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BERICHT/008: Interview mit dem 9/11-Skeptiker Richard Gage (SB)


Am 18. November trat Richard Gage von der Organisation Architects & Engineers for 9/11 Truth im Rahmen einer Vortragsreise durch Europa in Hamburg auf, um seine Thesen zur Sprengung der beiden New Yorker Zwillingstürme und des Gebäudes WTC-7 am 11. September 2001 vorzutragen. Nach der rund zweistündigen Powerpoint-Präsentation im Haus Rissen erhielt der Schattenblick Gelegenheit, mit dem Architekten über seine Kampagne, den US-Kongreß zur Einsetzung einer neuen Untersuchungskommission zum Thema 11. September zu bewegen, und seinen eigenen Werdegang zu sprechen. In diesem Rahmen stand auch der Organisator der Veranstaltung, Dr. Jens Wagner, für ein kurzes Gespräch zur Verfügung.

Stefan Kroll, Riocard Ó Tiarnaigh, Richard Gage, Lisa Langhill - © 2008 by Schattenblick
Stefan Kroll, Riocard Ó Tiarnaigh, Richard Gage, Lisa Langhill
© 2008 by Schattenblick


SB: Herr, Gage, wie läuft die Tournee?

RG: Ich habe sehr viel Spaß. Ich war noch nie zuvor in Europa, und jetzt habe ich Madrid, London, Paris, Genf, Brüssel and Wien gesehen.

SB: Wie kommt Ihre Präsentation an?

RG: Sehr gut. Die Besucherzahlen sind recht hoch. In Paris hatten wir über 200 Leute. Heute waren es 110. Davon glaubten zu Beginn elf Leute an die offizielle Geschichte und am Ende kein einziger. Wir hatten am Anfang auch 25 Personen, die unsicher waren, und zum Schluß waren es nur noch vier.

SB: Wenn man sich die Zahlen vor Augen führt, die vielen Leute, die die offizielle Theorie nicht glauben und das seit Jahren, dann stellt man fest, daß Sie viele Menschen erreichen und daß viele Leute wie Sie denken. Zum Beispiel hat eine Meinungsumfrage, die zum Zeitpunkt des republikanischen Parteitags in New York im September 2004, wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl, veröffentlicht wurde, ergeben, daß beinahe 50 Prozent der New Yorker glaubten, daß es eine Regierungsbeteiligung an den Anschlägen gab. Aber wird man jemals eine kritische Masse erreichen, die rechtliche und politische Folgen nach sich zieht?

RG: Ja, ich glaube wirklich, daß dies der Fall sein wird. Kritische Masse ist das richtige Wort. Ich meine, es braucht nicht viel, um die kritische Masse zu erreichen. Danach trägt sich die Sache von selbst. Und das wird 2009 passieren.

SB: Glauben Sie das wirklich?

RG: Ja.

SB: Aber glauben Sie nicht, daß konservative Demokraten wie Rahm Emanuel, den Barack Obama gerade zu seinem künftigen Stabschef im Weißen Haus ernannt hat, alles dransetzen werden, um ihre Bemühungen zu vereiteln? Sie selbst kommen aus San Francisco. Dort hatte Cindy Sheehan, die bekannte Irakkriegsgegnerin, bei den jüngsten Wahlen wenig Erfolg mit ihrem Versuch, den Sitz von Nancy Pelosi, Mehrheitsführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, zu erobern. Das ist doch ein gutes Beispiel dafür, womit man es hier zu tun hat, oder nicht?

RG: Das stimmt. Wir haben es mit etablierten und mächtigen politischen Kräften zu tun. Also haben wir keine andere Wahl, als weiterzumachen, bis wir uns durchgesetzt haben. Deshalb müssen wir jeden, den wir kennen, anwerben, um die Sache voranzutreiben.

SB: Bei Ihrer Präsentation heute abend haben Sie die Möglichkeit eines weiteren Anschlags erwähnt. Wäre es nicht ebenfalls möglich, daß Barack Obama die Politik Bushs konsolidiert, während er die schlimmsten Exzesse beseitigt, und sie einfach fortsetzt, als wäre nichts passiert?

