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ASIEN/723: CIA tötet 44 Menschen bei Drohnenangriff in Pakistan (SB)


CIA tötet 44 Menschen bei Drohnenangriff in Pakistan

"Antiterrorkrieg" bringt immer mehr Pakistaner gegen die USA auf


Seit Jahren warnen Experten, daß die per Drohne durchgeführten Raketenangriffe der CIA auf mutmaßliche Talibanziele in Pakistan das Nachbarland Afghanistans destabilisieren und die Menschen dort in die Arme der Islamisten treiben. Die spektakulären Morde am Gouverneur der Provinz Punjab Salman Taseer im Januar und an Shahbaz Bhatti, dem einzigen christlichen Minister der Bundesregierung in Islamabad, Anfang März, nur weil sie sich für Opfer des pakistanischen Blasphemiegesetzes eingesetzt hatten, das schwere Strafen bei beleidigenden Äußerungen über den Islamgründer Mohammed vorsieht und häufig mißbraucht wird, um Menschen mutwillig anzuschwärzen, sind Belege für den vergeblich beklagten, zunehmenden Radikalisierungsprozeß.

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht in ihrem Interesse liegen dürfte, tun die Amerikaner offenbar alles, damit sich die Islamisten in Pakistan als die wahren Patrioten des einzigen muslimischen Landes mit Atomwaffen verkaufen können. Unter Präsident Barack Obama hat sich die Zahl der CIA-Drohnenangriffe auf Ziele im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan verdreifacht. 2011 kamen 938 Menschen bei 132 solcher Angriffe ums Leben. Seit die Regierung George W. Bush 2004 erstmals zu der völkerrechtlich illegalen Maßnahme gegriffen hat, sind infolge derer rund 2000 Pakistaner getötet worden. Während Washington behauptet, die meisten Opfer wären Mitglieder entweder der afghanischen Taliban oder ihres pakistanischen Pendants, sehen das die Behörden Pakistans und Menschenrechtsgruppen anders. Nach deren Zählung überwiegt bei den Getöteten der Prozentsatz an Zivilisten den an Militanten bei weitem.

Am 17. März ist es in dem pakistanischen Grenzbezirk Nordwasiristan, das als Rückzugsgebiet der afghanischen Taliban und Hochburg ihrer pakistanischen Sympathisanten gilt, zu einem der schwersten Drohnenangriffe überhaupt gekommen. Die CIA feuerte zwei Hellfire-Raketen auf ein Haus und brachte 44 Teilnehmer eines Treffens von Dorfältesten ums Leben. Der Angriff fand nicht einmal 24 Stunden, nachdem der CIA-Agent Raymond Davis, der am 27. Januar zwei Pakistaner auf offener Straße in Lahore erschossen und deshalb dort unter Anklage gestanden hatte, unter merkwürdigen Umständen freigelassen und von den US-Behörden rasch außer Landes geschaffen worden war, statt. In Pakistan war deshalb die Empörung über den jüngsten, verheerenden Vorfall in Nordwasiristan groß. Die News International (Jang), eine der meistgelesenen Zeitungen des Landes, brachte mit folgender Überschrift die Gefühle der Pakistaner auf den Punkt: "Drones celebrate Raymond release by killing 41", zu deutsch "Drohnen zelebrieren Freilassung Raymonds durch die Tötung von 41 Menschen".

Der Raketenangriff hat mit Sicherheit das Ansehen der pakistanischen Politiker bei der eigenen Bevölkerung weiter geschmälert, stehen doch Präsident Asif Ali Zardari und Premierminister Jousaf Gilani von der Pakistan People's Party (PPP) und Shahbaz Sharif, Premierminister der Provinz Punjab, dessen Partei, die Pakistanische Moslemliga - Nawaz (PML-N), die wichtigste Oppositionspartei auf Bundesebene ist, im Verdacht, dem Druck der USA nachgegeben und Raymond Davis zur Flucht vor der pakistanischen Justiz verholfen zu haben. Doch auch das pakistanische Militär, allen voran Generalstabschef Ashfaq Kayani, der Ende Februar bei einem Sondertreffen in Oman mit dem US-Generalstabschef Admiral Michael Mullen die Modalitäten der Erledigung der Davis-Affäre ausgehandelt haben soll, dürfte sich durch den jüngsten massiven Drohnenangriff bloßgestellt gefühlt haben. Entsprechend heftig fiel die öffentliche Reaktion Kayanis aus: "Es ist höchst bedauerlich, daß ein Treffen friedlicher Bürger, darunter Älteste der Region, leichtsinnig, herzlos und mit einem vollkommenen Mangel an Respekt für Menschenleben angegriffen wurde. Solche Gewalttaten stellen einen krassen Verstoß gegen die Menschenrechte dar und bringen uns von unserem Ziel der Beseitigung des Terrorismus ab."

In Vergleich zu Kayani glauben immer mehr seiner Landsleute, daß nicht die "Beseitigung des Terrorismus", sondern das Schüren desselben das eigentliche Ziel der Amerikaner ist, um Pakistan zu destabilisieren. Auch wenn eine solche Entwicklung nicht das Ziel Washingtons sein sollte, tragen die Drohnenangriffe der CIA einschließlich des jüngsten in Nordwasiristan dennoch dazu bei.

19. März 2011