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AFRIKA/2151: China eröffnet Marinebasis in Dschibuti (SB)


Chinas Handelsimperialismus militärisch begleitet


China hat am 1. August in Dschibuti seine erste Marinebasis außerhalb des eigenen Territoriums eingeweiht. Damit folgt es den USA, Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Japan und demnächst vermutlich auch Saudi-Arabien, die dauerhaft Stützpunkte in dem kleinen ostafrikanischen Land unterhalten. Dschibuti liegt an einem der bedeutendsten Seehandelswege der Welt. Die Straße von Mandeb setzt die Route Mittelmeer-Suezkanal-Rotes Meer via Golf von Aden in den Indischen Ozean fort. Hierüber wird sehr viel Rohöl aus dem Mittleren Osten und andere Ware vom afrikanischen Kontinent nach Übersee oder auch von Asien nach Europa verschifft. China und andere militärisch in dieser Region involvierte Länder haben ein reges Interesse daran, daß der Warenverkehr reibungslos läuft und ihnen keine zu Piraten gewandelte somalische Fischer die Geschäfte vermiesen.

So ist es kein Zufall, daß die genannten Länder seit vielen Jahren von dschibutischen Militäreinrichtungen wie Camp Lemonnier aus eine vom Weltsicherheitsrat abgesegnete Anti-Piraten-Aktion am weiter südlich gelegenen Horn von Afrika betreiben. Ursprünglich und vordergründig geht es dabei um die Bereitstellung sicheren Geleits für Schiffe des Welternährungsprogramms, die Hungerhilfe geladen haben. Hintergründig geht es um die Wahrung des eigenen Einflusses am Horn von Afrika und darüber hinaus um das Recht, weltweit Anti-Piratenaktionen durchführen und internationale Seewege freihalten zu dürfen. Diese militärische Funktion auch der Bundeswehr beim Namen zu nennen hat seinerzeit Bundespräsident Horst Köhler seinen Job gekostet. Heute würde er damit bei der Öffentlichkeit nur noch müdes Gähnen ernten.

Chinas feierliche Eröffnung seines Marinehafens in Dschibuti wurde symbolträchtig auf den 90. Jahrestag der Gründung seiner Volksbefreiungsarmee verlegt. China habe die Basis als "defensiv von Natur aus" bezeichnet und erklärt, daß sie Unterstützung für Begleitschiffe, UN-Friedensmissionen und Piratenbekämpfung bieten sowie im Notfall zur Evakuierung von chinesischen Landsleuten dienen soll, meldete AFP. China hat zwar sein Handelsvolumen mit Afrika von 10 Mrd. Dollar im Jahre 2000 auf 220 Mrd. Dollar im Jahre 2014 um mehr als das 20fache ausgebaut, ist dabei aber zunehmend in einen fundamentalen Konflikt mit der EU und den USA geraten.

Diese sind militärisch in Afrika viel mehr präsent und auch bereit, militärische Gewalt einzusetzen, um ihre Hegemonialinteressen durchzusetzen. Zum Beispiel vor sechs Jahren in Libyen. Unter dem fadenscheinigen Vorwand, Staatsführer Muamar Gaddafi lasse seine eigene Bevölkerung bombardieren, was verhindert werden müsse, und die dringende Bitte der Afrikanischen Union grob mißachtend, man möge der Diplomatie den Vorrang geben, attackierten französische Kampfjets das Land. Schon bald beteiligten sich auch andere europäische Länder und die USA an den Luftangriffen. Mehr als 35.000 Personen chinesischer Nationalität saßen seitdem in Libyen fest. China war auf eine so umfangreiche Evakuierungsmission nicht vorbereitet.

Investitionsverluste im Wert von zig Milliarden Dollar mußte China hinnehmen, nachdem die staatlichen Strukturen Libyens von den westlichen Alliierten zerstört worden waren. Auch konnte Peking seine Pläne nicht umsetzen, Erdöl aus Libyen zu beziehen. Dieser Vorfall war Wasser auf die Mühlen jener Kräfte innerhalb der chinesischen Gesellschaft, die sich eine offensivere außenpolitische Rolle des Landes wünschten. China hatte dem Vorstoß der Alliierten nichts entgegenzusetzen und kam auch bei der anschließenden Beuteverteilung nicht zum Zuge. In Libyen wurde der chinesische Handelsimperialismus, wie er sich in der auch Afrika einbeziehenden Seidenstraßeninitiative zeigt, vom militärischen Imperialismus des Westens ausmanövriert.

Die USA verfügen in Afrika nur über eine feste Militärbasis, die ebenfalls in Dschibuti angesiedelt ist, aber sie haben über den ganzen Kontinent verteilt Dutzende zeitweilige Militärlager aufgebaut. Sicherlich kann China seiner Konkurrenz mit einer einzigen Marinebasis kein Paroli bieten. Dennoch steht der 1. August 2017 für einen Wandel in der chinesischen Außenpolitik. Die Führung in Peking wagt den Schritt und läßt seinen überaus erfolgreichen handelspolitischen Eroberungszug in Afrika von einer stärkeren militärischen Komponente begleiten. Abgesehen von 750 UN-Soldaten in Südsudan hat das Reich der Mitte inzwischen mehr als 2000 Soldaten in Afrika stationiert, unter anderem im international heiß umkämpften Mali sowie beim traditionellen US-Verbündeten Liberia.

Das mit Abstand wichtigste Werkzeug Chinas zur Wahrung seiner hegemonialen Interessen bleibt indessen der Handel. Allein in Dschibuti, das mit 23.200 km² etwa der Fläche Mecklenburg-Vorpommerns entspricht, haben chinesische Banken vierzehn vergleichbare Projekte wie die Marinebasis finanziert. Das gesamte Investitionsvolumen beträgt 14,4 Mrd. Dollar. Das nur 800.000 Einwohner zählende Land in Ostafrika hat sich zum Dreh- und Angelpunkt geopolitischer Ambitionen miteinander konkurrierender Staaten entwickelt und kann davon partiell profitieren. Dennoch lebt ein großer Teil der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze; die Hälfte der Einwohner von Dschibuti-Stadt haust in Slums. Die Stützpunkte der verschiedenen Nationen bleiben Fremdkörper und erfüllen nicht die Erwartung, für die Entwicklung des Landes förderlich zu sein.

4. August 2017


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