RG: Ja, das ist eine berechtigte Sorge. Ich hoffe einfach, daß er aufwacht und den Willen des amerikanischen Volks ernst nimmt.

SB: Sie haben diesen Vortrag auch in den USA gehalten - rund 80 mal, wenn wir uns nicht irren. Reagiert man in Europa anders auf ihre Erkenntnisse? Hat das Publikum in den USA und Europa unterschiedliche Prioritäten? Sind die Europäer vielleicht weniger schockiert aufgrund dessen, daß es nicht ihre Regierungen sind, die möglicherweise darin verwickelt sein könnten?

RG: Interessanterweise scheinen die Europäer besser informiert zu sein als die Amerikaner. Nehmen Sie sich selbst. Sie wissen vieles, was nicht einmal ich weiß. Es ist fantastisch, Leuten zu begegnen, die sich für das Thema interessieren, und mit ihnen Ideen auszutauschen.

SB: Man hat den Eindruck, daß es einen Dissens zwischen Teilen der amerikanischen Linken und der 9/11 Truth Movement gibt. Liegt man mit diesem Eindruck richtig oder arbeiten sie doch zusammen? Betrachten Sie bei Ihrer Forderung nach einer erneuten Untersuchung des 11. September die Linke als Verbündete?

RG: Wir können weder auf die Linke noch auf die Rechte zählen. Gleichzeitig scheinen wir in den USA Leute von beiden Seiten gleichermaßen anzuziehen.

SB: Also stellen Sie keine besondere Neigung seitens der amerikanischen Linken fest, sich mit dem Thema des 11. September zu befassen?

RG: Tendenziell kommen mehr Leute aus dem linken Lager, aber wir erreichen auch viele Leuten unter den Rechten, denn sie halten sich für die wahren Patrioten. Viele Linke wollen vom 11. September nichts hören, denn sie halten uns für Verschwörungstheoretiker. Besuchen sie dennoch eine Präsentation und setzen sich anderthalb Stunden lang mit diesen Beweisen auseinander, denn haben wir die Gelegenheit, ihr Denken wirklich neu auszurichten. Meistens dauert es mindestens eine halbe Stunde, aber dann haben wir sie auch überzeugt. Ob es sich um Architekten oder Ingenieure aus dem rechten oder linken Lager handelt, spielt keine Rolle. Leute, wie diejenigen heute abend, die an die offizielle Geschichte glauben, wenn sie der Präsentation beiwohnen, tun dies am Ende nicht mehr. Das spricht dafür, wie überzeugend die Beweise sind.

SB: Normalerweise müßte man annehmen, daß jemand, der den Krieg im Irak ablehnt, auch daran interessiert ist, den irreführenden Charakter seiner Legitimation zu entlarven?

RG: Das stimmt, aber einige von ihnen scheinen die Bedeutung des 9/11 Truth Movements nicht zu begreifen.

SB: In Deutschland verhält es sich ähnlich. Hier gibt es Aktivisten selbst aus der linksradikalen Szene, die um eine gewisse Distanz zur 9/11-Bewegung bemüht sind. Es gibt eine Art Antagonismus zwischen den beiden Gruppen. Das hängt zwar mit dem Thema der Verschwörungstheorie zusammen, aber ist letztlich nicht ganz rational. Wenn man sich mit den Ereignissen beschäftigt, die offiziell zu Verschwörungstheorien erklärt wurden, läuft man leider Gefahr, des Antisemitismus bezichtigt zu werden, beziehungsweise sich den Vorwurf einzuhandeln, automatisch eine israelische Verwicklung zu vermuten.

RG: Deshalb brauchen wir die Architects & Engineers for 9/11 Truth, denn sie sind auf keinem Fall Antisemiten und es gibt mehr als 500 von ihnen. Praktisch jeder von ihnen, der das Beweismaterial anschaut, entscheidet sich, die Petition zu unterschreiben. Also wachsen wir ständig. Das bedeutet etwas.

