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NAHOST/1118: China und Rußland schützen Syrien vor UN-Sanktionen (SB)


China und Rußland schützen Syrien vor UN-Sanktionen

Washington über Verhalten Pekings und Moskaus mehr als erzürnt


Eingedenk dessen, wie die NATO-Mächte USA, Frankreich, Großbritannien und ihre Verbündeten ein im März erteiltes Mandat der Vereinten Nationen zur Durchsetzung einer Flugverbotszone über Libyen zwecks Schutzes der Zivilbevölkerung benutzt haben, um den bewaffneten Gegnern Muammar Gaddhafis mit Bomben und Raketen unter die Arme zu greifen und einen "Regimewechsel" in Tripolis herbeizuführen, haben am späten Abend des 4. Oktober China und Rußland im UN-Sicherheitsrat in New York ihr Veto gegen eine Resolution zur Verurteilung der Regierung in Damaskus wegen der in Syrien seit Monaten anhaltenden Unruhen eingelegt. In Washington ist man über die Blockadehaltung Moskaus und Pekings mehr als erzürnt, steht doch die Regierung Barack Obamas kurz davor, den Syrischen Nationalrat, den die Gegner Bashar Al Assads am 2. Oktober in Istanbul ins Leben gerufen haben, als legitime Regierung Syriens anzuerkennen.

In der Resolution, welche die UN-Botschafter der NATO-Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Portugal verfaßt hatten, wurden das Blutvergießen und die schweren Menschenrechtsverletzungen der vergangenen Monate in Syrien ausdrücklich und einseitig den staatlichen Behörden angelastet. Gefordert wurde zudem ein Ende der Gewaltanwendung und die freie Einreise von Journalisten und Menschenrechtsbeobachtern. Sollte dies nicht innerhalb von 30 Tage geschehen, hätten die Verhängung schwerer Wirtschaftssanktionen und ein Waffenembargo nach Artikel 41 der UN-Charta angestanden.

Zur Begründung des Vetos Rußlands hat dessen UN-Botschafter Vitali Churkin den westlichen Staaten Parteilichkeit in der Syrien-Politik vorgeworfen und sie offen bezichtigt, einen "Regimewechsel" in Damaskus herbeiführen zu wollen. Die chinesische Delegation wies die Resolution als inakzeptable Einmischung in die inneren Angelegenheiten Syriens zurück. Die Vertreter Chinas und Rußlands traten für einen verstärkten Dialog zwischen der Regierung in Damaskus und denjenigen Kräften in Syrien ein, die dort mit friedlichen Mitteln politische Reformen einfordern. Bekanntlich greifen gewaltbereite Mitglieder der sunnitischen Moslembruderschaft, die von ihren Gesinnungsgenossen im Libanon, in Jordanien und Saudi-Arabien finanziell, personell und rüstungstechnisch unterstützt werden, die staatlichen Sicherheitskräfte in Syrien an, um das Land zu destabilisieren und eine Intervention der NATO-Mitglieder Türkei, USA und befreundeter Staaten zu provozieren.

Susan Rice, die UN-Botschafterin der USA, die im Frühjahr zusammen mit Außenministerin Hillary Clinton und Samantha Power, der Menschenrechtsreferentin im Nationalen Sicherheitsrat, Präsident Barack Obama zum beherzten Handeln in der Libyen-Krise gedrängt haben soll, ließ ihren Unmut über das Stimmverhalten ihrer chinesischen und russischen Kollegen freien Lauf. Sie erklärte sich "empört" über das Scheitern der Resolution und warf den Chinesen und Rußland vor, ein "brutales Regime" in Schutz zu nehmen und das "Streben" des syrischen Volkes "nach Freiheit und Menschenrechten" mit Füßen getreten zu haben. Als Motiv für das Veto nannte sie den angeblichen Wunsch Chinas und Rußlands, Syrien als Waffenkunden zu behalten.

Laut Rice sei die Zeit längst gekommen, um "schwere gezielte Sanktionen" gegen die Regierung in Damaskus zu verhängen. Sie tat die Bemühungen Assads um Dialog mit der Opposition als ungenügend und nicht ehrlich ab. In ihrer laut der New York Times "bisher kämpferischsten Rede" im Sicherheitsrat ließ Rice das Argument, die USA und ihre Verbündeten wollten in Syrien ähnlich verfahren wie in den vergangenen Monaten in Libyen, nicht gelten. Sie behauptete, das Eintreten für die Menschenrechte sei keine alleinige "Sache des Westens" und fügte ferner hinzu, es gäbe "Länder in der ganzen Region", für die "die Brutalität des Assad-Regimes ... völlig inakzeptabel sei."

Die Tatsache, daß sich die UN-Botschafter Brasiliens, Indiens, des Libanon und Südafrikas der Stimme enthielten, straft die Behauptung Rices Lüge. Obamas Fintenweib am East River war ohnehin weniger an diplomatischen Diskussionen als an Stimmungsmache und einer guten PR-Show interessiert. Demonstrativ führte sie die US-Delegation aus dem Sitzungssaal, als nach der Abstimmung das Wort an den syrischen UN-Botschafter Bashar Jaafari ging. Damit haben Rice und Konsorten es vermieden, sich dem Vorwurf Jaafaris, die USA und ihr Alliierter Israel würden humanitäre Sorgen als Vorwand mißbrauchen, um die eigene Hegemonie im Nahen Osten auszubauen, stellen zu müssen.

5. Oktober 2011