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MILITÄR/796: Hackerangriff auf Drohnen der US-Luftwaffe im Irak (SB)


Hackerangriff auf Drohnen der US-Luftwaffe im Irak

US-Drohnentechnologie weist Lücken auf - Iran unter Verdacht


Als neue Wunderwaffe der US-Streitkräfte gelten die unbemannten Drohnenflugzeuge, die das Pentagon und die CIA im Irak, in Afghanistan und in Pakistan einsetzen, um feindliche Aktivitäten per Kamera aufzuspüren und im Ernstfall irgendwelche Gegner mit Raketen zu eliminieren. Wie Jane Mayer Ende Oktober in der Zeitschrift New Yorker enthüllte, haben Spezialstreitkräfte und Auslandsgeheimdienst der USA seit dem Amtsantritt des Demokraten Barack Obama per Drohne mehr Raketenangriffe auf Ziele im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan, wo Taliban und Al Kaida angeblich Unterschlupf finden, durchgeführt als in der ganzen achtjährigen Amtszeit des Republikaners George W. Bush. Während sich die Amerikaner rühmen, auf diese Weise zahlreiche "bad guys" ins Jenseits befördert zu haben, empören sich die Pakistaner über das selbstherrliche, völkerrechtlich illegale Gebaren ihrer sogenannten Verbündeten und die vielen zivilen Opfer solcher Attacken.

In diesem Jahr wird die US-Luftwaffe erstmals in ihrer Geschichte mehr Drohnen-Operateure als Piloten für die bemannten Flugzeuge ausbilden. Aus dem US-Wehretat für 2010, der am 16. Dezember vom Repräsentantenhaus mit großer Mehrheit verabschiedet wurde und der 636 Milliarden Dollar beträgt - darunter 128 Milliarden zur Deckung der laufenden Kriegskosten im Irak und Afghanistan - sollen zahlreiche neue Drohnen vom Typ Predator und Reaper angeschafft werden. Letzterer kostet pro Stück zwischen 10 und 12 Millionen Dollar, ist fast so groß wie ein F-16 und kann viel mehr Raketen befördern als der kleinere Predator. Wie die Nachrichtenagentur am 16. Dezember unter Verweis auf Generalleutnant David Deptula, den Stellvertretenden Stabschef der Abteilung Nachrichtenwesen, Überwachung und Aufklärung bei der US-Luftwaffe, berichtete, sollen die Reaper-Drohnen demnächst mit neuen Sensoren namens Gorgon-Blick ausgestattet werden, die ein Gebiet von zweieinhalb Quatratmeilen erfassen und zehn Bildsignale an zehn verschiedene Adressaten am Boden gleichzeitig schicken können.

Gleich am nächsten Tag bekam der ganze Jubel um Amerikas rasch expandierende Drohnenflotte einen mächtigen Dämpfer, als das Wall Street Journal auf seiner Titelseite unter der Überschrift "Insurgents Hack U.S. Drones" berichtete, irakische Aufständische hätten sich mittels eines 26 Dollar teuren, russischen Computerprogramms namens SkyGrabber in das Funksystem der Amerikaner eingehackt und die Bilder der fliegenden Augen des Pentagons und der CIA heruntergeladen. Nach Angaben der Verfasser des Artikels - die WSJ-Reporter Siobhan Gorman, Yochi J. Dreazen und August Cole -, die sich auf nicht namentlich genannte, ranghohe Militärs und Geheimdienstler bezogen, hätten Amerikas Gegner im Irak den unverschlüsselten Datenstrom zwischen Drohne und Bodenstation abgefangen und sich dadurch Erkenntnisse über die Intentionen der US-Streitkräfte verschafft.

Im WSJ-Bericht, der weltweit für Schlagzeilen sorgte, hieß es, das US-Militär habe im Sommer auf im Irak sichergestellten Laptops schiitischer Milizionäre Dateien mit stunden- bzw. tagelangen Drohnenaufnahmen entdeckt. Darüber hinaus soll es Hinweise geben, daß auch in Afghanistan die Aufständischen die Drohnenaufnahmen der Amerikaner angezapft haben. Während nun das Pentagon dabei ist, das Problem zu beheben - an einer Verschlüsselung des von der Drohnen an die Bodenstation übermittelten Datenstroms wird fieberhaft gearbeitet - versucht man gleichzeitig Nutzen aus der peinlichen Entwicklung zu ziehen. Über das Wall Street Journal setzten die Informanten von Gorman, Dreazen und Cole den Verdacht in die Welt, hinter dem Hackerangriff schiitischer Aufständischer im Irak stecke der Iran, mit dem Washington ohnehin im Clinch liegt und bezüglich dessen die Israelis und ihre neokonservativen Streitgefährten in den USA seit langem ein energischeres Vorgehen verlangen.

19. Dezember 2009