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USA/1332: Unterstützt John McCain den "islamischen Terrorismus"? (SB)


Unterstützt John McCain den "islamischen Terrorismus"?

Washingtons doppelzüngiges Spiel mit den Islamisten findet kein Ende



Kritik mußte sich John McCain nach seinem illegalen, offenbar mit dem Weißen Haus abgesprochenen Abstecher in das von den Aufständischen kontrollierte Gebiet im Norden Syriens nahe der türkischen Grenze am 27. Mai anhören. Dort hatte sich der 77jährige Vietnamkriegsveteran mit Rebellenkommandeuren der Freien Syrischen Armee (FSA) demonstrativ solidarisch gezeigt, von denen einige in Verbindung mit der salafistischen Al-Nusra-Front stehen, die seit Ende letzten Jahres als "Terrororganisation" auf der entsprechenden Liste des US-Außenministeriums geführt wird. Die kritischen Stimmen kamen nicht aus dem demokratischen Lager um Präsident Barack Obama, wo die "humanitären" Interventionisten den Ton angeben, sondern aus McCains eigener republikanischer Partei.

Rand Paul, der junge, erzkonservative Senator aus Kentucky, warf McCain Unglaubwürdigkeit vor und fragte, wie der Kollege aus Arizona garantieren wolle, daß die von ihm geforderte direkte Waffenhilfe der USA für die syrischen Rebellen nicht an die sunnitischen Fanatiker gelangt, wo er offensichtlich nicht einmal selbst in der Lage sei, die Distanz zu den "Extremisten" zu wahren. Eine Woche zuvor hatte Paul als einer der wenigen im US-Senat gegen einen von McCain initiierten Gesetzentwurf gestimmt, in dem Weißes Haus und Pentagon aufgefordert werden, den syrischen Rebellen große Mengen Munition und schwere Waffen zur Verfügung zu stellen. Zur Begründung seines Neins machte Paul, der als neuer Bannerträger der Isolationisten im Kongreß gilt, die große überparteiliche Mehrheit von Demokraten und Republikanern, die für die Initiative gestimmt hatten, auf die "Ironie" aufmerksam, daß sie sich zu den Finanziers "der Verbündeten von Al Kaida" gemacht hätten.

Der außenpolitische Analytiker Doug Bando verlangte in einem am 31. Mai auf der Website des fiskalkonservativen Washingtoner Cato Institute erschienenen Artikel strafrechtliche Konsequenzen für McCain wegen seines Ausflugs in den durch die Rebellen "befreiten" Teil Syriens. Sich mit Beteiligten an der Entführung schiitischer Pilger und anderen "islamischen Extremisten" von der Nordsturm-Brigade der FSA fotografieren zu lassen, erfülle den Tatbestand der "materiellen Unterstützung des Terrorismus" und müßte mit zehn Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden, so Bandow unter Verweis auf ein entsprechendes Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2010 gegen das Humanitarian Law Project. Man kann davon ausgehen, daß Bandows provokative Forderung beim Justizministerium in der US-Hauptstadt auf taube Ohren stoßen wird. Jahrelang sind namhafte Ex-Politiker beider großer US-Parteien gegen üppige Honorare bei Veranstaltungen der iranischen Volksmudschaheddin aufgetreten und mußten keine rechtlichen Konsequenzen befürchten, obwohl die MEK bis 2012 auf besagter "Terrorliste" des State Department stand.

