aus dem Gefängnis. In der Folge hat dann auch mein Neffe ihren Briefwechsel mit Bernward Vesper veröffentlicht. [3] Wir wollten zurück zu den Primärquellen, wir wollten unsere Schwester selbst sprechen lassen, als Gegengewicht, um diese Festlegung auf ein bestimmtes Deutungsmuster zu durchbrechen. Wir sehen unsere Schwester falsch dargestellt und vor allem wehren wir uns dagegen, dass psychologisiert wird. Es fehlt der politische und zeitgeschichtliche Zusammenhang.

SB: Das ist es, was Sie anderen voraus haben, den persönlichen Bezug, die gemeinsame Geschichte, den Blick auf die Entwicklung Ihrer Schwester.

GE: Nach dem Kaufhausbrand wurde Gudrun 1969 bedingt aus der Haft entlassen. Mit Andreas Baader zusammen nahm sie an der Staffelberg-Kampagne teil, bei der Jugendliche protestierend ihre Erziehungsheime verließen und sich in Frankfurt in Wohngemeinschaften organisierten. Das war für meine Schwester keine Sozialarbeit, sondern eine gemeinsame politische Initiative.

SB: Ich kann mich an die damaligen Forderungen nach Abschaffung der geschlossenen Heimerziehung erinnern und an die teilweise sehr bedrückenden Bedingungen, unter denen Kinder und Jugendliche dort gelebt haben. Daher kamen die Ideen, sie da rauszuholen und gemeinsam eine Wohngemeinschaft zu gründen.

GE: Sie wollten das ernst nehmen und in die Praxis umsetzen, was '68 auf der Straße gerufen wurde: Wir wollen eine andere Gesellschaft! Weg mit dem Kapitalismus! Das galt im besonderen für die, die wie meine Schwester mit ihrer dreijährigen Strafe nicht unter die Amnestierung fiel, die für kleinere Demonstrationsvergehen ausgesprochen wurde. Hier in Europa herrschten in Spanien und Portugal Diktatoren, in Griechenland eine mörderische Obristenjunta. Ich studierte damals in Cambridge, protestierte mit anderen gegen eine Propagandaveranstaltung dieser Junta und wurde vor Gericht gestellt. Das interessierte Gudrun sehr und war der Grund für ihren Wunsch, dass ich sie besuchte. Es gab damals Befreiungskämpfe in der Dritten Welt und weltweit einen neuen revolutionären Ansatz, der den ganzen Menschen miteinbeziehen wollte.

Foto: © 2012 by Schattenblick

Foto: © 2012 by Schattenblick

SB: Ihre Eltern haben damals sehr entschieden Stellung bezogen. Gab es auch andere Väter und Mütter, die mit ihren Kindern nichts mehr zu tun haben wollten?

GE: Das war eigentlich selten so, aber viele Eltern standen erstmal vor großen Schwierigkeiten, mit der Situation fertigzuwerden, dass ihre Kinder in Haft waren. Viele hatten keine politische Erfahrung, haben sich aber im Protest gegen die unmenschlichen Haftbedingungen der RAF-Gefangenen politisiert. Meine Eltern waren fast gleich von Anfang an bei den Aktionen der Familienangehörigen dabei, es dauerte aber eine Zeit, bis Gudrun den Kontakt zu ihnen suchte. Meine Eltern kamen aus der Wandervogel-Bewegung, das war für sie eine wichtige Jugenderfahrung. In dieser Bewegung gab es viel Romantik, Idealismus, anti-bürgerliche Reflexe, aber auch Hierarchie- und Reinheitsdenken, das viele Mitglieder zu den Nazis führte. Mein Vater war aber von Anfang an gegen die Nazis eingestellt. 1937 hat er auf seiner Dorfkirchenkanzel in einer Predigt gesagt: "Christus ist größer als Hitler !" Dass so ein Satz damals gefährlich war, ist heute vielleicht schwer nachzuempfinden. Aber der Lehrer am Ort hat ihn daraufhin denunziert, und mein Vater wurde nach dem sog. Heimtückegesetz angeklagt, allerdings anlässlich der Annexion Österreich amnestiert. Irgendwann muß mein Vater dann, vielleicht mit meiner Mutter zusammen, die Entscheidung getroffen haben - da waren bereits mehrere Kinder da - , sich nicht aktiv dem Widerstand anzuschließen. Er war innerlich beteiligt, Martin Niemöller und Karl Barth waren für ihn richtungsweisend, aber nicht aktiv. Das war natürlich später in der Familie von großer Bedeutung. Er hat sich nach Kriegsbeginn freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet. Diese Entscheidung hatte große Nachwirkung auf ihn und spielte in seiner Beziehung zu Gudrun eine große Rolle.

Deswegen hat er sich von seiner Tochter auch nie abgewandt, obwohl er die Politik der RAF ablehnte. Er blieb auch nach Gudruns Tod sehr engagiert und aktiv, hat Unterstützer in Stuttgart um sich gesammelt, war Anlaufstelle für Initiativen. Meine Mutter beteiligte sich auch an den Aktivitäten, stand aber immer wieder im Konflikt zwischen Widerständigkeit und bürgerlichem Denken.