SB: Im Internet wird Ihnen der Vorwurf gemacht, daß ein hoher Anteil der Architekten und Ingenieure, die die Petition ihrer Organisation unterzeichnet haben, persönliche Kollegen von Ihnen sind. Ist an diesem Vorwurf etwas dran?

RG: Nein, insgesamt kenne ich von mehr als 500 Personen lediglich 20 bis 30 persönlich.

SB: Wie würden Sie das Verhältnis zwischen den Architects and Engineers for 9/11 Truth und den Scholars for 9/11 Truth & Justice beschreiben? Uns ist aufgefallen, daß Sie, Steven Jones, Kevin Ryan und andere den jüngsten Brief an das National Institute of Standards and Technology (NIST) unterschrieben und um Klärung einer Reihe von Aspekten des Interimsberichts über die Ursachen des Zusammensturzes von WTC 7 gebeten haben.

RG: Wir haben gemeinsam einen Antrag auf Korrektur gestellt, auf einige Fehler im jüngsten NIST-Bericht hingewiesen und um Antwort gebeten - wozu die Behörde vom Gesetz her verpflichtet ist. Steven Jones und Kevin Ryan sind gute Freunde. Ich bin mit ihnen zusammen bei mehreren Veranstaltungen aufgetreten.

SB: Hatten sie jemals das Gefühl, daß Sie in den USA eine Minderheitenposition vertreten, oder treffen Sie auf viele ganz normale Bürger, die Ihnen in Sachen 11. September zustimmen, und stellen fest, daß die Mehrheit doch die offizielle Verschwörungstheorie in Zweifel zieht?

RG: Jeder muß auf seine eigene Art und Weise zu diesen Schlußfolgerungen gelangen. Ich war auch skeptisch, als ich das erste Mal davon hörte. Die Leute müssen die Beweise vor sich ausgebreitet sehen. Dann sind sie nicht mehr skeptisch und unterzeichnen die Petition.

SB: Nein, wir meinen skeptisch gegenüber der offiziellen Version der Ereignisse. Kann man die 9/11-Skeptiker als eine Art Volksbewegung begreifen oder stellen sie eine isolierte Minderheit in der Gesellschaft dar? Wenn man seine Skepsis hinsichtlich des 11. September in der Öffentlichkeit äußert, befindet man sich in der Mehrheit oder in der Minderheit?

RG: Ja, wir sind eine Minderheit, denn nur eine Minderheit weiß um diese Fakten.

SB: Aber haben die Leute nicht ein Gefühl im Bauch, daß die ganze Geschichte merkwürdig war?

RG: Auf einige trifft das zu, auf andere nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß man bei der Hälfte der Leute, mit denen man redet - sei es hier oder in den USA - die Antwort erhält: "Na, klar. Ich habe schon immer gedacht, daß daran etwas krumm war." Solche Leute sind aufgeschlossen. Die andere Hälfte sagt: "Scheren Sie sich mit Ihren Verschwörungstheorien zum Teufel!" Also erstrecken sich die Meinungen über die ganze politische Bandbreite und halten sich einigermaßen die Waage.

SB: Doch immerhin bewegt es die Leute. Sie sind nicht einfach gleichgültig.

RG: Das stimmt nicht. Einige Leute schaffen es, diesem Problem gegenüber gleichgültig zu bleiben. Ich habe für sie weniger Respekt als für die anderen.

SB: Gleichzeitig geben Sie selbst zu, erst im März 2006 die Möglichkeit einer Regierungsverwicklung in den 11. September in Betracht gezogen zu haben. Doch was ist mit all den Dingen, die dem vorausgingen, wie zum Beispiel Bushs Lügen im Vorfeld des Irakkriegs? Hat Sie das nicht stutzig gemacht?

RG: Nein. Als Republikaner unterstützte ich Außenminister Colin Powell völlig, als er im Februar 2003 dem UN-Sicherheitsrat seine Lügen - ich wußte damals nicht, daß es sich um Lügen handelte - auftischte. Dafür schäme ich mich bis heute.