Zu seiner Verteidigung hat McCain behauptet, er hätte nicht genau wissen können, wen im einzelnen er bei seiner Stippvisite im "befreiten" Syrien treffen würde. Das hört sich jedoch sehr stark nach einer Schutzbehauptung an. Wie Justin Raimondo am 28. Mai in einem Blogeintrag bei Antiwar.com betonte, erhielt McCain, als er sich in die syrisch-türkische Grenzregion begab, eine vieldeutige Twitterbotschaft von seinem republikanischen Kollegen Lindsey Graham. Der Senator aus South Carolina wünschte dem ehemaligen Präsidentschaftskandidaten der Grand Old Party "viel Glück" und witzelte, er ziehe in McCains Büro auf dem Kapitol ein, sollte es dieser von seinem Treffen mit den Gegnern des syrischen Präsidenten Baschar Al Assad "nicht zurückschaffen". Zusammen mit McCain führt Graham seit langem die interventionistische Fraktion bei den Republikanern im Kongreß an. Im Sommer 2011 besuchte das dynamische Duo die libyschen Rebellen in Benghazi, erklärte diese zu "Freiheitshelden" und sprach die Feinde Muammar Gaddhafis wider besseren Wissens von jeder Verbindung zu Al Kaida frei.

Dafür, daß McCain ganz genau wußte, mit wem er es in Syrien zu tun hatte, sprechen Informationen, die Flynt Leverett und Hillary Mann Leverett am 3. Juni auf der Website Information Clearinghouse präsentierten. Flynt Leverett, ein ehemaliger Mitarbeiter der CIA und des Außenministeriums, diente der US-Regierung während der ersten Amtszeit von Präsident George W. Bush als Nahostberater im Nationalen Sicherheitsrat. Seine Frau arbeitete von 2001 bis 2003 im selben Gremium als Iranexpertin und hat damals im Namen des Weißen Hauses mit Vertretern Teherans Verhandlungen zu Afghanistan, Al Kaida und Irak führen dürfen. Das Ehepaar Leverett setzt sich publizistisch seit Jahren für ein Ende der Konfrontation zwischen den USA und Iran und für eine friedliche Lösung des sogenannten "Atomstreits" ein.

In ihrem Artikel "John McCain and the Desperate Flailing of Syrian Oppositionists' External Supporters" berichteten die beiden erfahrenen Nahost-Kenner, daß nach dem Besuch in der Türkei das ranghöchste Mitglied des verteidigungspolitischen Ausschusses des Senats nach Jemen gefahren sei, und brachten über seine Aktivitäten dort folgende erstaunliche Zitate aus der in Sanaa auf Englisch erscheinenden Jemen Post:

Nach Angaben mehrerer im Jemen ansässiger Zeitungen ... gibt es Gerüchte, wonach US-Senator John McCain Präsident Abdo Rabbo Mansour Hadi explizit dazu gedrängt hat, den Transfer von Dschihadisten nach Syrien zu ermöglichen.
(...)
Eine Quelle sagte mehreren Zeitungen, "Beim Besuch von Senator McCain ging es darum, für die Dschihadisten-Gruppen, die gegen das Regime Baschar Al Assads kämpfen, die Werbetrommel zu rühren."
Bisher hat sich die Regierung geweigert, hierzu einen Kommentar abzugeben, was man nachvollziehen kann, schlägt sich doch das eigene Militär seit einiger Zeit mit islamischen Aktivisten in den südlichen Provinzen herum, während man sich gleichzeitig auf die Rückkehr einiger Terrorgefangener aus Guantánamo vorbereitet. Es fiel jemenitischen Regierungsvertretern nicht leicht, den Dschihad woanders zu rechtfertigen, den man im eigenen Hinterhof bekämpft.

Es fällt John McCain bestimmt auch nicht leicht, nur daß er in Sachen Doppelzüngigkeit scheinbar die größere Erfahrung hat. Hinzu kommt die wohlwollende Berichterstattung der großen Medien im Westen, die es seit den Tagen des von der CIA finanzierten Kampfes der afghanischen Mudschaheddin gegen die sowjetische Armee geflissentlich vermieden haben, den inhärenten Widerspruch in Washingtons Umgang mit dem "islamistischen Terrorismus" - bei sich und in befreundeten Staaten bekämpfen, dafür auf dem Territorium von Feinden und Rivalen unterstützen - zu analysieren und zu verurteilen.

5. Juni 2013