SB: Gerade in der medialen Übermittlung wird, was die Gefangenen in Stammheim betrifft, gern das Bild einer zunehmenden Trennung zwischen Andreas Baader und Ihrer Schwester auf der einen und Ulrike Meinhof auf der anderen Seite gezeichnet. Diente diese vorgebliche Abspaltung von Ulrike Meinhof vielleicht eher dem Zweck, ihr eine Ehrenrettung als Bürgerliche zuteil werden zu lassen?

GE: Diese Interpretation ist eine Spezialität der Hamburger Medienlandschaft, angeführt von "SPIEGEL" und Stefan Aust. Letzterer will seine frühere Kollegin von "Konkret" als Opfer ihrer Genossen darstellen, was nicht der Wirklichkeit entspricht. Wie ich es verstehe, ging es aus der Sicht meiner Schwester und der anderen darum, die RAF unter extremen Bedingungen zusammenzuhalten. Bei aller Schärfe der Auseinandersetzung und der Sprache war vorrangig, eine gemeinsame Strategie gegen die unerträglichen Haftbedingungen zu finden. Wenn man als Kollektiv weiter existieren und nicht auseinanderfallen wollte - und das war ja die Hoffnung der staatlichen Seite, dass das nach der Verhaftung geschehen würde -, war das nur möglich, wenn sich alle offen an der Debatte beteiligten. Das ist natürlich für Menschen mit bürgerlicher Sozialisation, die gerne private Rückzugsmöglichkeiten haben, die einen Schonraum für sich beanspruchen, der in einer solchen Situation nicht möglich war, befremdlich. Die Härte der Worte folgt aus der Härte der Umstände. Dabei ist das ein gutes Erbe der 68er-Bewegung, dass jeder im politischen Kampf sich selbst verändern muß.

SB: Man hat Ulrike Meinhof immer versucht so darzustellen, dass sie aus Versehen durch den Fenstersprung anläßlich der Befreiung von Andreas Baader in die Illegalität gesprungen ist.

GE: Das ist eines von vielen Klischees, die über die RAF in Umlauf sind. Ich habe Ulrike Meinhof nicht persönlich kennengelernt, aber ich sehe sie als eine Frau, die nicht nur Artikel schreiben, sondern an der radikalen Gesellschaftsveränderung praktisch mitarbeiten wollte. Auch das Stereotyp der verführten Pfarrerstochter Ensslin ist einfach unerträglich. In einer Zeit, in der die meisten 68er dabei waren, zu ihren Karrieren und Schreibtischen zurückzukehren, versuchte sie mit anderen zusammen, an der Idee der Revolution festzuhalten und sie in die Tat umzusetzen. Meine Schwester Christiane hat in einem Radiobeitrag einmal erwähnt, sie habe Gudrun direkt nach dem Kaufhausbrand besucht und Gudrun habe sie angestrahlt und gesagt: "Ich bin glücklich." Sie hatte einfach den Schritt in den Widerstand ohne Rückzugsmöglichkeit vollzogen.

SB: Wann haben Sie Ihre Schwester zum letzten Mal gesehen?

GE: Ich habe sie einmal in Stammheim besucht. Sie wollte keine Familienbesuche sentimentaler oder fürsorglicher Art. Sie wollte politische Gespräche, wollte wissen, was man macht, wo man steht. Jetzt, wo ich nach so vielen Jahren mit Helge Lehmann diesen Antrag auf Neuaufnahme des Todesermittlungsverfahrens stelle, kommt das alles wieder voll ins Bewußtsein zurück. Es wird Zeit, dass wir endlich Klarheit über das bekommen, was in der Todesnacht von Stammheim wirklich geschehen ist.

SB: Wir bedanken uns sehr für das offene Gespräch.



Anmerkungen

[1] Helge Lehmann, Olaf Zander: Todesnacht in Stammheim. Eine Untersuchung, Bonn 2011

[2] Bericht und Antrag im Wortlaut siehe unter
Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → REPORT
BERICHT/126: Todesnacht in Stammheim - Nachgeforscht (SB)
www.schattenblick.de/infopool/politik/report/prbe0126.html

[3] Gudrun Ensslin "Zieht den Trennungsstrich, jede Minute" Briefe an ihre Schwester Christiane und ihren Bruder Gottfried aus dem Gefängnis 1972-1973, Hrsg: Christiane und Gottfried Ensslin, Hamburg 2005
Gudrun Ensslin, Bernward Vesper, »Notstandsgesetze von Deiner Hand« Briefe 1968/1969, Hrsg: Caroline Harmsen, mit einer Nachbemerkung von Felix Ensslin, Frankfurt, M., 2009

Eingang zum Restaurant Vaporetto in Berlin - Foto: © 2012 by Schattenblick

Ein Ort für gute Gespräche
Foto: © 2012 by Schattenblick

25. Oktober 2012