SB: Was war der Auslöser dafür, daß Sie begonnen haben, an der offiziellen Version zu zweifeln?

RG: Dem lag keine politische Diskussion und kein persönlicher Kontakt zugrunde. Es war ein Interview im Radio mit dem Theologen David Ray Griffin, der über die technischen Beweise sprach, das meine Einstellung von grundauf umkrempelte. [1] Es geschah wie aus heiterem Himmel, als ich Guns & Butter, eine wöchentliche Sendung, die von einem Radiosender in Berkeley ausgestrahlt wird, anhörte. Im Interview sprach David Ray Griffin mit Bonnie Faulkner über die 118 New York Feuerwehrleute und Mitglieder der Rettungskräfte, die Explosionsgeräusche und Lichtblitze zu Beginn der Einstürze der Zwillingstürme mitbekommen hatten. Bis dahin hatte ich derartiges noch nie gehört. Alles, was ich erfahren hatte, war, daß es sich um eine fürchterliche Tragödie handelt und daß wir uns diese Islamisten vorknüpfen müssen. Also war ich schockiert, über die Stahlträger, von deren Enden teilweise geschmolzenes Metall tropfte und die auf jeweils zehn Meter Länge zugeschnitten waren, über den pulverisierten Beton, über die Tatsache, daß man am Schuttberg der Zwillingstürme keine Fußböden mehr fand, und vieles andere zu hören. Das waren alles beunruhigende Informationen für jemanden, der bis zu diesem Moment wie alle anderen geglaubt hatte, daß wir es hier mit einem Zusammensturz aus Gründen der Schwerkraft (gravitational collapse) zu tun haben.

Also begab ich mich am selben Abend nach Oakland, um dem Vortrag David Ray Griffins beizuwohnen, doch leider war er mit rund 600 Leuten ausverkauft. Ich kehrte nach Hause zurück und hörte mir die Live-Übertragung im Radio an. Ich glaubte, meinen Ohren nicht zu trauen. Mich drängte es, mehr darüber zu erfahren. Ich verbrachte die ganze Nacht mit Lesen und Recherchieren zu dem Thema. Da die Veranstaltung ausverkauft gewesen war, hatte ich ein paar Bücher und DVDs, die dort angeboten wurden, erworben. Bei meiner Suche nach mehr Informationen hörte ich von Steven Jones und besuchte seine Website. Einige Tage später lud ich mir seine Powerpoint-Präsentation herunter und begann damit, sie zu ergänzen. Später zeigte ich sie einigen Leuten auf der Arbeit, die mich zunächst, als ich damit begann, über den 11. September zu reden, für verrückt hielten. Daraufhin haben 14 von 15 Kollegen die Petition unterschrieben. Aus jener Petition entstand Architects & Engineers for 9/11 Truth. Bis heute haben mehr als 526 Personen die Petition unterschrieben.

SB: Als Sie die Gebäude und die Art, wie sie kollabierten, zum Zeitpunkt der Anschläge anschauten, stieg da nicht der Gedanke in Ihnen auf, daß die statischen Verhältnisse so etwas gar nicht zulassen dürften? Nehmen wir zum Beispiel den beschädigten, obersten Teil des Südturms, der seitlich überhing und der dann statt nach außen hin auf den Rest des Gebäudes fiel, und die Tatsache, daß die Gebäude praktisch mit der Geschwindigkeit des freien Falls herunterkamen - als Architekt müssen Sie sich doch gefragt haben: "Was ist mit der Statik?"

RG: Nein, das ist mir nicht in den Sinn gekommen. Daran habe ich nicht gedacht. Ich glaube, das zeigt, wo das Problem liegt. Wenn man als US-Bürger den Zusammensturz eines Gebäudes anschaut, der auf einen sehr schweren Terroranschlag auf amerikanischen Boden zurückgeht, steht man einfach unter Schock. Man befürchtet, daß es gleich zum Atomkrieg kommen könnte. Und das Ganze geschah in Wellen. Zuerst der Nordturm, dann der andere, dann der Angriff auf das Pentagon und zum Schluß der Absturz in Shanksville, Pennsylvania. Wir wußten nicht, ob und wann das Ganze ein Ende finden würde.

