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LATEINAMERIKA/2258: Argentinien bricht diplomatische Kontakte zu Honduras ab (SB)


Regime in Tegucigalpa hält sich stur an das Drehbuch des Putsches


Die Machthaber in Honduras halten sich stur an das Drehbuch des Putsches modernen Zuschnitts, der den Sturz einer gewählten Präsidentschaft und Regierung nicht per Militärdiktatur und offensichtlicher Intervention ausländischer Mächte herbeiführt, sondern als Volkes Wille inszeniert, der sich angeblich nach der Rückkehr zu Demokratie und Freiheit sehnt, die man für gefährdet oder eingeschränkt erklärt. Um diese Strategie durchzutragen, bedarf es wie im Fall des Regimes von Tegucigalpa klammheimlicher Rückendeckung seitens der Hegemonialmacht USA, weitgehender Kontrolle der Medien im Land, einer gestaffelten Repression gegen den Widerstand sowie einer Verzögerungstaktik, die ständig zwischen Verhandlungsbereitschaft und Ablehnung laviert.

Wie die nach dem Umsturz eingesetzte Interimsregierung unter Führung Roberto Michelettis längst unterstrichen hat, will sie bis zur Präsidentschaftswahl am 29. November ausharren, bei der Manuel Zelaya verfassungsgemäß kein zweites Mal kandidieren darf, dessen Amtszeit am 27. Januar 2010 endet. Auf diese Weise wollen die Putschisten den allzu reformfreudigen Staatschef dauerhaft neutralisieren und mit ihm die Bewegung zu Grabe tragen, die in ihren radikalsten Forderungen inzwischen weit über Zelayas Positionen hinausgeht. Vor allem müssen die Umstürzler verhindern, daß es zu einem Zusammenschluß zwischen Zelaya und der Widerstandsbewegung kommt, aus der ein Druck erwachsen könnte, dem sie nicht standhalten.

Charakteristisch für den gezielt eingesetzten Schlingerkurs der Putschisten sind die täglich wechselnden Stellungnahmen zum Besuch einer Gesandtschaft der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), mit dessen Generalsekretär José Miguel Insulza das Regime über Kreuz liegt. Zuerst hatte die international nicht anerkannte Interimsregierung Insulzas Teilnahme abgelehnt, dann unter der Voraussetzung akzeptiert, daß er nur als Beobachter mitkommen dürfe. Jetzt hat Roberto Micheletti erneut jeden offiziellen Besuch des Generalsekretärs abgelehnt: "Wir wollen nicht, daß er kommt. Er ist für uns nicht willkommen in diesem Land, es sei denn, er kommt als Tourist und gibt Dollars aus." Unterdessen traf Insulza jedoch in Washington mit Vertretern der Interimsregierung zusammen und sprach anschließend von einer "sehr konstruktiven Unterredung". [1]

Nach einem Besuch Zelayas in Santiago de Chile hat Präsidentin Michelle Bachelet dem gestürzten honduranischen Staatschef Unterstützung zugesichert und erklärt, ihr Land werde sich weiter für eine baldige Wiedereinsetzung Zelayas starkmachen. Dieser hat unterdessen seine Reise fortgesetzt und bei einem Aufenthalt in Brasilien erneut verstärkten wirtschaftlichen Druck der USA auf die Interimsregierung in Honduras gefordert. Mit konkreten Schritten bezieht die Regierung Argentiniens Position, die alle direkten diplomatischen Kontakte zu dem mittelamerikanischen Land unterbrochen hat. Wie das Außenministerium in Buenos Aires mitteilte, solle die honduranische Botschafterin, Carmen Eleonora Ortez Williams, wegen ihrer Unterstützung des Sturzes von Präsident Manuel Zelaya ihre Tätigkeit in Argentinien einstellen. Die Kontakte würden fortan über die honduranische Botschaft in den USA laufen. [2]

Nach den Sternmärschen auf die beiden größten Städte des Landes, Tegucigalpa und San Pedro Sulo, haben die Anhänger Manuel Zelayas ihre Protestaktionen fortgesetzt. In der Hauptstadt zogen Tausende Demonstranten vor die Polizeizentrale und verlangten Auskunft über den Verbleib von 27 Menschen, die am Vortag verhaftet worden waren. Bislang ist das Kalkül der Putschisten, die Widerstandsbewegung durch eine Mischung aus Repression und Hinhaltetaktik einzuschüchtern und totlaufen zu lassen, nicht aufgegangen. Berichte aus Honduras deuten darauf hin, daß die aktive Anhängerschaft Zelayas sehr viel breiter ist, als die regimehörigen Medien glauben machen wollen, und sich in der Konfrontation mit dem gewalttätigen Vorgehen der Sicherheitskräfte radikalisiert hat.

Anmerkungen:

[1] Erneut gewaltsame Zusammenstöße in Honduras. Proteste der Anhänger des gestürzten Präsidenten werden immer heftiger (14.08.09)
NZZ Online

[2] Anhaltende Proteste in Honduras Hauptstadt. Argentinien unterbricht diplomatischen Kontakt (14.08.09)
NZZ Online

15. August 2009