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NAHOST/1379: Jemens Huthis und Saudi-Arabien treten in Kontakt (SB)


Jemens Huthis und Saudi-Arabien treten in Kontakt

Über Krieg und Frieden im Jemen entscheiden Riad und Teheran


Im Jemen zeichnet sich die Möglichkeit einer Lösung der politischen Krise ab, die das ärmste Land in einen verheerenden Bürgerkrieg zu stürzen droht. Die Huthi-Aufständischen, die seit vergangenem September die Hauptstadt Sanaa kontrollieren, und die Regierung Saudi-Arabiens führen bereits inoffizielle Gespräche. Dies gab Rebellenchef Abdel Malek Al Huthi am 15. März gegenüber der staatlichen jemenitischen Nachrichtenagentur Saba bekannt. Damit scheint die Gefahr einer direkten Intervention der Saudis in den jemenitischen Konflikt vorerst gebannt. Ein großangelegtes Manöver der Huthis in ihrem an Saudi-Arabien angrenzenden Hauptsiedlungsgebiet, dem Gouvernment Sa'da im Nordjemen, und Truppenbewegungen der saudischen Streitkräfte auf der anderen Seite der Grenze hatten entsprechende Befürchtungen aufkommen lassen.

Hinter dem Vormarsch der Huthis vermuten die sunnitischen Saudis den schiitischen Iran. Als Reaktion auf den Einzug der Huthis in Sanaa hatte Riad seine umfangreiche Finanzhilfe für den jemenitischen Staat eingestellt. Tatsächlich sehen die Huthis, die der zaidistischen Auslegung des Schiitentums folgen, im Iran ihren wichtigsten ausländischen Verbündeten. Vor wenigen Tagen wurde erstmals eine reguläre Flugverbindung zwischen Sanaa und Teheran eingerichtet. Nach der Rückkehr aus der iranischen Hauptstadt meldeten die Vertreter einer Huthi-Delegation am 13. März, daß sich die Iraner dazu bereit erklärt hätten, als Ersatz für die ausgebliebene Hilfe aus Saudi-Arabien dem Jemen genügend Öl für ein Jahr zur Verfügung zu stellen und ein 165-Megawatt-Ölkraftwerk in der Nähe von Sanaa zu bauen. Des weiteren soll eine gemeinsame Expertengruppe den Bau weiterer Kraftwerke in Al-Hudaida und Mokka - beide Städte liegen am Roten Meer - und in Aden am Indischen Ozean erörtern. Der Ausbau der Hafenanlagen aller drei Städte sei auch Gegenstand der Gespräche in Teheran gewesen, so Huthi-Delegationsleiter Saleh Al Sammad gegenüber der Nachrichtenagentur Saba.

In Aden jedenfalls ist mit der baldigen Aufnahme von Bautätigkeiten durch iranische Konzerne nicht zu rechnen. Die Hafenmetropole im Süden ist seit dem Ausbruch von Präsident Abd Rabbuh Mansur Hadi aus dem Hausarrest in Sanaa Ende Februar zur Hauptstadt der Huthi-Gegner geworden. Deshalb haben Saudi-Arabien und die anderen Mitgliedsstaaten des Golf-Kooperationsrats - Bahrain, Katar, Kuwait, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate - vor einigen Tagen ihre Botschaften von Sanaa nach Aden verlegt. Hadi, der sich nach wie vor als Staatsoberhaupt betrachtet, wirft den Huthis vor, unter dem Vorwand des Kampfes gegen Korruption einen regelrechten Putsch durchgeführt zu haben.

In Aden haben die Huthi-Gegner am 14. März die sogenannte Nationale Rettungsallianz aus der Taufe gehoben. In der neuen Organisation kommen sunnitische Stammesvertreter, säkulare Demokratiebefürworter, die maßgeblich die Massenproteste angeschoben haben, die 2012 den langjährigen Autokraten Ali Abdullah Saleh zum Rücktritt veranlaßten, und südliche Separatisten zusammen. Gemeinsam wollen sie an jenem Dialog teilnehmen, mit dem derzeit der UN-Sondergesandte, der marokkanische Diplomat Dschamal Benomar, die verschiedenen ethnischen, religiösen und politischen Parteien des Jemens zur Lösung ihrer Differenzen bewegen will.

Auch wenn die Huthis zunächst Hadis Vorschlag zu einer Teilnahme an Friedensverhandlungen in Riad unter der Schirmherrschaft des Golf-Kooperationsrats ausgeschlagen haben, ist die Meldung, daß sie mit den Saudis bereits Gespräche führen, ein erstes Zeichen der Annäherung. Für eine Lösung der politischen Krise im Jemen ist ein Interessensausgleich der verschiedenen Gruppen im Lande, zu denen der mächtige Klan von Ex-Präsident Saleh, der als graue Eminenz hinter den Kulissen die Fäden zieht, gezählt werden muß, erforderlich. Berücksichtigt werden muß ebenfalls der außenpolitische Hintergrund. Nur wenn es zu einer Entspannung zwischen dem Iran und Saudi-Arabien kommt, dürfte deren Stellvertreterkonflikt im Jemen - ähnlich den blutigen Kriegen im Irak und in Syrien - an Virulenz verlieren.

16. März 2015


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