SB: Gefolgt von den Anthrax-Anschlägen einige Wochen später.

RG: Ja. Sie waren sehr beunruhigend. Sie sind es heute immer noch, denn es gibt Hinweise darauf, daß es sich bei den verwendeten Milzbrandsporen um eine hochwertige, waffenfähige Anthrax-Sorte handelte, die aus der US-Militäranlage Fort Detrick stammt. Ich meine, ein solcher Stoff wird doch nicht in einer Höhle in Afghanistan produziert.

SB: Es scheint, als wären Sie in persönlicher Mission unterwegs. Andere Leute sind auch skeptisch, ziehen daraus jedoch nicht die Konsequenz, eine Kampagne zu beginnen, um die Dinge zu ändern.

RG: Das scheint tatsächlich der Fall zu sein. Zweieinhalb Jahre nach der Gründung der Organisation bin ich der einzige, der im Namen von Architects & Engineers for 9/11 Truth auftritt. Das ist beunruhigend. Ich weiß auch nicht, warum nicht jeder, der diese Beweise zu sehen oder zu hören bekommt, wie ich handelt, seine Welt auf den Kopf stellt und alles unternimmt, um andere Leute darüber zu informieren. Es ist doch so, daß unser Land von einer Gruppe Halunken gekapert wurde, und niemand redet darüber. Das ist doch unfaßbar.

SB: Also sind Sie früher nicht politisch aktiv gewesen?

RG: Nein.

SB: Könnte man sagen, Ihre Motivation speist sich aus einem Gefühl der moralischen Verantwortung?

RG: Ich denke, man könnte es so nennen, gepaart mit einem Gefühl des absoluten Unglaubens. Was soll man sonst machen? Sein Leben fortsetzen und einfach so tun, als wäre alles normal und als würden diese Dinge nicht passieren? Das war es, was meine frühere Frau von mir erwartete. Das kann ich aber nicht machen. Es gibt keinen Preis, den zu bezahlen ich nicht bereit bin, um Leute auf diese Geschehnisse aufmerksam zu machen. Alle sollten so darauf reagieren, nicht nur ich. Ich bin in keiner Weise etwas Besonderes. Die Tatsache, daß alle nicht ähnlich darauf reagieren, verstehe ich nicht. Das verblüfft mich völlig, denn unser Land kommt uns abhanden. Wir haben es bereits verloren.

SB: In allen Ländern büßen Menschen als direkte Folge des 11. September und des Antiterrorkrieges ihre Bürgerrechte ein. Wie kam ein Republikaner dazu, sich Guns & Butter anzuhören?

RG: Nun, ich habe niemanden davon erzählt, aber gelegentlich hörte ich mir den "kommunistischen" Radiosender an, denn dort bekam ich Sachen zu hören, denen ich zustimmen konnte. Sie berichten dort zum Beispiel über die möglichen gesundheitlichen Schäden der Funkstrahlung von Mobiltelefonen oder des Fluors in der öffentlichen Wasserversorgung.

SB: Handelt es sich um einen Radiosender der Universität Berkeley?

RG: Die Universität hat nichts damit zu tun. Es handelt sich um einen privaten Radiosender, der von den Zuhörern auf der Basis von Jahresabonnements finanziert wird. Es gibt keinerlei Konzernsponsoren. Ich habe ihn mir früher angehört und gedacht, das ist doch alles linker Kuhmist. Doch seit dem 11. September bin ich selbst ein bißchen nach links abgedriftet. Der Name des Senders lautet KPFA. Guns & Butter ist eine Sendung, die mittwochs für eine Stunde ausgestrahlt wird. Jahrelang war KPFA der einzige Sender in der Bay Area, der einigermaßen kritisch über die Ereignisse des 11. September berichtete. Im Grunde genommen handelt es sich um einen Sender, der die Grenze des linken Diskurses markiert. Das ist seine Funktion. Alles wird streng kontrolliert. Sie sind der 9/11-Bewegung nicht besonders wohlwollend gegenüber eingestellt.

SB: Doch in dieser einen Sendung, Guns & Butter, sind sie es?

RG: Ja. Aber selbst das versuchen sie inzwischen zu ändern. Bonnie Faulkner muß derzeit kämpfen, damit ihre Sendung weiterhin ausgestrahlt wird.

SB: Ein anderes Beispiel desselben Phänomens liefert Noam Chomsky, einer der führenden linken Intellektuellen in den USA. Er weigert sich, die Möglichkeit einer Regierungsbeteiligung am 11. September anzuerkennen. Er tut sie als irrelevant ab. Was er damit meint, ist, daß der militärisch-industrielle Komplex ohnehin tut, was er will. Daher wäre es ineffizient, ihn deswegen zu bekämpfen oder gegen ihn vorzugehen.

RG: Was wäre denn effizient?

SB: Eine gute Frage.

RG: Ich halte es für den effizientesten Weg. Wir haben es hier mit der Achillesferse zu tun, die die Militaristen zu Fall bringen wird. Die US-Regierung macht viele Dinge, aber weil der größte Teil davon in Übersee geschieht, läßt das amerikanische Volk sie durchgehen. Der 11. September dagegen ist etwas anderes. Für viele Amerikaner ist es eine persönliche Angelegenheit. Sie könnten die Verwicklung der eigenen Regierung in eine solche Sache niemals gutheißen. Es gibt dafür keine Rechtfertigung. Deswegen können einige nicht einmal die Vermutung einer Verwicklung der Regierung in den 11. September ertragen.

SB: Könnten Sie sich die Möglichkeit vorstellen, daß die Verantwortlichen in Washington sich für den Fall des Nachweises einer Regierungsbeteiligung am 11. September und angesichts der derzeitigen Finanzkrise sowie der Probleme der Umweltzerstörung und des Ressourcenmangels mit der Erklärung rechtfertigen: "Nun, wir bereiteten uns auf solche Eventualitäten vor. Wir mußten das Land in den Kriegszustand versetzen. Es diente dem Allgemeinwohl."?

RG: Ich glaube nicht, daß das amerikanische Volk ihnen das abkaufen würde. Mir widerstrebt allein die Vorstellung, die US-Bürger wären so duckmäuserisch, daß sie so etwas akzeptieren. Mit so etwas ist bereits Hitler damals durchgekommen. Ich denke, ich habe diesen Punkt heute abend in meiner Präsentation deutlich gemacht: "Studieren Sie die Geschichte. Schauen Sie nach, was Diktatoren in der Vergangenheit gemacht haben." Manchmal müssen wir einen Strich ziehen und erklären: "Genug ist genug."

SB: Herr Gage, vielen Dank für das Gespräch.

***

Bei dieser Gelegenheit sprach der Schattenblick auch mit Dr. Jens Wagner von den International Physicians for the Prevention of Nuclear War (IPPNW), dem Hauptorganisator des Auftritts von Richard Gage in Hamburg.

Dr. Jens Wagner - © 2008 by Schattenblick
Dr. Jens Wagner
© 2008 by Schattenblick


SB: Dr. Wagner, woher kommt Ihr Interesse an Richard Gage und der 9/11 Truth Movement? Hängt es mit Ihrem Engagement bei den Internationalen Ärzten für die Verhütung des Atomkrieges zusammen?

JW: Nein, es geht auf mein Interesse an Dokumentarfilmen zurück. Bei der Suche nach interessanten Dokumentionen im Internet stieß ich auf viele 9/11-Filme über den Zusammensturz der Zwillingstürme und andere Rätsel um den 11. September. Das hat mich dazu veranlaßt, aktiv zu werden. Ich habe am ersten europäischen Kongreß des 9/11 Truth Movement 2007 in Brüssel teilgenommen. Dann habe ich geholfen, den deutschen Teil des europäischen 9/11-Kongresses 2008 zu organisieren, der im September stattfand.

Ich bin darin involviert, Dokumentationen oder unabhängige Filme für die Programmkinos in Hamburg vorzuschlagen. Es handelt sich um ein Hobby, das sich aus meinem Interesse an Filmen ergeben hat. Dabei geht es häufig um aktuelle Fragen wie genetisch veränderte Lebensmittel, den Krieg in Afghanistan oder Uranmunition. Solche Dinge. Früher war ich ein wenig in der Antiglobalisierungsbewegung aktiv. Das war meine einzige politische Betätigung vor der Teilnahme an der 9/11-Bewegung. Erst danach bin ich dem IPPNW beigetreten, denn der Verband hat sich sehr um das Thema Uranmunition bemüht und finanziert fast als einzige Organisation überhaupt Forschungen in diesem Bereich.

Darüber hinaus befaßt sich der IPPNW mit einem deutschen Atomunfall, von dem die wenigsten wissen. [2] Jeder kennt Tschernobyl, aber Deutschland, gerade hier in der Nähe von Hamburg, hatte sein eigenes Tschernobyl, um das man bis heute ein großes Geheimnis macht. Es geschah 1986 östlich von Hamburg, im selbem Jahr wie die Katastrophe von Tschernobyl. Es gab eine riesige Explosion, die darauf schließen läßt, daß dort heimlich Atomwaffen entwickelt wurden. Die ganze Sache wurde vertuscht. Es gab einen Umfall an einem sogenannten Kugelhaufen-Reaktor. Dabei handelt sich um einen Reaktortyp, bei dem Nuklearkügelchen eingesetzt werden. Bis heute wird die Sache vertuscht, obwohl man in der Nähe der Forschungsanlage am Elbeufer, wo das Unglück geschah, immer noch Spuren von künstlichen Isotopen finden kann.

SB: Nichtsdestotrotz, wie kamen sie mit Richard Gage zusammen?

JW: Nun, Richard ist eine der wichtigsten Figuren unter den Aktivisten der 9/11 Truth Movement - David Ray Griffin, Steven Jones, Kevin Ryan, Richard Gage und ein paar andere. Wir haben in Deutschland keine zentrale Figur, die Vorträge und Powerpoint-Präsentationen zu diesem Thema hält. Es war einfach, Kontakt mit Richard aufzunehmen. Ich hatte erfahren, daß er eine Europatournee organisierte. Auf seiner Liste standen bereits London und Madrid, aber keine deutsche Stadt. Ich schickte ihm eine E-Mail und erhielt darauf postwendend Antwort. Es stellte sich heraus, daß er einem Besuch in Hamburg aufgeschlossen gegenüberstand, daraufhin habe ich die Schritte eingeleitet, die zu der heutigen Veranstaltung geführt haben.

SB: Dr. Wagner, vielen Dank für die kurze Erläuterung.

(Beide Gespräche wurden von der Schattenblick-Redaktion aus dem Englischen ins Deutsche übertragen.)

Fußnoten:

1. David Ray Griffin ist Autor von "The New Pearl Harbor: Disturbing Questions about the Bush Administration and 9/11" (2004), "The 9/11 Commission Report: Omissions and Distortions" (2005), "Christian Faith and the Truth Behind 9/11: A Call to Reflection and Action" (2006), "Debunking 9/11 Debunking" (2007) and "9/11 Contradictions: An Open Letter to Congress and the Press" (2008) und hat zusammen mit Peter Dale Scott die Essaysammlung mit dem Titel "9/11 and the American Empire: Intellectuals Speak Out" (2006) herausgegeben.

2. Der von Jens Wagner erwähnte Atomunfall ereignete sich am 12. September 1986 auf dem Gelände des GKSS-Forschungszentrums Geesthacht.

26. November 2008